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Firmenwagen ohne 1% Methode oder Fahrtenbuch: Alltagstauglich oder doch realitätsfern?

Eine kritische Analyse eines GmbH-Steueroptimierungsmodells

NTG24 - Firmenwagen ohne 1% Methode oder Fahrtenbuch: Alltagstauglich oder doch realitätsfern?

 

Das Thema Firmenwagen ist im deutschen Steuerrecht oft ein Zankapfel. Einerseits bietet der Dienstwagen eine bequeme Möglichkeit, Mobilitätskosten steuerlich abzusetzen, andererseits ist die Frage der Privatnutzung immer mit hohen steuerlichen Risiken verbunden. Ein Modell, das insbesondere für GmbH-Geschäftsführer auf verschiedenen Plattformen (Instagram, Facebook & Co.) angepriesen wird, verspricht die Vorteile eines Firmenwagens ohne steuerliche Belastung für die Privatnutzung. Doch wie funktioniert dieses Modell und ist es wirklich so risikofrei, wie es in den Videos und Beiträgen beworben wird? In diesem Artikel werfe ich einen kritischen Blick auf diese Methode und prüfe ob dies alltagstauglich oder doch realitätsfern ist.

 

Das Grundmodell: Firmenwagen ohne Besteuerung der Privatnutzung

 

Das beschriebene Modell basiert auf einer spezifischen Konstellation: Der Firmenwagen wird offiziell nur betrieblich genutzt und es wird explizit keine Privatnutzung erklärt. Dadurch entfällt die Versteuerung der Privatnutzung nach der Fahrtenbuch- oder der 1%-Methode. In der Praxis sieht das vereinfacht wie folgt aus: Der Geschäftsführer einer GmbH erwirbt privat ein Fahrzeug und vermietet dieses an seine GmbH. Im Optimalfall berechnet er anhand eines repräsentativen Zeitraums einen privaten Nutzungsanteil und stellt anschließend nur den betrieblichen Teil der GmbH in Rechnung (z.B. 90% betrieblich – 10% privat).

Diese wiederum nutzt das Fahrzeug rein betrieblich und übernimmt entweder alle Kosten, wie zum Beispiel Wartung, Versicherung und Benzin oder diese werden anteilig vom Gesellschafter in Rechnung gestellt. Dadurch können die Kosten von der GmbH steuerlich geltend gemacht werden, während der Geschäftsführer gleichzeitig u.a. die steuerliche Abschreibung für das Fahrzeug vornehmen kann.

 

 

Vorteile des Modells

 

Auf den ersten Blick erscheinen die Vorteile dieses Modells offensichtlich. Die GmbH kann die gesamten Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben absetzen, ohne dass eine zusätzliche steuerliche Belastung durch die private Nutzung entsteht. Der Gesellschafter vermeidet die Versteuerung des geldwerten Vorteils, welcher bei der üblichen 1%-Regelung beträchtlich sein kann. Zudem bleibt ihm durch die private Abschreibung ein zusätzlicher steuerlicher Vorteil erhalten. Auch wäre ein etwaiger Verkauf im Privatvermögen steuerfrei, da §23 EStG lediglich zur Anwendung kommen könnte, weil es sich bei der Vermietung des Wagens um Einkünfte nach §22 Nr. 3 EStG handelt (keine gewerblichen Einkünfte und keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung). Somit wäre der Verkauf lediglich innerhalb eines Jahres nach Anschaffung noch steuerpflichtig („Gegenstand des täglichen Gebrauchs“). Dies ist ein lukrativer Vorteil gegenüber einer Anschaffung und Aktivierung im Betriebsvermögen der GmbH und kann je nach Wert eines Wagens große steuerliche Einsparungen erwirtschaften.

Umsatzsteuerrechtlich können auch steuerliche Vorteile behalten werden, wenn man auf die Kleinunternehmerregelung für die Vermietung des PKW verzichtet (u.a. Vorsteuerabzug für die Anschaffung, Vorsteuerabzug GmbH für die Mietzahlungen und die damit verbundenen Kosten).

Betrachtet man die Summe an steuerlichen Vorteilen, so müsste man sich ja hinterfragen, warum dies in der Praxis nicht viel häufiger vorkommt?

Trotz der zahlreichen steuerlichen Vorteile ist dieses Modell nicht ohne erhebliche Risiken und Aufwand verbunden, was jedoch häufig gar nicht genannt wird.

