BFH nimmt Stellung: Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes:
BFH-Urteil vom 23.01.2024 - IX R 14/23
Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes ist ein zentraler Faktor bei der steuerlichen Bewertung und Abschreibung von Immobilien. Sie beeinflusst die Höhe der Absetzungen für Abnutzung (AfA) und kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben. Dieser Artikel beleuchtet die gesetzlichen Grundlagen, aktuelle Rechtsprechungen und deren praktische Bedeutung für Immobilienbesitzer und Steuerberater.
Absetzung für Abnutzung (AfA)
Die AfA ist ein steuerlicher Mechanismus, der es Eigentümern ermöglicht, die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes über dessen Nutzungsdauer abzuschreiben. Gemäß § 7 Abs. 4 Satz 1 EStG werden feste Prozentsätze für die Abschreibung angesetzt, die eine typisierte Nutzungsdauer zugrunde legen. Diese Prozentsätze reflektieren jedoch nicht immer die tatsächliche Nutzungsdauer eines Gebäudes.
Tatsächliche Nutzungsdauer gemäß § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG
Nach § 7 Abs. 4 Satz 2 EStG kann ein Steuerpflichtiger eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer geltend machen, wenn diese nachweislich von der typisierten Nutzungsdauer abweicht. Der Nachweis kann durch ein Sachverständigengutachten erbracht werden, das die maßgeblichen Determinanten wie technischen Verschleiß und wirtschaftliche Entwertung berücksichtigt.
Aktuelles Urteil des BFH
Die Klägerin hatte ein Bürogebäude mit Betriebswohnungen und einer Lagerhalle geerbt und vermietete das Grundstück. Das Finanzamt erkannte zunächst die von der Klägerin geltend gemachte kürzere Nutzungsdauer und die entsprechenden AfA an. Später wurde jedoch ein geänderter Bescheid erlassen, der die AfA auf den typisierten festen Satz von 2 % festlegte, was einer Nutzungsdauer von 50 Jahren entspricht.
#Gerichtliches Verfahren
Die Klägerin begehrte vor dem Finanzgericht, die AfA nach einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 19 Jahren vorzunehmen, basierend auf einem Gutachten eines öffentlich bestellten Sachverständigen. Dieses Gutachten, erstellt gemäß der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV), bestätigte eine gewichtete Restnutzungsdauer von 19 Jahren für die Gebäude. Das Finanzgericht gab der Klage statt und erkannte die kürzere Nutzungsdauer an.
#Entscheidung des BFH
Der BFH bestätigte die Entscheidung des Finanzgerichts, dass die AfA auf Grundlage einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 19 Jahren zulässig sei. Der BFH betonte, dass Steuerpflichtige jede sachverständige Methode nutzen können, um eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer nachzuweisen, solange die Methode die maßgeblichen Determinanten der Nutzungsdauer berücksichtigt
Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil erweitert die Möglichkeiten für Steuerpflichtige, kürzere Nutzungsdauern bei Immobilien geltend zu machen. Der BFH widersprach damit teilweise den strikten Vorgaben der Finanzverwaltung, die hohe Anforderungen an den Nachweis einer solchen kürzeren Nutzungsdauer stellt. Durch die Anerkennung der sachverständigen Ermittlung gemäß der ImmoWertV als geeignete Methode, wird den Steuerpflichtigen größere Flexibilität eingeräumt.
Besonderheiten bei Garagen
Steuerliche Abschreibung von Garagen
Garagen, als eigenständige Bauwerke oder als Teil eines Wohn- oder Geschäftsgebäudes, unterliegen ebenfalls den Regelungen der AfA. Jedoch gibt es Besonderheiten bei der Bewertung ihrer Restnutzungsdauer und den daraus resultierenden Abschreibungsmöglichkeiten.
Praktische Beispiele
Bei der Festlegung der Restnutzungsdauer von Garagen sind spezifische Faktoren wie der bauliche Zustand, die Qualität der Bauausführung, und die Nutzungshäufigkeit zu berücksichtigen. Ein gutachterlicher Nachweis kann helfen, eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer zu belegen und somit eine höhere jährliche AfA zu ermöglichen.
Auswirkungen des BFH-Urteils
Das Urteil des BFH vom 23. Januar 2024 schafft auch hier Klarheit: Für Garagen kann, ähnlich wie bei Wohn- und Geschäftsgebäuden, eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer durch sachverständige Gutachten nachgewiesen werden. Dies bedeutet, dass auch bei Garagen die AfA auf Grundlage einer realistischeren Nutzungsdauer berechnet werden kann, was zu steuerlichen Vorteilen führen kann.
Fazit
Die Restnutzungsdauer eines Gebäudes spielt eine entscheidende Rolle bei der steuerlichen Abschreibung und kann erheblich beeinflussen, wie viel ein Eigentümer jährlich abschreiben kann. Das BFH-Urteil vom 23. Januar 2024 bietet Steuerpflichtigen größere Freiheiten und Möglichkeiten, durch sachverständige Gutachten eine kürzere tatsächliche Nutzungsdauer nachzuweisen. Dies gilt nicht nur für Wohn- und Geschäftsgebäude, sondern auch für Garagen, die in die Gesamtbetrachtung der Immobilienbewertung einbezogen werden sollten.
28.06.2024 - Daniel Eilenbrock
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