Edelmetall-Handel im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts- und Zinsskepsis immer nervöser
Rallye-Motor der Edelmetalle aktuell zunehmend am Stottern
Am gestrigen Tag verlief der Handel an den Edelmetallmärkten erneut hoch volatil. Verantwortlich hierfür waren erneut vor allem neue Konjunkturdaten der USA wie auch der Eurozone.
Hierauf reagierten nach dem insgesamt weiterhin erstaunlich robusten Ausgang dieser Konjunkturpublikationen – eine Tendenz, auf die sowohl die FED wie auch die EZB jüngst trotz ihrer zurückliegenden Serie von Leitzinsanhebungen aber auch explizit hingewiesen hatten – alle Edelmetalle zunächst hochgradig negativ, bevor sich erst nach der um 16 Uhr MEZ erfolgenden Publikation des üblicherweise jedoch völlig nachrangigen (!) „Richmond FED Manufacturing-Index“ (im Dezember Einbruch von + 1 auf – 11, erwartet nur eine Abschwächung auf -4) in einer zumindest am heutigen Tag stark dominierenden weiteren Leitzinsanhebungs-Skepsis der Anleger wieder ein gewaltiger Befreiungsschlag nach oben einstellte, der die Edelmetalle bis zum Handelsschluss sogar wieder deutlicher in die Pluszone hievte (Gold und Platin jeweils + 0,3 %, Silber + 0,9 %).
Die zuvor überraschend solide veröffentlichten Konjunkturdaten bestanden zunächst um 10:00 Uhr in unerwartet starken Einkaufsmanager-Indexzahlen der Eurozone (50,2 nach 49,3 im November; beide Subindizes „Industrie“ und „Dienstleistungen“ ebenfalls über den Erwartungen), danach um 14:55 Uhr in den immer noch beachtlich dynamisch veröffentlichten Zahlen des sog. „US-Redbook“-Einzelhandels-Umsatzwachstums (in der Vorwoche + 5,0 %, nun leicht abgeschwächt auf + 4,6 % ggü. Vorjahr) und schließlich um 15:45 Uhr in der Bekanntgabe wiederum deutlich höher als erwarteter Dezember-Einkaufsmanager-Indizes der USA (Gesamtindex 46,8 nach 46,2 im Vormonat, Prognose nur 46,1).
Zunehmend widersprüchliches Anlegerverhalten auf starke / schwache Wirtschaftsdaten
Auch wenn unter Zinsaspekten die anfängliche Negativreaktion aller Edelmetalle auf diese robusten Konjunkturdaten heute bis zur Veröffentlichung des scharf korrigierenden Richmond FED Manufacturing-Indexes um 16 Uhr in sich somit vollauf schlüssig war, so darf jedoch keinesfalls das Phänomen übersehen werden, dass noch in der Vorwoche bereits diverse andere überraschend schwach veröffentlichte Konjunkturdaten, die ja in diesem Fall die Zinsphantasie der Anleger ebenfalls hätten weiter beflügeln müssen (z.B. teils sogar sehr stark nachgebende Daten, wie des NY Empire State Manufacturing Index, der mengenmäßigen landesweiten US-Einzelhandelsverkäufe sowie der US-Produzentenpreise und der Industrieproduktion für den Dezember) insgesamt im Trend genauso negative Edelmetall-Reaktionen nach sich gezogen und ebenfalls vorübergehend sogar für sehr heftige Kursabschläge gesorgt hatten.
Für uns ergibt sich aus dieser somit doch sehr widersprüchlichen – nämlich einhellig negativen -Reaktion der Anleger auf einerseits die bis heute 16 Uhr robuste Konjunkturdaten-Vorlage, jedoch ebenso auch auf die vermehrt schwachen Konjunkturdaten der USA gerade in der Vorwoche somit das klare Bild, dass sich gerade nach den seit Anfang November 2022 zurückliegenden Rallyes von Gold, Silber und Platin nunmehr unter den Anlegern offenbar immer stärker ein Zwiespalt bzw. Unbehagen einzustellen beginnt, gemäß dem gerade in den USA diverse Indikatoren zwar nun zunehmend eine allgemeine Wirtschaftsabkühlung andeuten, punktuell aber immer noch sehr robuste Wirtschaftssegmente (wozu in den USA gerade auch weiterhin der Arbeitsmarkt zählt), die FED (und künftig sicher erst Recht auch die EZB in der Eurozone) veranlassen könnten, selbst in eine zunehmende Konjunkturabschwächung hinein inflationsbedingt möglicherweise dennoch länger als bisher erwartet an ihrer Hoch-Leitzinspolitik festzuhalten.
Edelmetall-Rallye-Motor nun mit vermehrten Drehzahl-Schwankungen und Aussetzern
Dass in dieser zunehmend unerquicklichen Wirtschafts- wie auch Zinslage gerade in den beiderseits makroökonomisch hoch sensibel exponierten Edelmetallen daher nun offenkundig der bis zumindest Mitte Januar noch wie geschmiert laufende Rallye-Motor nun offenkundig immer mehr in Stottern gerät und dabei außerdem nun kurzeitig immer häufiger eine abrupt anspringende und ebenso schnell wieder abfallende Hochtourigkeit (= Volatilität) aufweist, ist für uns momentan inhaltlich somit durchaus nachvollziehbar und begründet.
Diesem Umstand sollten Anleger unseres Erachtens künftig nun ebenfalls eine zunehmende Aufmerksamkeit schenken, weshalb wir daher nun dazu raten, insbesondere etwaige weitere Kaufengagements vor allem in Gold, jedoch selbst auch den eher konjunktursensiblen Edelmetallen Silber und Platin zumindest vorübergehend nun in jedem Fall vorsichtiger zu dosieren als noch in den letzten Wochen und Monaten.
So könnte sich selbst auch trotz des heutigen völligen Ausbleibens der Vorlage neuer entscheidender Konjunkturdaten im derzeit zunehmend hochkommenden Widerstreit zwischen Wirtschaftsabkühlungs-Erscheinungen einerseits und möglichen noch längerfristig beibehaltenen Hochzins-Politiken andererseits heute wiederum ein Handelstag von erhöhter Volatilität einstellen, der momentan auch offenkundig einem folgerichtig gleichfalls nun ebenfalls immer stärkeren und hektischeren „Bullen-Bären-Gerangel“ zwischen den Gruppen der grundsätzlich marktdominierenden Edelmetall-Akteure „Commercials“ (professionelle physische Edelmetall-Einkäufer bzw. -Händler mit ständigem aktiven Positionsabsicherungs-Bedarf) und „Speculators“ (reine Long- wie Short-Finanzinvestoren in Edelmetallen) zuzuschreiben ist.
25.01.2023 - Matthias Reiner
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