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Corona-Pandemie und Bankenstabilität

Kreditqualität, Banksolvenz und das Virus

NTG24 - Corona-Pandemie und Bankenstabilität

 

Am gestrigen Montag veröffentlichte die in Paris residierende Europäischen Bankenaufsicht (European Banking Authority - EBA) die vorläufigen Ergebnisse einer Untersuchung, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die europäischen Bankenlandschaft hat.

Zentrale Schlussfolgerung der Behörde: Die Banken sind in die Corona-Pandemie kapitalstark und mit starken Liquiditätspuffern eingetreten und haben den Anpassungsdruck durch die Aktivierung ihrer Notfallpläne standgehalten.

Allerdings erwartet die EBA, dass die Corona-Krise die Qualität der Vermögenswerte der Bankbilanz beeinträchtigen wird. In der Folge dürfte auch die Profitabilität der Banken leiden. Gleichwohl liegt das Kapital, welches die Banken in den vergangenen Jahren an Gewinnen thesaurierten, rund 5 % über ihren jeweiligen OCR’S (Overall Capital Requirements), wozu auch die Erleichterungen der Kapitalanforderungen durch die Aufsichtsbehörden beitrugen. Dieser Kapitalpuffer sollte es den Banken nach Ansicht der EBA ermöglichen, die potenziellen Kreditverluste zu absorbieren, welche sich in der Sensitivitätsanalyse des Bankenstresstests im Jahr 2018 zeigten.

Im Vergleich zur Finanzkrise 2008/2009 sieht die EBA die europäischen Banken besser kapitalisiert und liquider. Das Tier 1 – Kapital (CET1) stieg von 9 % im Jahre 2009 auf 15 % im 4. Quartal 2019. Dies schließt einen Management-Puffer über dem OCR ein. Zusätzlich haben die kapitalbezogenen Maßnahmen der EU-Bankenregulierungsbehörden dazu geführt, dass rund 2 % der risikogewichteten Vermögenswerte frei wurden, was weiteren Managementspielraum zur Absorbierung der Kreditverluste schafft. Zudem lag vor dem Ausbruch der Pandemie das ,,Liquidity Coverage Ratio (LCR) im Durchschnitt bei rund 150 % des regulatorischen Minimums.

 

Trickfilm

Bildnachweis: © The Walt Disney Company

 

Allerdings wird die Corona-Pandemie einen negativen Einfluss auf die Qualität der bilanziellen Vermögenswerte der Banken haben. Die EBA erwartet im weiteren Verlauf der Krise einen Anstieg der notleidenden Kredite (NPL), welche in ihrem Ausmaß das Niveau nach der Staatsschuldenkrise erreichen könnten.

Eine Sensitivitätsanalyse der EBA auf der Basis der Bankenstresstests des Jahres 2018 läßt Kreditverluste in Höhe von 3,8 % der risikogewichteten Vermögenswerte erwarten. In diesem Szenario verfügt der Bankensektor über ausreichende Pufferkapazität, um die Kreditverluste aufzufangen, denn selbst bei dem stärksten simulierten Kreditrisiko-Schock verbliebe ein Spielraum von 1,1 % der risikogewichteten Vermögenswerte oberhalb der regulatorischen Mindestanforderungen (OCR).

Die Liquidität der Banken hat sich wesentlich auf die Zentralbank verlagert, seit sich ab Februar 2020 die Marktbedingungen bedeutend verschlechtert haben und sich die Kreditaufschläge für Liquidität deutlich ausweiteten. Der Markt für unbesicherte Liquidität kam bis Mitte April 2020 faktisch zum Stillstand. Die europäischen Banken dürften deshalb in den kommenden Monaten auch ihre eigene Liquiditätsreserven zunehmend nutzen.

Schließlich sieht die EBA auch die operationale Widerstandsfähigkeit der Banken in der Corona-Krise unter Druck. Die Banken haben ihre Notfallpläne aktiviert, was dazu führte, dass sie ihre Kernfunktionen im Wesentlichen ununterbrochen weiterführen konnten. Gleichwohl stellt die Bearbeitung vieler gleichzeitiger Anträge auf Schuldenmoratorien und garantierter Kredite einen bedeutsamen Stressfaktor für die Ablauforganisation der Banken dar. Hierzu trugen auch die ungenügende Vorbereitung bestimmter Offshore-Einheiten der Banken bei.

 

Fazit

 

Die europäischen Bankenaufseher betonen sowohl die gute Vorbereitung der Banken auf neue Stresssituationen, weisen aber gleichwohl auf Szenarien hin, in denen die Schockabsorptionskapazität der europäischen Banken an ihre regulatorischen Grenzen stößt.

Dies dürfte vor dem Hintergrund der europaweit ungleich verteilten Kreditrisiken und Kapitalstärke bedeutendes Eskalationspotenzial beinhalten. Der Hinweis der EBA, dass rund 50 % der Banken immer noch nicht ihre Kapitalkosten verdienen, zeigt, wie dünn das regulatorische Eis an einigen Stellen ist. Da hilft es wenig, darauf hinzuweisen, dass die Zinsspannen durch die langjährige Niedrigzinspolitik der Zentralbanken unter enormem Druck stehen.

Sollten die Kapitalkosten weiter steigen, dürfte auf der Refinanzierungsseite der Banken der Stress jedoch weiter steigen. Was dies für die Liquiditätsausstattung der Banken dann bedeutet, wird sich weisen müssen.

 

26.05.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de

 

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