Änderung der Festsetzung von Kirchensteuer
Bestandskräftige Kirchensteuerfestsetzung bei Kirchenaustritt
Eine bestandskräftige Kirchensteuerfestsetzung kann nicht geändert werden, soweit in der Steuererklärung eine Kirchensteuerpflicht deklariert wurde, trotz bereits erfolgtem Kirchenaustritt.
Streitfall:
Der Kläger war am 22.12.2014 ordnungsgemäß aus der Kirche ausgetreten. Dem Bundeszentralamt für Steuern wurde der Austritt mit Wirkung zum 01.01.2015 durch die Meldebehörde am 23.12.2014 mitgeteilt. In der Einkommensteuererklärung für 2017 gab der Steuerberater an, dass der Steuerpflichtige Mitglied der evangelischen Kirche sei. Mit Bescheid vom 01.08.2019 wurde evangelische Kirchensteuer festgesetzt. Der Bescheid wurde an den bevollmächtigten Steuerberater bekannt gegeben und erlang Bestandskraft. In 2020 ergingen Änderungsbescheide, die weiterhin eine unveränderte Kirchensteuerfestsetzung beinhalteten. Einen Antrag auf Aufhebung der Festsetzung der Kirchensteuer nach § 175b AO wurde am 20.04.2020 abgelehnt. Der Einspruch wurde zurückgewiesen.
Entscheidung:
Das FG Baden-Württemberg hat mit Gerichtsbescheid vom 5.1.2021, 10 K 1662/20 entschieden, dass der bestandskräftige Bescheid zur Festsetzung der Kirchensteuer nicht änderbar ist.
Eine bestandskräftige Festsetzung ist nur änderbar, soweit eine Korrekturvorschrift greift.
§ 175b AO ist im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Eine Änderung nach § 175b Abs.1 AO kommt in Betracht, soweit von der mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzbehörden übermittelte Daten im Sinne des § 93c AO bei der Steuerfestsetzung nicht oder nicht zutreffend berücksichtigt wurden. In § 39e EStG regelt das technische Verfahren zu den Lohnsteuerabzugsmerkmalen und stellt keine Datenmeldepflicht für die Steuerfestsetzung dar. Eine Datenabfrage der Lohnsteuerabzugsmerkmale durch die Finanzämter ist gem. § 39a Abs.10 EStG möglich, jedoch ist in § 39a EStG keine Regelung im Zusammenhang mit § 93c AO enthalten. Mangels fehlender Bezugnahme in der Vorschrift zu § 93c AO ist § 175b Abs.1 AO nicht anwendbar.
Bei einer Korrektur nach § 175b Abs.2 AO gelten Daten, die von mitteilungspflichtigen Stellen nach Maßgabe des § 93c AO an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, nach § 150 Abs. 7 Satz 2 AO als Angaben des Steuerpflichtigen. Der Steuerbescheid ist aufzuheben oder zu ändern, soweit diese Daten zu Ungunsten des Steuerpflichtigen unrichtig sind. Eine Änderung ist ausgeschlossen, da § 93c AO keine Anwendung findet und der Bevollmächtige des Steuerpflichtigen Angaben zur Konfession in der Steuererklärung vorgenommen hat.
Die Korrekturvorschrift des § 129 AO ist nicht einschlägig, weil es sich nicht um eine offenbare Unrichtigkeit handelt. Es ist fraglich, ob es sich um einen mechanischen Fehler des Steuerpflichtigen handelt, der als Übernahmefehler anerkannt werden kann. Zudem ist für den Bearbeiter des Finanzamts der Fehler nicht objektiv erkennbar, sodass er sich den Fehler des Steuerpflichtigen nicht zu Eigen macht.
Eine Änderung nach § 173 Abs.1 Nr.2 AO scheidet aus. Steuerbescheide sind aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Die Tatsache des Kirchenaustritts ist nachträglich bekannt geworden. Durch die fehlende Überprüfung des Steuerpflichtigen der von seinem steuerlichen Berater angefertigte Steuererklärung auf ihre Richtigkeit und Vollständigkeit, kann dem Steuerpflichtigen grobes Verschulden angelastet werden.
Eine Änderung nach § 173a AO ist nicht gegeben, da es sich nicht um einen Schrei- oder Rechenfehler des Steuerberaters handelt. Zudem ist eine Korrektur nach § 175 Abs.1 Nr.1 AO ausgeschlossen, da die Bescheinigung über den Kirchenaustritt kein Verwaltungsakt ist und somit kein Grundlagenbescheid darstellen kann.
Fazit:
Für die Änderung einer bestandskräftige Kirchensteuerfestsetzung ist in der Regel keine Korrekturnorm einschlägig. Die Angaben in den Steuererklärungsformularen sind vorab zu überprüfen. Eine Änderung bzw. Aufhebung der Kirchensteuerfestsetzung ist innerhalb der Einspruchsfrist zu erwirken.
25.11.2021 - Tanja Schwedtmann
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Bernd HEIN
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26.01.2023 13:06:27 Uhr
Frage an den Redakteur:
Dann kann ich also im Umkehrschluss davon aussgehen, dass bei Nichtvorliegen eines Steuerbescheids für Einkünfte aus einem früheren Jahr, wegen einer gebildeten 6b Rücklage, eine Kircchensteuerpflicht bei einem später erfolgten
Austritt aus der Kirche, nicht gegeben ist, weil die Festsetzung des Steuerbescheides fehlt?
Mit freundlichen Grüßen
Bernd Hein
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