Wirksame Bekanntgabe eines Steuerbescheids trotz widerrufener Vollmacht
BFH-Urteil vom 08.02.2024
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat am 8. Februar 2024 ein wichtiges Urteil (Az. VI R 25/21) gefällt, dass die Bekanntgabe von Steuerbescheiden trotz widerrufener Vollmacht betrifft. In diesem Fall ging es um die Frage, ob eine Einspruchsentscheidung an eine Steuerberatungsgesellschaft auch dann wirksam ist, wenn die Vollmacht widerrufen wurde, ohne dass das Finanzamt davon rechtzeitig Kenntnis erlangte.
Der Fall
Eine Steuerzahlerin und ihr Ehemann betrieben eine Pensionspferdehaltung, die das Finanzamt als Liebhaberei einstufte und entsprechende Steueränderungsbescheide erließ. Diese wurden an die bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft gesendet, die fristgerecht Einspruch einlegte, aber die Begründung nicht nachreichte. Das Finanzamt erließ daraufhin eine Einspruchsentscheidung am 30. September 2020 und sandte diese an die Bevollmächtigte. Zwei Tage später widerrief die Steuerberatungsgesellschaft ihre Vollmacht, woraufhin das Finanzamt am 8. Oktober 2020 eine gesonderte Ausfertigung an die Steuerzahlerin sendete.
Im November 2020 informierte eine neue Bevollmächtigte das Finanzamt, woraufhin am 4. Dezember 2020 Kopien der Unterlagen übermittelt wurden. Die Klage der Steuerzahlerin wurde am 4. Januar 2021 eingereicht, was das Finanzgericht als verspätet und damit unzulässig ansah.
Entscheidungsgründe des BFH
Der BFH bestätigte das Urteil des Finanzgerichts. Wesentliche Gründe waren:
1. Ermessensausübung des Finanzamts: Das Finanzamt durfte die Einspruchsentscheidung an die ursprüngliche Bevollmächtigte senden, da es zum Zeitpunkt der Absendung noch von einer bestehenden Vollmacht ausgehen durfte. Der Widerruf der Vollmacht wurde erst nach der Bekanntgabe wirksam.
2. Bekanntgabevermutung: Die Einspruchsentscheidung gilt gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben, unabhängig davon, dass der Widerruf der Vollmacht später erfolgte.
3. Keine neue Bekanntgabefrist: Weder die spätere Übersendung der Entscheidung an die Steuerzahlerin noch die Übermittlung von Kopien an die neue Bevollmächtigte setzte eine neue Klagefrist in Gang. Die wirksame Bekanntgabe erfolgte bereits am 5. Oktober 2020.
4. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand: Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 Abs. 1 FGO wurde abgelehnt, da die Klägerin keinen entsprechenden Antrag innerhalb der gesetzlichen Frist stellte und kein fehlendes Verschulden glaubhaft machte.
Fazit
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung der rechtzeitigen Kommunikation über den Widerruf von Vollmachten und die Verantwortung der Finanzbehörden bei der Zustellung von Verwaltungsakten. Steuerzahler und ihre Berater sollten sicherstellen, dass Vollmachtsverhältnisse klar geregelt und Änderungen rechtzeitig bekannt gegeben werden, um rechtliche Nachteile zu vermeiden.
Urteil in voller Länge: https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202410079/
09.07.2024 - Daniel Eilenbrock
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