NTG24-Tagesbericht Gold vom 19.04.2023: Gold in Reflektion deutlich skeptischerer US-Leitzinsprognosen mit Kurs-Achterbahn
Erste Leitzinssenkungen der FED kaum vor dem Jahresende zu erwarten
Gold legte in seiner Kursentwicklung heute bislang eine Berg- und Talfahrt von höchster Volatilität hin, nachdem im Umfeld einer weiteren leichten Rentenmarktabschwächung in den USA (Rendite 10jähriger Treasuries aktuell + 4 Stellen auf 3,62 %) die bis zuletzt sehr restriktiven Ankündigungen der FED zu möglichen ersten Leitzinssenkungen nun berechtigterweise auch immer mehr Eingang in die Edelmetallkurse finden.
Gegenwärtig notiert Gold (TVC:GOLD) um 20:20 Uhr um - 0,5 % schwächer bei 1996 USD, nachdem in der ersten Handelshälfte in Reflektion der zunehmend kritischen Erwartungen zur weiteren FED-Zinspolitik zunächst ein Crash bis auf nur noch 1970 USD einsetzte, bevor anschließend von dieser signifikanten flachen Aufwärtstrend-Unterstützung seit dem 22.03. ausgehend eine ausgeprägte Gegenbewegung nach oben einsetzte.
Sowohl der bis 13:30 Uhr währende, vermutlich weit überwiegend von europäischen Adressen ausgelöste Kurssturz von Gold, wie auch der rapide anschließende Turnaround mit Eröffnung des US-amerikanischen Edelmetallhandels waren dabei jedoch aus unserer Sicht prinzipiell nachvollziehbar.
Mögliche FED-Leitzinserhöhungen sogar bis zum 14.06. nicht mehr auszuschließen
Denn zunächst wurde wohl vor allem von europäischer Handelsseite offenkundig vor allem der Tatsache Rechnung getragen, dass gemäß der neuesten morgendlichen Aktualisierung des sog. FED Watch-Tools
nach einer praktisch gesicherten kommenden weiteren Leitzinserhöhung am 03.05. um + 0,25 % angesichts der zuletzt zunehmend auf rd. 4,5 – 4,7 % ausufernden US-Verbraucher-Inflationserwartung auf Sicht eines Jahres von einem derzeit fast 30 %igen Anteil der befragten Ökonomen auf der nächsten Zinssitzung am 14.06. nun sogar eine weitere Leitzinsanhebung um + 0,25 % auf einen Korridor von dann 5,25 – 5,50 % nicht mehr gänzlich ausgeschlossen wird.
Darüber hinaus verschlechterten die Zinsprognosen der an das FED Watch-Tool angeschlossenen Ökonomen seit heute Morgen jedoch auch dahingehend, dass diese nun mit der momentan größten Mehrheit von rd. 40% eine erste Leitzinssenkung der FED kaum mehr vor der Zinssitzung am 01.11. erwarten.
Wie offenbar auch der Mehrheit der US-amerikanischen Marktakteure, denen insgesamt sicher insgesamt noch ein engerer Zugang zur FED zu unterstellen ist, als den meisten Handelsadressen in Europa, erscheint uns diese jetzt deutlich verschlechterte Leitzinsannahme des FED Watch-Tools jedoch momentan auch in dieser Zeitbefristung einer ersten Leitzinssenkung durchaus denkbar, was in dieser entsprechenden Reflektion nach dem vorangegangen Vormittags-Crash seit 13:30 Uhr offenbar gerade Handelsadressen in den USA veranlasste, wieder vehement in Gold einzusteigen.
Beige Book der FED berichtet über insgesamt nachlassende Wirtschaftsdynamik
Wie tragfähig diese nun bereits deutlich skeptischere künftige Leitzinsprognose des FED-Watch Tools jedoch tatsächlich ist, auch wenn sie uns derzeit vollauf vertretbar erscheint, müssen jedoch erst die kommenden Konjunktur- und Preisdaten-Eingänge der USA belegen, von deren zunehmender Abschwächung in den kommenden Wochen und Monaten wir jedoch mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgehen.
