Gold steht vor neuem Kaufsignal
Die Charttechnik deutet bei Gold das Korrekturende an
Der Goldpreis könnte vor dem Ende seiner seit August 2020 laufenden mittelfristigen Konsolidierung stehen. Ein längerfristiger Blick auf den Goldpreis zeigt zudem, dass dieser seine Funktion als Vertrauens-Fieberthermometer der Geldwertstabilität und ihrer Risikofaktoren weiterhin bemerkenswert gut erfüllt. Ein neues charttechnisches Kaufsignal für Gold signalisiert deshalb mehr als nur einen Bruch einer Abwärtstrend-Linie.
Manchmal lohnt es sich, bei der Chartanalyse einen Schritt zurückzugehen und auf eine längere Zeitskale zu steigen. Dabei ist dies gerade für die zeitliche Gewichtung von unterschiedlichen Entwicklungsphasen interessant, was auch für den Goldpreis zutrifft.
Bei Gold sind diese beiden Phasen, grob unterschieden, die Zeit der Goldbindung des US-Dollars, und die Zeit danach, getrennt in Chart 1 durch die Vertikale vom August 1971.
Und auch wenn diese Phasenunterscheidung in Phase 1 nicht ansatzweise die Dauer widerspiegelt, in der Gold Geld war, so relativiert dieser Zeitraum aber schon die Wirkung, die wir für den Goldpreis auf kürzere Sicht sehen, wenn wir Trends und Chartmuster thematisieren.
Verbunden sind beide Phasen durch die politische Entscheidung, Gold als Geld zu akzeptieren oder eben nicht. Seither ist Gold noch Notenbankreserve, was der ganzen Diskussion, ob Gold noch Geld ist, einen zwielichtigen Schein verleiht. Denn wenn staatliche Notenbanken Gold als zentralen Bestandteil ihrer Devisenreserven behandeln und diese nun seit mehr als 10 Jahren auch akkumulieren, so ist Gold zwischen Notenbanken de facto weiter Geld.
Dieser Umstand führt auch schon direkt zur zweiten Phase seit August 1971. Denn die Aufwertung des Goldes in US-Dollar ist primär eine Abwertung der Fiatwährung US-Dollar in Gold. Und gegen diese Abwertung wollen sich viele Notenbanken schützen, indem sie Gold kaufen!
Bewertet man nun den seit 1971 laufenden Aufwertungstrend von Gold in der Weltreservewährung US-Dollar, so wird deutlich, dass Gold seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel auch nach der politischen Entscheidung, es nicht mehr als Geld zu verwenden, sehr gut erfüllt hat. Diese Abschaffung begann bereits viel früher, und der August 1971 stellt nur den Endpunkt dieser Entwicklung dar.
Da der globale Goldmarkt auch weiterhin extrem liquide ist, lässt sich für Gold auch eine weitere Eigenschaft, die es für Geld braucht, bestätigen, nämlich hinreichende Liquidität.
Dass es inzwischen mit Ausnahme von bestimmten Sammlermünzen kein gesetzliches Zahlungsmittel mehr ist, tut seinem Geld-Potenzial keinen Abbruch.
Und schließlich leidet Gold (und auch Silber) nicht an dem Vertrauensschwund, welcher sich bei den Fiatwährungen wie Euro, US-Dollar und japanischem Yen aus der Tatsache ergibt, dass man ihn aus dem Nichts schöpfen kann.
Die seit der Finanzkrise 2008/2009 sichtbare Explosion der Bilanzsumme der Notenbanken ist eine deutliche Erinnerung daran, dass die derzeitige Geldpolitik nur Zeit gekauft hat.
Sollte das Vertrauen in die Notenbanken wackeln, so dürfte dies zu einer neuen Kapitalbewegung aus Fiatwährungen heraus in jene Assets führen, welche dieses Vertrauen über lange Zeiträume hinweg bestätigt haben. Dabei ist die Auswahl sehr beschränkt und ganz oben auf der Wunschliste dürfte Gold stehen.
Chart 1 zeigt damit in der schubartigen Aufwertung von Gold in US-Dollar nun jene Krisensituationen, in denen das Vertrauen in die Fiatwährungen im Allgemeinen und in den US-Dollar im Besonderen abgenommen hat.
Die erste große Aufwertungsphase war jene der hohen Inflationsraten in den 1970er-Jahren.
Die aktuell stark steigenden Inflationsraten sind deshalb eine Erinnerung daran, welche Reaktionsfunktion Gold in US-Dollar in diesem Umfeld hat.
Auf kleiner Zeitskale wie etwa auf Tagescandle-Basis in Chart 2 zeigt sich nun, dass sich die seit August 2020 andauernde Konsolidierungsphase des Goldpreises bald dem Ende nähern könnte. Denn der Goldpreis steht kurz vor dem Bruch seiner mittelfristigen Abwärtstrend-Linie und zugleich vor dem Überwinden der Nackenlinie des seit Juni 2021 laufenden kleineren Konsolidierungsbodens.
Und was ist das Fazit?
Die Entwicklung des Goldpreises kann damit langfristig als ein Votum über das Vertrauen in Fiatwährungen gelten. Der langfristige Aufwertungstrend von Gold entspricht dem der langfristigen Entwertung von Fiatwährungen. Dieser Prozess könnte sich durch einen schnell verstärkenden Vertrauensverlust in das Währungssystem stark beschleunigen, insbesondere dann, wenn das Vertrauen in die für die Währungsstabilität verantwortlichen Institutionen wie die EZB eine Politik betreiben, die nicht mehr vorrangig auf die Geldwertstabilität gerichtet ist.
Das diesen Institutionen zugeschriebene generalisierte Vertrauen ist mühsam aufgebaut und schnell verspielt. Das ,,Fieberthermometer‘‘ dafür dürfte der Goldpreis sein. Die kommenden Monate dürften deshalb spannend werden.
Denn die mentale Bedeutung eines steigenden Goldpreises für eben diese Annahme von hinreichendem Vertrauen in die Währung und die geldpolitischen Institutionen ist kaum zu überschätzen. Der Beginn eines neuen Aufwärtstrends für Gold ist deshalb viel mehr als nur ein Chartsignal!
09.11.2021 - Arndt Kümpel
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