Innergemeinschaftliche Lieferung und Erwerb im Fokus
Ausführliche Erklärung
Einführung
Innergemeinschaftliche Lieferungen und Erwerbe sind Begriffe aus dem Bereich der Umsatzsteuer im grenzüberschreitenden Handel innerhalb der Europäischen Union (EU). Sie regeln die Besteuerung von Warenbewegungen zwischen EU-Mitgliedstaaten. Die wichtigsten Grundsätze hierzu finden sich in §§ 4 Nr. 1 Buchstabe b, 6a und 18a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sowie in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL).
Innergemeinschaftliche Lieferung
Definition und Voraussetzungen
Eine innergemeinschaftliche Lieferung (igL) liegt gemäß § 6a UStG vor, wenn:
1. Lieferant: Der Lieferant (Unternehmer) die Ware aus Deutschland an einen Abnehmer in einem anderen EU-Mitgliedstaat liefert.
2. Abnehmer: Der Abnehmer (Käufer) Unternehmer ist oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die die Ware für ihr Unternehmen oder als Erwerber ohne Vorsteuerabzug verwendet.
3. Beförderung/Versendung: Die Ware muss in das übrige Gemeinschaftsgebiet (anderen EU-Mitgliedstaat) befördert oder versendet werden.
4. Verwendung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer: Der Abnehmer muss eine gültige Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) eines anderen EU-Mitgliedstaates angeben.
5. Nachweispflichten: Der Lieferant muss die Voraussetzungen der innergemeinschaftlichen Lieferung buch- und belegmäßig nachweisen (§ 17a ff. UStDV).
Steuerfreiheit
Innergemeinschaftliche Lieferungen sind steuerfrei (§ 4 Nr. 1 Buchstabe b UStG). Der Lieferant hat dennoch die Pflicht, die Lieferung in der Umsatzsteuer-Voranmeldung sowie in der Zusammenfassenden Meldung (ZM) zu melden.
Nachweise
- Buchnachweis: Angaben über den Abnehmer und die Art sowie Menge des gelieferten Gegenstands.
- Belegnachweis: Handelsübliche Belege, z. B. Lieferschein, Spediteursbescheinigung, Doppel der Rechnung.
Rechnungsanforderungen
Die Rechnung für eine innergemeinschaftliche Lieferung muss folgende Angaben enthalten:
- Name und Anschrift des Lieferanten und des Abnehmers
- USt-IdNr. des Lieferanten und des Abnehmers
- Menge und Art der gelieferten Ware
- Zeitpunkt der Lieferung
- Hinweis auf die Steuerbefreiung (z. B. "Steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung")
Innergemeinschaftlicher Erwerb
Definition und Voraussetzungen
Ein innergemeinschaftlicher Erwerb (igE) liegt gemäß § 1a UStG vor, wenn:
1. Erwerber: Der Erwerber ein Unternehmer oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist.
2. Lieferant: Der Lieferant ein Unternehmer ist.
3. Verwendung der USt-IdNr.: Der Erwerber verwendet seine gültige USt-IdNr. gegenüber dem Lieferanten.
4. Beförderung/Versendung: Die Ware wird in das übrige Gemeinschaftsgebiet (Deutschland) befördert oder versendet.
5. Entgelt: Das Entgelt für den Erwerb wird vereinbart.
Besteuerung und Vorsteuerabzug
Der innergemeinschaftliche Erwerb unterliegt in Deutschland der Umsatzsteuer. Der Erwerber schuldet die deutsche Umsatzsteuer (Erwerbsteuer), die er in seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung angeben muss.
- Bemessungsgrundlage: Das vereinbarte Entgelt zuzüglich Nebenleistungen.
- Steuersatz: Es gilt der reguläre Steuersatz von 19 Prozent oder der ermäßigte Steuersatz von 7 Prozent.
- Vorsteuerabzug: Der Erwerber kann die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen, sofern er zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Rechnungsanforderungen
Die Rechnung des Lieferanten sollte enthalten:
- Name und Anschrift des Lieferanten und des Erwerbers
- USt-IdNr. des Lieferanten und des Erwerbers
- Menge und Art der gelieferten Ware
- Zeitpunkt der Lieferung
- Hinweis auf den innergemeinschaftlichen Erwerb ("Reverse-Charge")
Zusammenfassende Meldung (ZM)
Die Zusammenfassende Meldung (ZM) ist ein Bericht des Lieferanten an das Finanzamt, der alle innergemeinschaftlichen Lieferungen und sonstigen Leistungen erfasst. Sie muss elektronisch abgegeben werden und enthält folgende Angaben:
- Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers
- Gesamtbetrag der innergemeinschaftlichen Lieferungen
- Sonstige steuerfreie Leistungen in die EU
Fristen zur Abgabe der ZM
- Monatlich: Bei einem Vorjahresumsatz > 50.000 Euro.
- Vierteljährlich: Bei einem Vorjahresumsatz ≤ 50.000 Euro.
Intrastat-Meldung
Neben der ZM ist möglicherweise eine Intrastat-Meldung erforderlich, wenn bestimmte Schwellenwerte überschritten werden:
- Eingangsmeldungen: 800.000 Euro
- Versandmeldungen: 500.000 Euro
Fazit
Die innergemeinschaftliche Lieferung und der innergemeinschaftliche Erwerb sind für den EU-weiten Handel von großer Bedeutung. Eine sorgfältige Dokumentation und Einhaltung der Vorschriften sind unerlässlich, um Steuerbefreiungen zu erhalten und Sanktionen zu vermeiden. Unternehmer sollten die Anforderungen kennen und sicherstellen, dass sie ordnungsgemäß erfüllt werden.
Weiterführende Informationen und BMF-Schreiben
- Umsatzsteuergesetz (UStG)
- Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL)
20.09.2024 - Daniel Eilenbrock
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