Target 2 Saldo legt im März 2020 stark zu
Target 2 Forderungen Deutschlands steigen um 113,6 Mrd. Euro
In den letzten Monaten war es ruhig um die Diskussion über den Target-2-Saldo der Bundesbank geworden. Mit den neuen dürfte sich das aber wieder ändern.
Denn im März 2020 ist dieser Saldo Deutschlands um enorme 113,6 Mrd. Euro angestiegen und beträgt nun wieder 935,1 Mrd. Euro. Und so bewegt sich dieser ,,Glaubens-Indikator‘‘ wieder schnurstracks in Richtung Billionengrenze.
Target 2 ist ein Zahlungsverkehrssystem, mit dem nationale und grenzüberschreitende Zahlungen in Zentralbankgeld schnell durchgeführt werden. Den Geldtransaktionen können ganz unterschiedliche Geschäfte zugrunde liegen. Hierzu gehören etwa die Zahlung einer Warenlieferung, der Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers, die Gewährung oder Rückzahlung eines fälligen Darlehens oder die Geldanlage bei einer Bank.
Auch Transaktionen im Rahmen von Offenmarktgeschäften des Eurosystems werden über das Target-2-System abgewickelt. Fließen beispielsweise einer über die Bundesbank an Target 2 teilnehmenden Bank Gelder aus dem Ausland zu, führt dies bei der Bundesbank zu Verbindlichkeiten gegenüber dieser Bank. Im Gegenzug entsteht eine Forderung der Bundesbank in gleicher Höhe gegenüber der sendenden nationalen Zentralbank. Diese wiederum belastet das Konto der sendenden Geschäftsbank.
Die bei den nationalen Zentralbanken entstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten aus einer über den Tag anfallenden Vielzahl solcher Transaktionen gleichen sich normalerweise nicht vollständig aus. Am Ende des Geschäftstages verbleibende Forderungen und Verbindlichkeiten aller an Target 2 teilnehmenden nationalen Zentralbanken werden gemäß einem Abkommen im Eurosystem an die Europäische Zentralbank (EZB) übertragen und dort saldiert. Die so entstehenden Target 2-(Netto)-Salden sind demnach das Ergebnis der grenzüberschreitenden Verteilung von Zentralbankgeld innerhalb der dezentralen Struktur des Eurosystems.
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Deutschland mit Abstand größter Gläubiger des Target-2-Systems
Mit den im März durch die EZB ausgeweiteten Anleihekäufe ist der Saldo nun wieder auf den höchsten Stand seit Juni 2019 gestiegen, als er 942,3 Mrd. Euro betragen hatte. Im Februar 2020 lag der Wert noch bei 821,6 Mrd. Euro. Deutschland ist dabei der größte Gläubiger.
Der Hinweis der Deutschen Bundesbank, dass diese Salden durch Kalendereffekte zum Quartalsende getrieben sei und sich wieder normalisiere, darf man gespannt verfolgen. Denn der Saldo ist seit Jahren hoch und gleicht sich eben nicht automatisch wieder aus.
Hauptpunkt für die ökonomische und politische Relevanz des Target-2-Saldos ist aber, dass er nur unter der Annahme problemlos ist, dass die Währungsunion nicht auseinanderfällt. Denn dann würde sich die Frage stellen, wie das verlassende Land seine Target-2-Salden aus dem Euroraum begleichen kann und will.
Die EZB kaufte im März 2020 nun im Rahmen des seit 2015 laufenden Kaufprogramms Anleihen der Eurostaaten im Umfang von 33,75 Mrd. Euro. Davon machten italienische Anleihen etwa 35 % aus. Das ist viel mehr als es die EZB-Regeln eigentlich vorsehen.
Fazit
Die Corona-Pandemie zeigt sich deutlich in den Target-2-Salden der Deutschen Bundesbank bei der Europäischen Zentralbank. Die Durchbrechung von selbstgesetzten Regeln und eine faktisch kaum vorhandene politische Diskussion darüber dürfte das generalisierte Vertrauen der Deutschen in die EZB nicht stärken. Es war das Verdienst des ehemaligen Bundesbankpräsidenten Schlesinger und des früheren Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn, die Bedeutung des Target-2-Saldos aus der Innenarchitektur des Euroraums in die Öffentlichkeit gebracht zu haben. Die Widerstände dagegen sind nicht vergessen. Nicht zuletzt deshalb sollte man diesen eher technischen Sammelindikator, der vom Glauben an die Ewigkeit des Euro lebt, im Auge behalten.
08.04.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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