Silber-Elefant Fresnillo könnte bald interessant werden
Weltweit größter Silberproduzent unter der Chart-Lupe
Die nach der gestrigen US-Notenbanksitzung wahrscheinlicher gewordene zügige Straffung der US-Geldpolitik hat den US-Dollar deutlich gestärkt. Ein genauerer Blick auf die Begründung und den ,,Politikpfad‘‘ für 2022 offenbart allerdings bedeutende Risiken für eine Umsetzung dieser Politik. Dies könnte mittelfristig Silber und den Silberminenaktien zusätzliche Attraktivität verleihen. Ein Blick auf die charttechnische Musterlage von Fresnillo zeigt zudem, dass die Aktie vor einer fraktalen Bodenbildung stehen könnte. Wir nehmen den Titel deshalb heute in unsere Watchlist für das Themendepot Edelmetalle auf.
Nach der gestrigen Pressekonferenz von US-Notenbankchef Powell kamen die Märkte zu der Auffassung, dass es die US-Notenbank mit der Straffung der Geldpolitik ernster meint als bislang von einigen angenommen. Das Ergebnis: Ein ,,Catch up‘‘ beim US-Dollar. Der starke US-Dollar drückte vor allem auf den Gold- und Silberpreis, während Palladium und Platin von den Sanktionsrisiken gegenüber dem Palladiumoligopolisten Russland nach oben getrieben wurden.
Inflationssorgen schienen in diesem Moment für den Silberpreis weniger eine Rolle zu spielen als der starke US-Dollar. Was Notenbankchef Powell jedoch in der gestrigen Pressekonferenz auch betonte, ist die weiterhin bestehende Datenabhängigkeit der Entscheidungen der US-Notenbank. Sollte es also im breiten Datenkranz Daten geben, welche eine langsamere als nun antizipierte Straffung der US-Geldpolitik angebracht erscheinen lassen, könne man jederzeit von dem Entscheidungspfad abweichen, welcher gestern im Rahmen des ,,Erwartungsmanagements‘‘ der Notenbank geschaffen wurde. Dessen Bedeutung betonte der Notenbankchef übrigens ebenfalls, auch wenn die ,,Forward Guidance‘‘ nicht explizit betont wurde.
Was bedeutet dies nun für den Silberpreis?
Obwohl Silber historisch überproportional auf eine Änderung der Inflationsraten reagiert, fiel es gestern im Zuge des stärkeren US-Dollars. Man könnte dies auch so interpretieren, dass die Märkte an einen Erfolg der US-Geldpolitik glauben und aufgrund zu erwartender sinkender Inflationsraten auch die diesbezügliche Schutzfunktion von Silber weniger relevant wird.
Aber so weit sind wir noch nicht. Denn der Grund für die stark steigende Inflationsrate ist primär ein Angebotsproblem! Und wie der Transmissionsmechanismus einer Zinserhöhung bezüglich eines Verladestaus an einem Seehafen ist, bleibt einstweilen ungewiss.
Dies bedeutet aber auch, dass sich mit Zinserhöhungen und einem Bilanzabbau seitens der Notenbank der aus dem knappen Angebot bei anhaltend gestörten Lieferketten der Preisdruck nicht wirklich beheben lässt.
Daraus kann man nun aber schlussfolgern, dass die Inflation bei Zinserhöhung langsamer sinkt (wenn überhaupt) als von der US-Notenbank angenommen. Dies impliziert, dass sie die Zinsen deutlich stärker anheben könnte, wenn sie nicht von einer US-Rezession in ihrem Datenkranz gestoppt wird.
Auf der gestrigen Pressekonferenz ließ sich Power auch über die großen Härten der hohen Inflation bei den Geringverdienern aus. Die niedrige Partizipationsquote am US-Arbeitsmarkt ist eine wichtige Kenngröße, sagt aber eben noch nichts darüber aus, warum jemand aus dieser Statistik fällt. Die staatlichen Geldtransfers im Rahmen der Abfederung der makroökonomischen Schocks in der Corona-Pandemie dürften eine Rolle gespielt haben. Allerdings war die Partizipationsquote am US-Arbeitsmarkt bereits lange vor Beginn der Corona-Pandemie rückläufig. Wie aussagekräftig ist diese Kennzahl also? Daraus auf einen robusten Arbeitsmarkt zu schließen wie derzeit ist zumindest zu hinterfragen. Ersetzt der Staat bei einer neuen Rezession wegfallendes Arbeitseinkommen wieder überkompensatorisch durch staatliche Transferzahlungen, dürfte die Partizipationsquote kaum steigen, das reale BIP der USA aber auch nicht, da die nicht vorhandene inländische Produktion dann durch Importe ausgeglichen wird, das BIP verringern. Wie gut, dass die USA dann einen starken US-Dollar haben, der die Importpreise drückt.