Eine Nagelprobe, ob diese Einschätzung zutreffend ist und in diesem Fall Gold mit der jetzigen Eskomptierung bereits kritischer weiterer Leitzinsperspektiven künftig durchaus wieder stützen könnte, ließ sich bereits heute Abend ab 20:00 Uhr der 6-wöchentlich erscheinenden Vorlage des sog. „Beige Books“ durch die FED entnehmen, in dem diese jeweils die aktuellste Wirtschaftslage in jedem ihrer US-weit 12 Distrikte kommentiert.
In der einleitend zusammenfassenden Wirtschaftsdarstellung über alle 12 Distrikte hinweg führt dieses Beige Book nun aus, dass sich in den letzten 6 Wochen, gegliedert nach den Kriterien „Allgemeine Wirtschaftsdynamik“, „Arbeitsmärkte“ und „Preise“ all diese Kriterien bis auf wenige partielle Ausnahmen insgesamt abgeschwächt hätten oder bestenfalls stagnierten. Die näheren Details hierzu können Sie bei Interesse auch diesem Link entnehmen.
Morgen weitere hoch relevante Konjunkturdaten-Veröffentlichungen
Darüber hinaus kommt jedoch auch weiteren wichtigen Konjunkturdaten-Publikationen der USA am morgigen Donnerstag eine wichtige Indikatorfunktion über den aktuellen Gesamtzustand und die gegenwärtige Dynamik der US-Wirtschaft zu.
Bei diesen morgigen Zahlenvorlagen handelt es sich zunächst um 14:30 Uhr um die allwöchentliche Bekanntgabe der neuesten US-Erstantragszahlen auf Arbeitslosenhilfe (Konsens: gegenüber der Vorwoche unverändert bei 240.000) wie auch die gleichzeitige Veröffentlichung des neuesten Industrie-Aktivitätsindexes der FED Philadelphia innerhalb ihres Distrikts (Konsens: gegenüber dem Vormonat März leichte nachlassende Abschwächung von – 23,2 auf – 19,2).
Anschließend werden morgen dann um 16:00 Uhr auch noch die Statistik zu den US-Hausverkäufen im März (Konsens: mit 4,5 Mio. leicht unter dem Vormonatsniveau) wie auch das Aggregat der gesamten US-Konjunktur-Frühindikatoren mit Kalkulation durch das führende US- Wirtschaftssachverständigen-Gremium „Conference Board“ veröffentlicht (Konsens hier: Abschwächung nun um - 0,6 % gegenüber dem Vormonat März, im März dagegen - 0,3 % gegenüber dem Februar).
Sollten all diese Indikatoren erneut insgesamt eine zunehmende Abschwächung der US-Wirtschaft signalisieren, könnte auch hierdurch Gold einen erneuten Auftrieb erfahren, im gegenteiligen Fall jedoch auch wiederum mehr oder weniger deutlich korrigieren.
Goldpreis reflektiert künftige Zinsrisiken nun weitaus angemessener
In der nun verstärkt erfolgten Reflektion einer künftig höchstwahrscheinlich frühestens erst gegen Jahresende erfolgenden ersten Leitzinssenkung durch die FED sehen wir den Goldpreis aktuell grundsätzlich auf einem mittlerweile weitaus solideren Kursniveau angekommen an, als dies noch zum letzten Donnerstag bei einem Spitzenkurs von fast 2050 USD (= nur noch 1 % unter seinem Doppeltop-Rekordstand bei 2070 USD) gegolten hat.
Risikofreudige Anleger können unseres Erachtens daher nun durchaus wieder, insbesondere auf längere Sicht, begrenzte Goldkäufe in Erwägung ziehen, wobei jedoch kurzfristig nun auch weiterhin ein erneutes Korrekturpotenzial bis zumindest auf das heutige Tagestief von 1970 USD (= sehr flache Aufwärtstrend-Unterstützung seit dem 22.03.) zu sehen ist.
Chart: Gold mittelfristig
Gold auf TradingView
19.04.2023 - Matthias Reiner
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