1. Vorbereitung für die anteilige Vermietung: Fahrtenbuch

Ein praxisnahes Problem stellt der private Nutzungsanteil dar. Um die betriebliche und die private Nutzung glaubhaft zu machen, müsste ein penibel geführtes Fahrtenbuch (zumindest kurzfristig) vorliegen, das jede Fahrt minutiös dokumentiert. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass das Führen eines solchen Fahrtenbuchs oft lücken- oder fehlerhaft ist, was zu erheblichen Problemen bei einer steuerlichen Prüfung führen kann. Ein repräsentativer Zeitraum könnte zwar auch anhand einer reinen Aufstellung erklärt werden, doch stellt sich auch hier die Frage wie genau diese geführt werden muss oder ob das Finanzamt dies dann überhaupt anerkennt? Gerade bei einer erheblichen steuerlichen Auswirkung, wie in diesem Modell, sollte doch schon ein höheres Maß an Nachweisen dargelegt werden, daher sollte auch die Aufstellung nicht nur eine grobe Darstellung von Fahrten beinhalten. Der Alltag zeigt, dass viele Unternehmer derartige Fahrten zu oberflächlich behandeln und sich einen viel zu niedrigen privaten Anteil berechnen, weshalb das Konstrukt bereits beim Einstieg gehörig ins Ungleichgewicht gerät und so die Argumentation erschweren könnte. Die Beweispflicht liegt hier auf der Seite des Antragsstellers.

2. Durchführung und Anpassung der zivilrechtlichen Verträge

Für die steuerliche Anerkennung des Modells ist es entscheidend, dass die Verträge zwischen GmbH und Gesellschafter den Maßstäben eines Geschäfts zwischen fremden Dritten entsprechen (sog. Fremdvergleich, H 21.4, EStH, H 4.8 EStH). Diese Verträge müssen nicht nur korrekt formuliert, sondern auch realitätsnah und konsequent durchgeführt werden. Da sich die betrieblichen Umstände jedoch oft unvorhersehbar ändern, müssen die Verträge regelmäßig, idealerweise jährlich, überprüft werden. Besonders die Fahrleistungen sind ein sensibler Punkt: Werkstattrechnungen, TÜV-Berichte und andere Dokumente können Hinweise darauf geben, ob die tatsächliche Nutzung noch mit der vertraglichen Vereinbarung übereinstimmt. Hier kann leicht Diskussionsbedarf mit der Finanzverwaltung entstehen, da Abweichungen schnell als steuerlich relevante Änderungen gewertet werden können. Gerade wenn die Höhe der privaten Nutzungsanteile infrage gestellt wird, besteht die Gefahr, dass die Finanzverwaltung zu hohe Mietzahlungen als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG einstuft.

3. Fremdüblichkeit und Marktvergleich

Ein weiteres zentrales Thema ist die Fremdüblichkeit der vereinbarten Mietkonditionen. In Beziehungen zwischen einer juristischen Person (z.B. einer GmbH) und ihren Gesellschaftern wird regelmäßig überprüft, ob die Konditionen so ausgestaltet sind, wie es auch unter fremden Dritten der Fall wäre (BFH Urteil vom 23.1.2008 -I R 8/06). In diesem Fall müsste die Höhe der Miete regelmäßig anhand von Marktwerten, z.B. durch den Vergleich mit Preisen großer Autovermietungen, überprüft werden (H 8.6 KStH „Nutzungsüberlassung“). Zwar ist dies technisch und auch praktisch möglich, stellt aber einen erheblichen Verwaltungsaufwand dar und ist nur ein weiterer Baustein im komplexen Gefüge dieses Steuermodells.

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Je teurer der Firmenwagen, desto größer ist potenziell die Steuerersparnis durch das vorgestellte Modell. Allerdings steigen parallel dazu auch die marktüblichen Mietpreise, die von der GmbH an den Gesellschafter gezahlt werden müssten. Hier stellt sich die berechtigte Frage: Warum sollte die GmbH hohe Mietzahlungen leisten, statt das Fahrzeug zu leasen oder direkt zu kaufen? Ein Leasing oder Kauf könnte, insbesondere bei regelmäßig genutzten Luxusfahrzeugen, ökonomisch sinnvoller sein.

