Was treibt mittelfristig den Platin- und Palladiumpreis?
Substitution von Palladium durch Platin könnte beide Märkte neu ordnen
Die weiterhin sehr hohe Preisdifferenz zwischen Palladium und Platin hält den Substitutionsdruck zugunsten von Platin hoch. Limitierende Faktoren wie industrielle Beschränkungen dürften mittelfristig abgebaut werden, was zu einer stärkeren Substitution und damit zu einem nachlassenden Aufwärtsdruck bei Palladium führen dürfte. Mittelfristig entscheidend dürfte hingegen das Tempo hin zum Ausbau der Elektromobilität werden.
Wenn der Marktpreis eine wichtige Funktion hat, dann vor allem jene, die Pläne von Angebot und Nachfrage mengenmäßig über den Preis auszugleichen.
Was eine extreme Divergenz von Marktpreisen zweier Güter bei ähnlichem Nutzen zur Folge hat, dürfte auch für das Verhältnis von Palladium zu Platin gelten.
Ein Blick auf Chart 1 zeigt die extreme Divergenz der Preise von Platin und Palladium seit ,,Dieselgate‘‘ im Jahr 2015, was zu einer höheren Palladium-Nachfrage bei gleichzeitig sinkender Platinnachfrage der Autoindustrie führte, denn rund 85 % des Palladiums werden für Katalysatoren bei Benzin-Fahrzeugen verbraucht. Vor allem in Dieselfahrzeugen wird dagegen das Schwestermetall Platin eingesetzt.
Diese Divergenz bietet nun schon seit Jahren sehr starke Substitutions-Anreize, die aufgrund technischer Beschränkungen allerdings nur zeitverzögert sichtbar werden.
Das Palladiumangebot, was fast ausschließlich aus Südafrika und Russland stammt, konnte mit dem enormen Nachfragezuwachs nicht schritthalten und führte zu dem chronischen Angebotsdefizit in einem Markt mit vielen relativ preisunelastischen Nachfragern.
Die Anreize zur Substitution des Palladiums durch das viel billigere Platin sind bereits in eine industrielle Nutzungsphase eingetreten.
Vorangetrieben wird die stärkere Verwendung von Platin durch die ,,Tri-Metal Catalyst‘‘-Technologie von BASF, das Autokatalysatoren herstellt. Die Technologie ermöglicht eine teilweise Substitution von Palladium durch Platin und wird ab 2022 und 2023 in kleineren Fahrzeugen eingeführt.
Diese Rückkehr von Platin in Benzin-Motoren dürfte mittelfristig den Nachfragedruck und die geringe Preiselastizität der Palladiumnachfrage senken und damit auch den Aufwärtsdruck auf den Palladiumpreis verringern, von dem die Rallye der letzten Jahre wesentlich getrieben wurde.
Gleichwohl könnten kurzfristige Störungen im Angebot den Preis von Palladium auch nochmals über die Marke von 3.000 steigen.
Vielleicht führt ja auch ein Blick zurück in die ,,Beziehungs-Geschichte‘‘ der Geschwister Palladium und Platin weiter.
Denn dieser zeigt bis zur ersten großen Technologieblase, die im März 2000 ihren Höhepunkt erreichte, ebenfalls eine deutliche Outperformance von Palladium auf. Auffällig aber ist, dass der Absturzwinkel in etwa dem Aufstiegswinkel entsprach.
Selbst wenn man also den genauen Zeitpunkt einer Angleichung nicht kennt, so könnte man vor diesem Hintergrund vermuten, dass eine finale Angleichung durch einen stärkeren Rückgang von Palladium geschieht, der sich durch den Bruch steiler Aufwärtstrend-Linien realisiert.
Und was ist das Fazit?
Wann dieser Kipp-Punkt erreicht ist, hängt nicht zuletzt von Geschwindigkeit und Ausmaß der Substitution von Palladium durch Platin, aber auch von der Geschwindigkeit des Wechsels auf Elektrofahrzeuge ab. Nach einer Analyse von Bloomberg NEF wird der globale Anteil von Elektroautos an den gesamten Autoverkäufen von 4,3 % im Jahr 2020 auf rund 33 % im Jahr 2030 steigen. Bereits deutlich früher dürfte aber die sinkende Nachfrage nach fossilen Brennstoffen auf die Palladium- wie auch Platinnachfrage drücken.
13.08.2021 - Arndt Kümpel
Auf Twitter teilen Auf Facebook teilen
Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur
Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)