BKW: Hoch profitabler Schweizer Strommarktführer
Trotz Corona-Krise sehr gutes 1. Halbjahr
Gemessen an den klaren Corona-Belastungen ihres Kerngeschäfts der Stromproduktion und des -absatzes hat der bereits 1898 gegründete, führende Schweizer Stromversorger BKW AG (CH0130293662) am gestrigen 01.09. ein äußerst erfreuliches Ergebnis zum 1. Halbjahr 2020 vorgelegt, welches auf sämtlichen Zahlenebenen die Analystenschätzungen deutlich übertraf.
Die Konzernleitung nahm die sehr positive Ergebnisvorlage daraufhin zum Anlass, ihre operative Gewinnschätzung (EBIT) für das Gesamtjahr 2020 ebenfalls anzuheben.
Folgerichtig reagierte die Aktie gestern und heute bislang mit einem insgesamt 8 %igen Kurssprung auf diese sehr erfreulichen Unternehmensverlautbarungen und markiert damit aktuell ein neues Rekordhoch sowohl auf CHF- wie nun auch auf EURO-Währungsbasis.
Wir werden die Ergebnisvorlage und Perspektiven des Unternehmens und seiner sehr wachstumsstetigen Aktie, die Bestandteil unseres Strategiedepots VERMÖGENSSTREUUNG ist, nachstehend nun näher analysieren.
Chart: BKW AG gegen MSCI WORLD – Index (jeweils in Euro)
Ergebnis 1. Halbjahr 2020 und Ausblick
Trotz klarer Corona-Belastung ihres Kerngeschäfts der Stromproduktion und des -absatzes, und zusätzlich geprägt durch die Abschaltung des Groß-Kernkraftwerks Mühleberg zum Ende letzten Jahres (= 25 % der Stromproduktion von BKW bzw. 5 % der gesamtschweizerischen Stromerzeugung), gelang dem Konzern im 1. Halbjahr 2020 gegenüber dem Vorjahr ein hervorragender Umsatzsprung um + 12 % auf 1,53 Mrd. CHF. Hiermit wurde auch die Analystenkonsensschätzung von nur 1,44 Mrd. CHF klar übertroffen.
Basis dieses stattlichen Umsatzzuwachses war trotz - 7 %iger Umsatzeinbuße ihres Kernbereichs der Stromerzeugung (Konzernumsatzanteil Ende 2019 jedoch nur noch 46 %), dass die seit Jahren sehr zügig arrondierend und ertragsstabilisierend ausgebauten Aktivitäten der Gebäudearchitektur-, Infrastruktur- und Ingenieursdienstleistungen (Sparte „Dienstleistungen“; Umsatzanteil Ende 2019: 36 %) sowie des eigenständigen Versorgungsnetzbetriebs (Sparte „Netze“; Umsatzanteile Ende 2019: 18%) den Umsatzdruck der Stromerzeugung im abgelaufenen Halbjahr weit überkompensieren konnten.
So stieg allein in der Sparte „Dienstleistungen“ der Umsatz im 1. Halbjahr gegenüber dem Vorjahr gewaltig um + 43 %, wozu nicht nur zurückliegende Neuakquisitionen aus 2019 (im 1. Halbjahr hier keine weiteren Übernahmen mehr) wie der Swisspro-Gruppe (Gebäudeautomation) und LTB Leitungsbau GmbH (Infrastrukturdienstleistungen) beitrugen, sondern auch eine hervorragende Auftragsbestandsauslastung mit diversen Großprojekten. So erfolgt unter Bauleitung der Subdivision BKW Engineering im September 2020 die Fertigstellung das ultramodernen Düsseldorfer Geschäfts- und Bürogebäudekomplexes „Kö-Bogen II“ und auch ein neues Forschungslabor der LONZA AG als Teil eines Biotechnologie-Parks mit Aktivitäten in der Corona-Impfstoffforschung wurde im 1. Halbjahr komplett mit Elektroinstallationen der Subdivision BKW Building Solutions ausgestattet. Darüber hinaus zog die weitere Subdivision BKW Infra Services weitere als „signifikant“ bezeichnete Großaufträge für den zwingend notwendigen Ausbau der Nord-Süd-Übertragungsnetzachsen im Zuge der Energiewende in Deutschland an Land.
Und auch der Umsatz des klassischen Netzbetriebsgeschäfts von BKW in der Schweiz, konnte im 1. Halbjahr 2020 zumindest moderat um + 2 % gegenüber dem Vorjahr ausgebaut werden. Hierbei wirkte auch die zunehmende Digitalisierung des Netzbetriebs von BKW förderlich, was gleichfalls mit einer erstmals seit Jahren erfolgten Durchsetzung einer Strompreiserhöhung in der Schweiz wie auch einem sehr erfreulichen Stromhandelsgeschäft mit gewerblichen Drittkunden verbunden war.
Der operative EBIT-Gewinnanstieg bei BKW betrug im 1. Halbjahr gegenüber dem Vorjahr lediglich + 5 % auf 219 Mio. CHF, jedoch wurde auch hiermit die Analystenkonsensschätzung von rd. 180 Mio. CHF klar geschlagen.
