
Photovoltaik-Strom an Mieter: BFH erkennt eigenständige steuerpflichtige Leistung an
BFH Urteil vom 17. Juli 2024, XI R 8/21
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit einem aktuellen Urteil eine bedeutende Entscheidung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Photovoltaikanlagen und der Lieferung von Strom an Mieter (Mieterstrom) getroffen. In der Entscheidung (Az.: V R 8/23) hat der BFH klargestellt, dass die Lieferung von Strom, der durch eine Photovoltaikanlage erzeugt und an Mieter eines Wohngebäudes abgegeben wird, eine eigenständige und umsatzsteuerpflichtige Leistung darstellt. Diese wird nicht als Nebenleistung zur steuerfreien Wohnraumvermietung angesehen. Damit ermöglicht das Urteil die Geltendmachung von Vorsteuerabzügen auf die Kosten, die mit der Photovoltaikanlage verbunden sind, insbesondere den Installations- und Betriebskosten.
Hintergrund: Photovoltaikanlagen und Steuerrecht
Photovoltaikanlagen sind in den letzten Jahren ein wichtiger Bestandteil der Energiewende geworden. Sie ermöglichen es Hausbesitzern und Unternehmen, umweltfreundlichen Strom zu erzeugen und diesen entweder ins Netz einzuspeisen oder direkt zu nutzen. Ein besonderes Modell ist der sogenannte Mieterstrom, bei dem die Betreiber der Photovoltaikanlage den Strom nicht nur selbst nutzen oder einspeisen, sondern diesen direkt an die Mieter eines Wohngebäudes verkaufen. Dies schafft wirtschaftliche Anreize für Immobilienbesitzer, in Photovoltaikanlagen zu investieren und gleichzeitig den Mietern kostengünstigen und nachhaltigen Strom anzubieten.
Steuerlich betrachtet, unterliegt die Vermietung von Wohnraum gemäß § 4 Nr. 12 UStG der Umsatzsteuerbefreiung. Fraglich war jedoch, ob die Lieferung von Mieterstrom als Teil der steuerfreien Vermietung behandelt wird oder als eigenständige, umsatzsteuerpflichtige Leistung zu werten ist. Diese Frage hat der BFH nun eindeutig zugunsten der steuerlichen Eigenständigkeit des Mieterstroms entschieden.
BFH-Entscheidung: Mieterstrom als eigenständige Leistung
Der BFH stellte in seinem Urteil fest, dass die Lieferung von Strom an Mieter nicht nur als eine untergeordnete Nebenleistung zur Vermietung anzusehen sei, sondern vielmehr als eine eigenständige steuerpflichtige Leistung, die getrennt von der steuerfreien Wohnraummiete zu betrachten ist.
Im konkreten Fall wurde der von der Photovoltaikanlage erzeugte Strom den Mietern über ein eigenes Abrechnungssystem zur Verfügung gestellt. Jeder Mieter konnte individuell seinen Stromverbrauch bestimmen, und es bestand zudem die Möglichkeit, den Strom von anderen Anbietern zu beziehen. Aus diesem Grund sah der BFH die Stromlieferung als gesonderte, von der Vermietung unabhängige Leistung an, was zur Folge hat, dass für diese Lieferung Umsatzsteuer anfällt.
Konsequenzen für Vorsteuerabzug
Eine der wichtigsten Implikationen des Urteils betrifft den Vorsteuerabzug. Da die Mieterstromlieferung als eigenständige steuerpflichtige Leistung angesehen wird, können die Betreiber der Photovoltaikanlage die auf die Anschaffungs- und Installationskosten der Anlage entfallende Vorsteuer geltend machen. Dies stellt insbesondere für Vermieter, die gleichzeitig als Betreiber einer Photovoltaikanlage auftreten, einen finanziellen Vorteil dar, da sie nun von steuerlichen Erleichterungen profitieren können.
Die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs kann den wirtschaftlichen Anreiz zur Errichtung von Photovoltaikanlagen deutlich erhöhen. Betreiber von PV-Anlagen, die Strom an ihre Mieter liefern, haben nun nicht nur die Möglichkeit, den umweltfreundlichen Strom effizient zu nutzen, sondern auch steuerliche Vorteile durch den Abzug der Vorsteuer zu erlangen.
Keine Behandlung als Nebenleistung zur Wohnraumvermietung
Der BFH betonte in seiner Entscheidung auch, dass der Mieterstrom nicht als bloße Nebenleistung zur Wohnraumvermietung angesehen werden kann. Eine Nebenleistung teilt grundsätzlich das steuerliche Schicksal der Hauptleistung, in diesem Fall der Wohnraumvermietung, und wäre dementsprechend umsatzsteuerbefreit. Da der Strom jedoch auf Basis des individuellen Verbrauchs abgerechnet wird und die Mieter außerdem die Wahl haben, ihren Stromlieferanten frei zu wählen, handle es sich nicht um eine unselbständige Nebenleistung, sondern um eine wirtschaftlich eigenständige Leistung.
Diese Klarstellung schafft Rechtssicherheit für viele Vermieter und Immobiliengesellschaften, die bisher möglicherweise unsicher waren, wie die Stromlieferungen an Mieter steuerlich zu behandeln sind.
Auswirkungen auf die Praxis
Das Urteil des BFH hat weitreichende Auswirkungen auf die Praxis von Immobilienbesitzern, die Photovoltaikanlagen betreiben und den erzeugten Strom an ihre Mieter verkaufen. In Zukunft müssen Vermieter die Stromlieferungen an Mieter als eigenständige Leistungen behandeln und entsprechend umsatzsteuerlich erfassen. Damit verbunden ist jedoch auch der Vorteil, dass Vorsteuerbeträge für die Anschaffung, Installation und den Betrieb der Photovoltaikanlagen abgezogen werden können.
Dies könnte auch Auswirkungen auf die Investitionsentscheidungen von Immobilienbesitzern haben. Die Möglichkeit, den Vorsteuerabzug geltend zu machen, könnte Photovoltaikanlagen wirtschaftlich noch attraktiver machen und somit zu einem verstärkten Ausbau von Mieterstrom-Modellen führen. Gleichzeitig müssen Vermieter jedoch sicherstellen, dass sie die umsatzsteuerlichen Regelungen korrekt anwenden und die Stromlieferungen entsprechend versteuern.
27.02.2025 - Daniel Eilenbrock
Auf Twitter teilen Auf Facebook teilen
Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur
Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)