Polnische Notenbank plant deutliche Aufstockung ihrer Goldreserven
Polnische Goldreserven als Stabilitätsanker für kommende Turbulenzen
Die polnische Notenbank plant nach den jüngsten Ankündigungen ihres Gouverneurs, im kommenden Jahr ihre Goldreserven um mehr als 40 % aufzustocken. Die Gründe für dieses Vorhaben sind hochplausibel und weitsichtig. Es dürfte den strategischen Handlungsspielraum Polens in Spannungs- und Krisensituationen deutlich erhöhen. Ein Blick auf das relative Gewicht der Goldreserven Polens zeigt ebenfalls deutlichen Nachholbedarf.
Man kann annehmen, dass Adam Glapinski, der Gouverneur der polnischen Zentralbank, gute Gründe hatte, als er zuletzt ankündigte, dass die polnische Notenbank im Jahr 2022 100 Tonnen Gold kaufen könnte.
Diese Richtungsentscheidung passt dabei nicht nur zu dem Goldkaufverhalten der polnischen Zentralbank in den vergangenen Jahren, zu der auch die Rückführung eines großen Teiles von in ausländischen Lagerstätten verwahrten polnischen Goldes gehörte. Es passt auch zur Verschiebung von fundamentalen Risiken, auf die eine Notenbank reagieren muss, und diese haben viel mit einem makroökonomischen und geldpolitischen Umfeld zu tun, das die polnische Zentralbank kaum beeinflussen kann.
Dazu gehört etwa die Geldpolitik der EZB, auf deren Ausgestaltung Polen kaum Einfluss hat, aber deren Effekte Polen bei seiner Geldpolitik beachten muss, da es ein wichtiger Kontextfaktor des Außenwertes des polnischen Zloty ist.
Darauf haben wir zuletzt in unserem Beitrag ,,Polnischer Zloty unter erhöhtem strukturellen Abwertungsstress‘‘ vom 20.09.2021 hingewiesen.
Denn sollte der Außenwert des polnischen Zloty deutlich fallen, ist mit einer Welle importierter Inflation zu rechnen, bei der der Druck zu Zinserhöhungen deutlich steigen würde. Und egal, in welche Richtung der Nettoeffekt aus Zloty-Abwertung und Zinserhöhung aussähe, was auf jeden Fall leiden würde wäre die makroökonomische Stabilität Polens.
Vor diesem beispielhaften Hintergrund erscheint die polnische Goldpolitik hochplausibel. Hinzu kommt, dass in Polen auch große Silberlagerstätten liegen, die dem Land einen signifikanten Handlungsspielraum in Bezug auf seine Edelmetallreserven bieten, nachdem in den vergangenen Jahrzehnten fast keine Notenbank mehr Silberreserven hält.
Zuletzt hatten die Goldreserven Polens offiziell einen Umfang von 230,2 Tonnen. Etwas weniger als die Hälfte dieses Goldes (104,9 Tonnen) lagert inzwischen im Inland, der andere Teil wird immer noch schwerpunktmäßig bei der Bank von England aufbewahrt.
Glapinski betonte zuletzt auch, dass Gold der ,,beste Bestandteil der Währungsreserven‘‘ sei. Er diversifiziere geopolitische Risiken und sei eine Art Vertrauensanker, gerade in Zeiten von Spannungen und Krisen.
Und Krisenpotenzial, geopolitisch oder makroökonomisch, gibt es genug. Seien es die sich verschärfenden Spannungen mit Russland oder aber die Auswirkungen der Entwicklung in China. Hinzu kommt, dass auch ein Blick nach Westen von Warschau aus einige Sorgenfalten in die Stirn treibt. Denn auch wenn an der Oberfläche der EZB-Politik derzeit wenig ,,politischer Wind‘‘ weht, so dürften Glapinski die ,,inneren Zielkonflikte‘‘ der EZB-Geldpolitik nicht verborgen geblieben sein.
Damit befindet sich Glapinski in guter Gesellschaft. Denn wie der World Gold Council in einem Beitrag Anfang September 2021 hinwies, erfüllt Gold in mehreren wahrscheinlichen Szenarien seiner Geldpolitik genau die Funktion, die Glapinksi so schätzt.
Denn zum einen ist eine angemessene Zinserhöhung bei steigender und nicht mehr nur ,,vorübergehend‘‘ höherer Inflationsrate, weiter unwahrscheinlich, was die Realzinsen senkt und den relativen Vorteil für Gold erhöht.
Dabei spielen die Nebenwirkungen der geldpolitischen Reaktionen der EZB-Geldpolitik auch eine Rolle, denn der starke Anstieg der Staatsverschuldung könnte das Vertrauen in die Werthaltigkeit der entsprechenden Staatsanleihen unterminieren. Ganz zu schweigen von den Auswirkungen platzender Bewertungsblasen am Aktien- und Anleihemarkt.
Und was ist das Fazit?
Die jüngsten Ankündigungen der polnischen Notenbank, ihre Goldreserven im kommenden Jahr um mehr als 40 % zu erhöhen, kann als weiteres Anzeichen dafür gewertet werden, dass sich Polen auf einen ,,großen Sturm‘‘ vorbereitet. Im Sommer 2021 betrug der Anteil von Gold an den gesamten Gold- und Devisenreserven Polens 8,3 % (Stand April 2021), der entsprechende Anteil lag für Deutschland bei 75 %, für die Niederlande bei 67,8 %, für Frankreich bei 65,1 % und für das überschuldete Italien bei 69,5 %. Dagegen lag der Anteil von Gold an den gesamten Reserven in Russland bei 22,1 %, in Ungarn bei 14,7 %, in der Slowakei bei 19,6 % und für China bei 3,3 %. Vielleicht hatte sich der polnische Notenbank-Gouverneur einfach nur an die guten Gründe der anderen Notenbanken erinnert, die ihre Goldbestände zuvor deutlich aufgestockt hatten.
05.10.2021 - Arndt Kümpel
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