Pauschale Sachentnahmen: Keine Schätzungsbefugnis bei Non-Food-Artikeln
Ein wegweisendes Urteil des BFH zur steuerlichen Behandlung von Non-Food-Artikeln
Die steuerliche Handhabung unentgeltlicher Wertabgaben steht seit Jahren im Fokus, insbesondere bei der Frage, inwieweit pauschale Verbuchungen auch Non-Food-Artikel umfassen können. Mit seinem Urteil vom 16. September 2024 (III R 28/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) Klarheit geschaffen und die Rechtssicherheit für Unternehmer erhöht.
Hintergrund: Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) veröffentlicht jährlich Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben, auch als Sachentnahmen bezeichnet. Diese Beträge ermöglichen es Unternehmen, Warenentnahmen aus ihrem Sortiment pauschal und ohne Einzelaufzeichnungen zu erfassen. Diese Regelung dient der Verwaltungsvereinfachung, da Einzelaufzeichnungen bei einer Vielzahl von Entnahmen oft unverhältnismäßig aufwendig sind.
Die Pauschbeträge basieren auf den durchschnittlichen Verbrauchswerten privater Haushalte, die vom Statistischen Bundesamt ermittelt werden. Besonders relevant sind sie für Gewerbezweige wie „Nahrungs- und Genussmittel“, wo Warenentnahmen häufig auftreten. Bislang war jedoch unklar, ob diese Pauschbeträge auch Non-Food-Artikel umfassen.
Der Streitfall: Ein Unternehmer im Fokus der Steuerprüfung
Im konkreten Fall führte ein Unternehmer zwei Supermärkte, deren Sortiment neben Lebensmitteln und Getränken auch Non-Food-Artikel wie Hygieneprodukte, Schreibwaren und Bücher umfasste. Diese Artikel machten etwa 10 % des Gesamtwarensortiments aus. Der Unternehmer nutzte die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben und führte keine gesonderten Aufzeichnungen über die Entnahmen aus dem Non-Food-Segment.
Im Rahmen einer Außenprüfung stellte das Finanzamt jedoch infrage, ob die Pauschbeträge auch Non-Food-Artikel abdecken. Es forderte eine zusätzliche Hinzuschätzung für die Entnahmen dieser Artikel, da die Pauschbeträge nach Auffassung der Prüfer ausschließlich für Lebensmittel und Getränke gelten sollten.
Entscheidung des FG Münster: Keine Hinzuschätzung
Das Finanzgericht Münster (FG Münster) widersprach der Auffassung des Finanzamts. In seinem Urteil vom 29. April 2022 stellte es klar, dass die vom BMF veröffentlichten Pauschbeträge auch Entnahmen von Non-Food-Artikeln abdecken können, sofern der Gewerbezweig in die Kategorie „Nahrungs- und Genussmittel“ fällt. Eine zusätzliche Hinzurechnung sei daher nicht erforderlich.
BFH bestätigt: Keine zusätzlichen Aufzeichnungspflichten
Der BFH bestätigte die Entscheidung des FG Münster. Die Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben entbinden Unternehmer von der Pflicht, zusätzliche Entnahmeaufzeichnungen zu führen, wenn diese Pauschbeträge korrekt angewendet werden. Dies gilt auch dann, wenn das Sortiment Non-Food-Artikel umfasst, die regelmäßig entnommen werden.
Das Gericht betonte, dass die Pauschbeträge auf Erfahrungswerten basieren und eine pauschale Erfassung rechtfertigen. Eine Hinzuschätzung würde dem Grundgedanken der Vereinfachung widersprechen.
Auswirkungen für die Praxis
Das Urteil schafft Rechtssicherheit für Unternehmen mit gemischtem Warensortiment, insbesondere für Supermärkte und andere Einzelhändler. Es stellt klar, dass die Pauschbeträge auch Non-Food-Artikel umfassen können, sofern die Kategorie „Nahrungs- und Genussmittel“ zutrifft.
Allerdings sind Unternehmer gut beraten, die geänderten Regelungen des BMF seit 2023 zu beachten. Seitdem ist ausdrücklich festgelegt, dass Non-Food-Artikel, die nicht in die Pauschbeträge fallen, einzeln aufgezeichnet werden müssen. Eine pauschale Erfassung ist für diese Artikel nicht mehr zulässig.
Dieses Urteil zeigt, wie wichtig die korrekte Anwendung der BMF-Schreiben sowie die Dokumentation der Warensortimente ist, um potenzielle Konflikte bei Außenprüfungen zu vermeiden.
11.12.2024 - Daniel Eilenbrock
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