Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht: Zweifel an Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags
Az. 1 K 37/23
Am 28. März 2024 entschied das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (Az. 1 K 37/23) über die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags gemäß § 32a Abs. 1 EStG für die Jahre 2023 und 2024. Die Kläger wandten sich gegen ihre Einkommensteuer-Vorauszahlungsbescheide und argumentierten, dass der Grundfreibetrag, wie er nach dem Inflationsausgleichsgesetz festgelegt wurde, verfassungswidrig sei. Ihre Hauptkritikpunkte waren, dass der Grundfreibetrag die tatsächliche Inflationsentwicklung nicht ausreichend berücksichtige und dass er unter dem sozialrechtlich festgelegten Existenzminimum liege.
Hintergrund der Klage
Die Kläger führten an, dass der Grundfreibetrag, der steuerfreie Betrag, der das Existenzminimum absichern soll, nicht im Einklang mit den steigenden Lebenshaltungskosten stehe. Sie verwiesen darauf, dass der Grundfreibetrag im Sozialhilferecht höher angesetzt sei als im Einkommensteuergesetz, was zu einer verfassungsrechtlichen Problematik führe. Ihrer Ansicht nach müsse der Gesetzgeber das Existenzminimum auch steuerlich vollständig freistellen.
Entscheidung des Gerichts
Der 1. Senat des Finanzgerichts wies die Klage ab, äußerte jedoch Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags. Dennoch entschied der Senat, dass eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nicht erforderlich sei, da diese nur zulässig wäre, wenn das Gericht von der Verfassungswidrigkeit der Regelung überzeugt wäre. Hier bestand jedoch lediglich ein gewisses Maß an Unsicherheit. Konkret bemängelte das Gericht, dass der Grundfreibetrag für das Jahr 2024 einen um 312 Euro geringeren Regelbedarf zugrunde lege als das Sozialrecht. Auch die zum Ausgleich der „kalten Progression“ durchgeführte Erhöhung um 132 Euro reiche nicht aus, um die Differenz auszugleichen.
Ausblick
Das Verfahren wird nun beim Bundesfinanzhof (BFH) unter dem Aktenzeichen III R 26/24 fortgeführt. Währenddessen liegt bereits ein Gesetzentwurf der Bundesregierung vor, der den Grundfreibetrag um 180 Euro erhöhen soll, um ihn an das Sozialhilferecht anzupassen. Diese Erhöhung würde eine Anpassung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten darstellen und könnte die Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags entschärfen.
Die endgültige Klärung der Verfassungsfrage bleibt nun in der Hand des BFH und möglicherweise des Bundesverfassungsgerichts, falls dieses Verfahren dorthin weitergereicht wird. Steuerpflichtige können sich auf weitere Entwicklungen einstellen, insbesondere falls der BFH eine Entscheidung trifft, die die Verfassungsmäßigkeit neu bewertet.
23.10.2024 - Daniel Eilenbrock
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