Per saldo lässt sich also vermuten, dass der Prognosenebel der US-Notenbank anhaltend hoch ist, sie jedoch ihre Glaubwürdigkeit erhalten muss und im Rahmen dieses ,,Reputationsmanagements‘‘ die Zinsen anhebt. Ob FED-Chef Powell allerdings kurz nach seiner Amtsverlängerung die Zinserhöhungen überzieht, obwohl er auch obige Zusammenhänge kennt, ist unwahrscheinlich.
Dies bedeutet im Ergebnis, dass er tendenziell eine höhere Inflationsrate toleriert. Damit sinkt der Realzins weiter und die Inflation ist nicht nur eine gefühlte, sondern eine reale Gefahr für Realeinkommen und Realvermögen.
Und plötzlich ist Silber wieder da, und mit ihm das Potenzial der Silberproduzenten wie Fresnillo (GB00B2QPKJ12).
Das Unternehmen ist der weltgrößte Silberproduzent. Im Jahr 2020 wurden rund 50 Mio. Unzen Silber gefördert, und gerade hat das mexikanische Unternehmen seine Produktionszahlen für 2021 kommuniziert. Danach belief sich die Produktion 2021 auf 53,01 Mio. Unzen Silber, ein minimaler Zuwachs gegenüber dem Jahr 2020 von 0,1 %.
Für 2022 erwartet das Unternehmen eine Silberproduktion zwischen 50,5 Mio. Unzen und 56,5 Mio. Unzen Silber und sieht anhaltende operative Herausforderungen aufgrund der Corona-Auflagen, aber auch abnehmender Silbererz-Gehalte. Die Aktie fällt heute in London um aktuell 4,19 % auf 659 GBP.
Gleichwohl sendet der Preischart von Fresnillo strukturelle Signale, die vermuten lassen, dass sich die Aktie auf Tiefstkurs-Basis oberhalb des Corona-Crashtiefs von 456,6 GBP und auf Monatsschlusskurs-Basis oberhalb von 536,80 GBP, dem Monatsschluss vom November 2019, halten und einen Boden bilden kann.
Denn hier wird vermutet, dass es sich bei der aktuellen Abwärtsbewegung von Frensillo um eine jene in einem fraktalen Konsolidierungsmuster handelt, bei dem das Tief auf kleiner (selbstähnlicher) Skale nicht mehr unter dem Tief auf größerer Skale liegt. Das Tief auf größerer Skale entspricht dem Monatstief vom März 2020 bei 456,60 GBP. Ein Indikator für diese Hypothese wäre eine (selbst-) ähnliche Bodenbildung auf kleinerer Skale. Dabei sollte es zu einer gleichartigen Impulsdynamik kommen wie auf größerer Ebene, bei der ebenfalls das nun zu bildende neue Tief nicht mehr unterschritten wird.
Der Preisbereich zwischen blauer und roter Unterstützungslinie in Chart 2 ist dabei besonders interessant, da darin ein musterbestätigendes Tief liegen müsste. Ein Absturz darunter würde die obige Mustervermutung dagegen falsifizieren.
Und was ist das Fazit?
Die gestern aktualisierte Ausrichtung der US-Geldpolitik führt zu einem neuen Abwärtsimpuls für Silber und die Silberminenaktien. Mustertechnisch spricht allerdings einiges dafür, dass im Zuge dessen keine neuen Zyklustiefs erreicht werden.
Folgt man dieser Mustervermutung, ergibt sich sowohl für den Silberpreis und für Silberminenaktien in den kommenden Wochen ein guter Einstiegszeitpunkt. Konjunkturelle und geopolitische Turbulenzen könnten dabei einen echten Stresstest für obige Mustervermutung darstellen, weshalb die Bedeutung von Stoppkursen für das Risikomanagement nicht unterschätzt werden sollte. Gleichwohl nehmen wir die Aktie von Fresnillo aufgrund obiger Ausführungen in unsere Watchlist für das Themendepot Edelmetalle auf.
27.01.2022 - Arndt Kümpel
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