Ermäßigte Besteuerung von Abfindungen
Niedersächsisches FG, Urteile vom 15. Februar 2024
Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat kürzlich in mehreren Verfahren zur steuerlichen Behandlung einer ersten Abfindung entschieden, bei denen Arbeitnehmer ein Rückkehrrecht zu ihrem früheren Arbeitgeber hatten. Die Urteile klären, inwieweit diese Abfindungen nach §§ 24, 34 EStG ermäßigt besteuert werden können. Hierbei standen zwei zentrale Aspekte im Fokus: die Bedeutung des Rückkehrrechts und die Beendigung des Einkünfteerzielungstatbestandes.
Hintergrund der Verfahren
Die betroffenen Arbeitnehmer waren über viele Jahre in der Produktionssparte eines inländischen Konzerns beschäftigt. Ihre Abteilung wurde zunächst im Rahmen eines ersten Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB auf eine neue Konzerngesellschaft übertragen. Im zweiten Schritt folgte ein weiterer Betriebsübergang auf eine Tochtergesellschaft einer ausländischen Holding des inländischen Konzerns.
Nach einer Umfirmierung wurde die Tochtergesellschaft im Rahmen eines Share Deals an eine konzernfremde, ausländische Gesellschaft veräußert.
Rückkehrrecht oder Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung
Vor dem ersten Betriebsübergang wurde eine Vereinbarung getroffen, wonach die Beschäftigten der Produktionssparte weiterhin so behandelt werden sollten, als wären sie noch bei der ursprünglichen Konzerngesellschaft angestellt. Eine spätere Vereinbarung sicherte den Mitarbeitern bei betriebsbedingter Kündigung entweder ein Rückkehrrecht zur deutschen Konzerngesellschaft oder eine Abfindung zu.
Finanzamt gewährte keine Steuerermäßigung
Nach dem Share Deal kam es zu einer Vielzahl von Kündigungen, und die betroffenen Arbeitnehmer erhielten Abfindungen von der nun konzernfremden Gesellschaft. Aufgrund des vereinbarten Rückkehrrechts kehrte ein Teil der Arbeitnehmer dauerhaft zur deutschen Konzerngesellschaft zurück, während ein anderer Teil nur kurzzeitig angestellt war und anschließend eine weitere Abfindung erhielt.
Das Finanzamt behandelte die erste Abfindung in allen Fällen nach dem regulären tariflichen Einkommensteuersatz und lehnte eine ermäßigte Besteuerung ab.
Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts
Das Niedersächsische FG entschied, dass die erste Abfindung nicht ermäßigt nach §§ 24, 34 EStG besteuert werden kann. Dies gelte sowohl für Arbeitnehmer, die langfristig in der deutschen Konzerngesellschaft verblieben, als auch für diejenigen, die eine zweite Abfindung erhielten.
Begründung des Gerichts
- Beendigung des Einkünfteerzielungstatbestandes: In den strittigen Fällen fehlte die Beendigung des Einkünfteerzielungstatbestandes, was der Annahme außerordentlicher Einkünfte entgegensteht. Somit können die Abfindungen nicht ermäßigt besteuert werden.
- Langfristige Rückkehr: Arbeitnehmer, die dauerhaft zur deutschen Konzerngesellschaft zurückkehrten, konnten keine ermäßigte Besteuerung der ersten Abfindung beanspruchen.
- Zweite Abfindung: Auch in den Fällen, in denen eine zweite, unstreitig ermäßigt zu besteuernde Abfindung gezahlt wurde, blieb die erste Abfindung regulär besteuert.
Bedeutung für die Praxis
Die Urteile zeigen, dass ein eingeräumtes Rückkehrrecht zu einem früheren Arbeitgeber die ermäßigte Besteuerung von Abfindungen verhindern kann. Eine erste Abfindung kann nicht als außerordentliches Einkommen betrachtet werden, wenn der Einkünfteerzielungstatbestand nicht endgültig beendet wird.
Weiterführende Informationen
Niedersächsisches FG, Urteile vom 15. Februar 2024:
- 2 K 52/23, 2 K 72/23 (Az. beim BFH IX B 34/24, IX B 37/24)
- 2 K 55/23, 2 K 71/23 (Az. beim BFH IX B 36/24, IX B 38/24)
Weitere Informationen und ausführliche Urteilsbegründungen finden Sie in den Urteilsdatenbanken der Finanzgerichte oder auf der Website des Bundesfinanzhofs.
09.08.2024 - Daniel Eilenbrock
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