als .pdf Datei herunterladen

Erschütterung des Anscheinsbeweises: Private Fahrzeugnutzung und Unangemessenheit von Aufwendungen

BFH, Urteil v. 22.10.2024, VIII R 12/21 (veröffentlicht am 19.12.2024)

NTG24 - Erschütterung des Anscheinsbeweises: Private Fahrzeugnutzung und Unangemessenheit von Aufwendungen

 

Die private Nutzung betrieblicher Fahrzeuge unterliegt der Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG, wonach die Nutzung pauschal mit 1 % des inländischen Listenpreises angesetzt wird. Alternativ kann der Steuerpflichtige die tatsächlichen Kosten für private Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachweisen. Liegt keine private Nutzung vor, greift die Regelung nicht. Der Nachweis hierfür obliegt dem Steuerpflichtigen, der den Anscheinsbeweis für eine private Nutzung widerlegen muss.

 

Sachverhalt: Streit um private Nutzung und unangemessene Aufwendungen

 

Anzeige:

Werbebanner Semitax 2Ein Prüfsachverständiger hatte zwei betriebliche Fahrzeuge geleast – einen BMW 740d X Drive und einen Lamborghini Aventador – und machte deren Kosten vollständig als Betriebsausgaben geltend. Parallel verfügte er privat über mehrere Luxusfahrzeuge. Das Finanzamt sah die private Nutzung der Fahrzeuge als gegeben und kürzte die Betriebsausgaben für den Lamborghini wegen Unangemessenheit um zwei Drittel. Die Fahrtenbücher des Klägers wurden als unleserlich verworfen.

 

BFH: Fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzgericht

 

Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts (FG) auf, das den Anscheinsbeweis für die private Nutzung nicht als erschüttert ansah. Nach Auffassung des BFH hat das FG den Sachverhalt unzureichend geprüft und die gesetzlichen Maßstäbe verkannt.

1. Erschütterung des Anscheinsbeweises

Der BFH stellte klar, dass ein Anscheinsbeweis durch substantiierten Vortrag widerlegt werden kann. Die Behauptung des Klägers, die Fahrzeuge seien ausschließlich betrieblich genutzt worden, hätte das FG durch umfassende Sachverhaltsaufklärung prüfen müssen. Die handschriftlichen Fahrtenbücher und Transkripte hätten inhaltlich gewürdigt werden müssen, auch wenn sie formelle Mängel aufweisen.

2. Vergleich mit privaten Fahrzeugen

Das FG hatte argumentiert, die im Privatvermögen befindlichen Fahrzeuge unterschieden sich in Prestige und Nutzungsmöglichkeiten von den betrieblichen Fahrzeugen. Der BFH rügte diese Einschätzung als unbelegt. Kriterien wie Motorleistung, Ausstattung und Prestige hätten konkret geprüft werden müssen.

3. Unangemessenheit der Aufwendungen

Der BFH forderte das FG auf, die Unangemessenheit der Aufwendungen für den Lamborghini präziser zu prüfen. Maßgeblich seien die Unternehmensgröße, Umsatz, Gewinn und die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg. Die Werbefunktion des Fahrzeugs durch eine spezielle Folierung sei ebenfalls in die Bewertung einzubeziehen.

 

Bedeutung für die Praxis

 

Die Entscheidung des BFH verdeutlicht die Anforderungen an die Erschütterung des Anscheinsbeweises und die Prüfung der Unangemessenheit von Aufwendungen. Unternehmer sollten bei der Nutzung betrieblicher Fahrzeuge:

1. Substantiiert dokumentieren, wie und zu welchem Zweck die Fahrzeuge genutzt werden.

2. Fahrtenbücher sorgfältig führen, auch wenn formale Mängel den Anscheinsbeweis nicht automatisch bestätigen.

3. Vergleichbare Privatfahrzeuge darlegen, um den Anscheinsbeweis zu widerlegen.

4. Repräsentationsaufwand plausibel begründen, insbesondere bei hochpreisigen Fahrzeugen.

Das Urteil zeigt, dass der Anscheinsbeweis nicht leichtfertig angenommen werden darf und eine differenzierte Einzelfallprüfung erforderlich ist.

 

31.01.2025 - Daniel Eilenbrock

Unterschrift - Daniel Eilenbrock

 

Auf Twitter teilen     Auf Facebook teilen




Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur


Bitte geben Sie die Anzahl der unten gezeigten Eurozeichen in das Feld ein.
>

 



 

 

Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)