Trotz dieser Überlegungen gibt es Szenarien, in denen die Vermietung eines privat beschafften Fahrzeugs an die eigene GmbH vorteilhaft sein kann. Ein zentrales Argument ist die Schonung der Liquidität der GmbH. Bei der Fahrzeugmiete werden die Zahlungen auf die Nutzungsdauer verteilt, ohne dass die GmbH eine hohe Einmalinvestition tätigen muss. Gerade in kapitalintensiven Phasen kann dies die Handlungsfähigkeit des Unternehmens erhalten.

Darüber hinaus bleiben bei der Vermietung eventuelle Abschreibungen und Wertverluste beim Gesellschafter, was eine flexiblere Steuerplanung ermöglicht. Dennoch bleibt der Aspekt der Fremdüblichkeit ein kritischer Punkt. Die Finanzverwaltung wird auf jeden Fall hinterfragen, warum die GmbH solch hohe Mietzahlungen akzeptiert, wenn ein vergleichbares Fahrzeug am Markt durch Leasing oder Kauf günstiger zu haben wäre. Hierauf muss man sich von Beginn an einstellen.

Zusätzlich zu dem Aspekt Anschaffung stellen auch die laufenden Kosten ein Problem dar, vor allem wenn das Fahrzeug nur anteilig vermietet wird. Wie schaut es z.B. mit den Kosten für Benzin aus? Werden die von der GmbH getragen und dem Gesellschafter anteilig in Rechnung gestellt? Bezahlt der Gesellschafter Sie privat und stellt monatliche Rechnungen der GmbH in Rechnung? Gerade bei fehlenden Weiterberechnungen von laufenden Kosten wird das Konstrukt wieder als fremdunüblich eingestuft. Auch hier wäre dies dann mit monatlichem zeitlichem Aufwand verbunden, den man nicht einfach so vernachlässigen sollte. Entstehen hier Fehler, ist das ganze Konstrukt in Gefahr. Eine unzureichende Marktprüfung oder die generelle Versagung der Fremdüblichkeit könnten ebenfalls schnell den Vorwurf einer verdeckten Gewinnausschüttung nach §8 Abs. 3 S.2 KStG nach sich ziehen und zu einer Korrektur seitens der Finanzverwaltung führen.

4. Umsatzsteuerliche Organschaft

Wenn ein beherrschender Gesellschafter sein privates Fahrzeug an seine GmbH vermietet, muss zusätzlich geprüft werden, ob eine umsatzsteuerliche Organschaft i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1 UStG vorliegt. Bei einer solchen Konstellation kann es passieren, dass die Umsätze zwischen dem Gesellschafter und der GmbH als Innenumsätze betrachtet und somit nicht umsatzsteuerlich erfasst werden. Diese Prüfung ist essenziell, da die Umsatzsteuerproblematik erhebliche Auswirkungen auf die steuerliche Gestaltung haben kann, mit der negativen Konsequenz, dass der beherrschende Gesellschafter als Organträger dann entsprechend die Umsatzsteuer der GmbH schuldet. Diese Haftungsfrage wäre einzubeziehen und abzuwägen.

5. Private Lebenssituation

Ein wichtiger Aspekt, der oft übersehen wird, ist die private Lebenssituation des Gesellschafters und wie diese das Steuermodell beeinflussen kann. Wenn andere Fahrzeuge im Privatvermögen vorhanden sind, müssen diese im Status und Gebrauchswert mit dem vermieteten Wagen übereinstimmen, um nicht den Verdacht zu erwecken, dass der vermietete Firmenwagen doch (umfangreicher) privat genutzt wird (vgl. Niedersächsisches FG Urteil vom 19.02.2020 – 9 K 104/19). Besitzt der Ehepartner einen eigenen Wagen? Gibt es Kinder im Haushalt, die eine Fahrerlaubnis besitzen und potenziell auf den Firmenwagen zugreifen könnten? Solche Faktoren können bei einer Betriebsprüfung schnell zu Diskussionen führen.

Private Fahrzeuge müssen darüber hinaus uneingeschränkt zur Nutzung des Gesellschafters bereitstehen (vgl. Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 20. März 2019 – 9 K 125/18). Sollte z.B. der Ehepartner auf den anderen privaten PKW angewiesen sein oder diesen nutzen müssen, ist das Argument, einen weiteren privaten PKW im Privatvermögen zu haben, hinfällig.