Der unterproportionale EBIT-Gewinnanstieg gegenüber der Umsatzausweitung war nach Konzernangaben, bedingt durch die dynamischen Akquisitionstätigkeiten des Jahres 2019 ausschließlich auf erhöhte Personal-, Verwaltungs- und Integrationsaufwendungen für die neu erworbenen Unternehmensteile zurückzuführen.
Wie ausgeprägt die operative Solidität von BKW jedoch grundsätzlich auch weiterhin ist, wird dadurch untrüglich manifestiert, dass vor o.g. Aufwendungen der sog. operative Cash Flow des Konzerns im 1. Halbjahr gegenüber dem Vorjahr, auch dank zügiger weiterer Margensteigerungen, um nicht weniger als + 97 % (!) auf ein neues Rekordniveau von 260 Mio. CHF explodierte.
Der Netto-Konzerngewinn blieb im 1. Halbjahr mit 112 Mio. CHF schließlich um - 44 % hinter dem Vorjahresniveau zurück (Analystenkonsens hier jedoch ebenfalls nur rd. 80 Mio. CHF). Dies war jedoch ausschließlich mit Finanzmarkt-abhängigen, extremen Ertragsrückgängen des sog. „Stilllegungs- und Entsorgungsfonds“ verbunden, in dem gesetzgeberisch vorgeschrieben die grundsätzliche Rücklagenbildung aller Stromversorger für etwaige künftige Betriebsabschaltungen oder auch ökologieverträgliche Strom-/ Strahlungsmüllentsorgungen zu erfolgen hat. Ohne diese außerordentliche Ertragsbelastung ihrer Einzahlungsanteile in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds hätte BKW einen Reingewinnzuwachs um nicht weniger als + 22 % gegenüber dem Vorjahr erzielt.
Die Konzernleitung nimmt das unerwartet starke Ergebnis des 1. Halbjahres 2020 sowie die Erwartung weiterer Ertragswachstumsanstiege gerade im zuletzt Corona-Lockdown-belasteten Stromabsatz- und teilweise auch Baudienstleistungsgeschäft zum Anlass, ihre operative EBIT-Gewinnprognose für das Gesamtjahr 2020 von bisher 380 - 400 Mio. CHF nun neu auf eine Spanne von voraussichtlich 400 - 420 Mio. CHF anzuheben.
Aktienbewertung und Anlageurteil
Dank ihrer glänzenden und konsequent immer weiter arrondierten Kerntätigkeit der Stromerzeugung um Aktivitäten im Bereich von Bau-, Infrastruktur- und Ingenieursdienstleistungen sowie auch den Eigenbetrieb zunehmend digitalisierter Versorgungsnetze gelang es BKW im 1. Halbjahr, deutliche Umsatz-, operative Cash Flow- und Gewinnzuwächse zu erzielen, die weit über die Analystenschätzungen hinausgingen. Die Konzernanhebung der EBIT-Prognose für 2020 ist daher nur folgerichtig, aber aus unserer Sicht relativ zu den weiteren Geschäftsaussichten natürlich viel zu konservativ bemessen, da diese im 2. Halbjahr sogar weiterhin einen moderaten EBIT-Rückgang gegenüber dem 1. Halbjahr (219 Mio. CHF) implizieren würde. Ein derartiges Szenario stufen wir für das 2. Halbjahr jedoch als äußerst unwahrscheinlich, wenn nicht gar nahezu ausgeschlossen ein.
Perspektivisch von weiterer hoher Bedeutung wird sein, was die Konzernstrategie eines möglichst vielfältigen Leistungsangebots noch zusätzlich unterstreicht, dass die BKW AG mit nun erstmals erfolgter Teil-Marktöffnung des schweizerischen Gas-Versorgungsmarkts nach eigenem Bekunden künftig auch sehr aktiv in dieses Metier einsteigen will (ggfs. sogar unter Bau eines ersten eigenen Gaskraftwerks) und zunächst großen Gewerbekunden sehr leistungsstarke wie auch preislich wettbewerbsfähige Kombipaket-Angebote einer simultanen Storm- wie auch Gasversorgung unterbreiten will.
Auch dies begrüßen wir natürlich sehr, und würde aus unserer Sicht eine strategisch ideale und sicher auch lukrative künftige Erweiterung des Dienstleistungsangebots von BKW darstellen.
In ihrer operativ immer breiteren Aufstellung attestieren wir der BKW AG daher künftig weitere Ertragszuwächse, die sowohl in ihrer Stabilität wie auch Dynamik in den nächsten Jahren deutlich über das Gros anderer konventioneller europäischer Versorger-Konkurrenten hinausgehen dürften.
Mit einer derzeitigen KGV-Bewertung (2020e - 2022e) von nur 22 / 28 / 15 auf Basis des aktuell gültigen Analystenkonsenses stufen wir die Aktie weiterhin als klar unterbewertet sowie selbst auch für konservative Anleger in jedem Fall als weiter kaufenswert ein. Die Bestandsposition im Strategiedepot VERMÖGENSSTREUUNG behalten wir selbstverständlich bei.
02.09.2020 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de
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