
Künstlerische Freiheit übertrumpft Gewerbe – Freiberufler Urteil
FG Urteil Düsseldorf vom 18.02.2025 - Az. 4 K 1875/23
Düsseldorf, 18. Februar 2025 – In einem wegweisenden Urteil hat das Finanzgericht Düsseldorf entschieden, dass ein Tätowierer künstlerisch tätig ist und damit von der Gewerbesteuer befreit wird. Die Entscheidung des 4. Senats (Az. 4 K 1875/23 G,AO) hebt den angefochtenen Gewerbesteuermessbescheid aus dem Jahr 2021 auf und bestätigt die freiberufliche, künstlerische Ausrichtung der Tätigkeit.
Ein kreativer Kampf um die steuerliche Einordnung
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Frage, ob die Tätowierkunst als künstlerische Leistung oder als gewerbliche Tätigkeit zu werten ist. Der Kläger – seit 2013 als Tätowierer tätig – hatte sich von der Finanzverwaltung als Freiberufler deklariert. Trotz dieser Selbstzuordnung wurde der Gewinn seiner Tätigkeit als gewerblich eingestuft, was zu einem Gewerbesteuermessbetrag von 430 Euro sowie einem Verspätungszuschlag führte.
Der Streitpunkt: Reicht die individuelle, künstlerische Gestaltung der Tattoo-Designs aus, um die Tätigkeit als „zweckfreie Kunst“ zu qualifizieren? Oder dominiert der handwerkliche Aspekt der direkten Umsetzung auf der Haut?
Urteil: Kreativität siegt über Handwerk
Das Finanzgericht Düsseldorf überzeugte in seiner Entscheidung von der künstlerischen Qualität der Tätowiererarbeit. Nach intensiver Prüfung der Arbeitsabläufe – von der ersten, skizzenhaften Entwurfserstellung bis zur freihändigen Anpassung während des Tätowiervorgangs – kam das Gericht zu folgendem Ergebnis:
- Zweckfreie Kunst: Die Tattoos des Klägers besitzen keinen unmittelbaren Gebrauchswert und dienen ausschließlich dem ästhetischen Genuss.
- Kreative Freiheit: Trotz Kundenwünschen bleibt ein erheblicher Gestaltungsspielraum, der in einer individuellen und schöpferischen Leistung resultiert.
- Einheitlicher Prozess: Die kreative Vorarbeit und die handwerkliche Umsetzung sind untrennbar miteinander verbunden und bilden einen einheitlichen künstlerischen Gesamtprozess.
Das Gericht hob daher den Bescheid über die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags sowie den Verspätungszuschlag auf und stellte fest, dass der Kläger als Künstler im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG anzusehen ist.
Reaktionen und Ausblick
Die Entscheidung sorgt in der Kunst- und Kreativszene für Aufsehen. Experten sehen in dem Urteil ein wichtiges Signal, das die Bedeutung individueller, künstlerischer Leistungen auch in traditionellen Berufsbereichen unterstreicht. Das Finanzgericht betonte, dass bei Tätigkeiten mit sowohl kreativen als auch handwerklichen Elementen die Gesamtheit des Arbeitsprozesses zu bewerten sei.
Die Zulassung der Revision weist zudem darauf hin, dass das Urteil noch auf höhere Prüfungen warten muss – eine Entwicklung, die für vergleichbare Fälle künftig richtungsweisend sein könnte.
24.03.2025 - Daniel Eilenbrock
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