Die Finanzverwaltung könnte argumentieren, dass die vorhandenen privaten Fahrzeuge nicht ausreichen, um die Mobilitätsbedürfnisse abzudecken oder diese im Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar sind. Wenn der vermietete Firmenwagen eine deutlich höhere Qualität oder einen höheren Gebrauchswert als die privaten Fahrzeuge hat, entsteht der Verdacht, dass das Modell primär zur Steueroptimierung genutzt wird, anstatt die betriebliche Notwendigkeit im Vordergrund zu haben.

6. Die Akzeptanz der Finanzverwaltung und entsprechende Kosten

Das Sprichwort „Zeit ist Geld“ beschreibt dieses Steuersparmodell präzise wie kaum ein anderes, denn es erfordert nicht nur umfangreiche Planung und Dokumentation, sondern auch einen erheblichen Zeitaufwand. Jeder kleine Baustein muss korrekt zusammengeführt werden, um das Modell gegenüber der Finanzverwaltung erfolgreich zu verteidigen. Kommt es zu einer Betriebsprüfung, sollte man sich auf intensive Diskussionen und Sachverhaltsermittlungen einstellen. Selbst mit Unterstützung durch Steuerberater bedeutet dies oft hohe Kosten, insbesondere wenn das Modell vor dem Finanzgericht verteidigt werden muss.

Ein besonderes Risiko besteht darin, dass die Finanzverwaltung dieses Modell als fragwürdig einstuft. Zwar liegt m.E. vom Grundsatz her keine missbräuchliche Steuergestaltung nach § 42 AO vor, da es auch außersteuerliche Gründe (z.B. mögliche höhere Liquidation) für dieses Modell gibt und das reine Motiv, Steuern zu sparen, eine rechtliche Gestaltung noch nicht unangemessen macht (vgl. BFH Urteil vom 21. Juli 1994 – V R 102/92 NV), doch kleinste Fehler oder Unstimmigkeiten können dazu führen, dass die gesamte Konstruktion ins Wanken gerät. Ob die außersteuerlichen Gründe beachtlich sind (wichtige Voraussetzung für die Versagung von §42 AO), ist je nach Einzelfall zu entscheiden, da es hier auf individuelle Umstände ankommt. Passen einzelne Bausteine nicht ins Gesamtbild werden sich viele Prüfer genau hierauf beziehen und ein längerer Prozess ist vorprogrammiert.

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Werbebanner Semitax 2Da solche Modelle stark einzelfallabhängig sind, gibt es keine Garantie für den Erfolg vor Gericht, was die finanzielle Unsicherheit erhöht. Steuerberater spielen zwar eine wichtige Rolle bei der Begleitung solcher Prüfungen, aber auch ihre Dienste sind kostspielig. Hinzu kommen oft notwendige Rücksprachen mit dem Mandanten, was Zeit und Geld in Anspruch nimmt. Die Implementierung eines solchen Modells wird zusätzlich auch nicht unerheblich in den Rechnungen vom Steuerberater enthalten sein. Auch diese Kosten sollte man miteinbeziehen.

 

Fazit Ein schmaler Grat zwischen Steuervorteil und Risiko:

 

Ja, das Modell kann in bestimmten Fällen funktionieren und bietet durchaus Potenzial zur Steueroptimierung (eher bei Luxuswagen bzw. finanzstärkeren Unternehmen). Es ist daher keine Floskel, sondern es bestehen in der Tat steuerliche Vorteile. In der Praxis ist es jedoch gerade für den Regelunternehmer selten wirklich umsetzbar, da es mit zahlreichen Hürden, Diskussionen und einem hohen zeitlichen Aufwand verbunden ist. Selbst wenn alle Faktoren und Details berücksichtigt werden, bleibt immer ein Restrisiko bestehen, dass das Modell bei einer Betriebsprüfung versagt wird.

Oft sind es kleine Fehler oder unvorhersehbare Umstände, die das Konstrukt zum Scheitern bringen können. Es bleibt daher festzuhalten: Theoretisch möglich, praktisch jedoch häufig problematisch und durchaus fehleranfällig. Wie so oft im Steuerrecht oder wie sehen Sie das?

 

30.08.2024 - Daniel Eilenbrock

Unterschrift - Daniel Eilenbrock

 

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