Nach langem Warten präsentiert Steinhoff eine Lösung für das Schuldenproblem, mit der Anleger nicht glücklich sein können
Besser als nichts?
Es ist knapp ein Jahr, dass Steinhoff endlich eine Einigung mit den Gläubigern erzielen, die Insolvenz abwenden und damit für neue Hoffnung bei den Anlegern sorgen konnte. Zumindest einige setzten bis zuletzt auf ein großes Comeback. Im Wege steht dem bisher ein enormer Schuldenberg, der das Unternehmen mit heftigen Zinsbelastungen in den Ruin treibt.
Lange Zeit warteten die Anteilseigner vergeblich darauf, dass Steinhoff (NL0011375019) eine Lösung für das Problem präsentieren würde. Nun liegt eine solche vor, doch ob diese dem Namen auch gerecht wird, darüber dürften die Meinungen auseinandergehen. Vorgesehen ist, satte 80 Prozent der Unternehmensanteile an die Gläubiger zu übertragen. Damit sind die Schulden dann nicht einmal vom Tisch, sondern werden teils lediglich bis 2026 verlängert. Steinhoff erkauft sich also vor allem mal wieder Zeit.
Die Leidtragenden sind ganz klar die Aktionäre, die mit dem Konzern bisher durch dick und dünn gegangen sind. Für sie bleiben lediglich Krümel übrig, stimmberechtigt werden sie in Zukunft nicht mehr sein. Aus Anlegersicht gibt es so überhaupt nichts Gutes an der Lösung zu finden. Da ist absehbar, dass Steinhoff es eher schwer haben dürfte, das Ganze ohne Weiteres durchzuboxen und die Zustimmung der Aktionäre wird benötigt.
Um diese auch zu erhalten, droht Steinhoff in erster Linie damit, dass die Anteilseigner im Falle einer fehlenden Zustimmung schlicht leer ausgehen werden. „Friss oder stirb“ lautet hier also das Motto und enttäuschender hätte das Ganze für die Aktionäre kaum ablaufen können. Da ist es nur verständlich, dass die meisten das Weite gesucht haben.
Ein Konzern für die Gläubiger
Am Donnerstag krachte die Steinhoff-Aktie um 64 Prozent (!) in die Tiefe und landete dadurch bei nur noch 0,0324 Euro. Vor wenigen Tagen noch unterhielten wir uns hier über die Linie bei 0,10 Euro, welche jetzt vollkommen in unerreichbare Ferne gerückt ist. Wer Steinhoff jetzt noch immer treu geblieben ist, wird also gleich doppelt bestraft und blickt auf einen einzigen Scherbenhaufen im Depot.
Mit einer Erholung ist nicht zu rechnen, denn dafür fehlt es schlicht an der Grundlage. Bei den derzeitigen Plänen mutiert Steinhoff zu einem Unternehmen, das einzig und allein für die Gläubiger interessiert und trotzdem nicht aus dem Gröbsten heraus ist. Die Anleger erhalten nur Bruchteile der zukünftigen Gewinne (so es denn welche geben wird) und werden dabei nicht einmal stimmberechtigt sein. Weitere unliebsame Entscheidungen können dann also einfach über ihre Köpfe hinweg entschieden werden.
Es hat nicht sollen sein
Nach dem Bilanzskandal bei Steinhoff träumten schon früh einige Anleger davon, dass der Konzern eines Tages zu alten Kursständen zurückfinden könnte. Spätestens seit gestern könnten derartige Träumereien aber wohl endgültig begraben werden. Selbst im besten Fall winken den wenigen verbliebenen Aktionären allenfalls Trostpflaster und die Warnungen vor der Aktie scheinen sich als richtig herauszustellen. Natürlich kann man dies stets erst im Nachhinein mit Sicherheit wissen. Doch dass die Steinhoff-Aktie von Beginn an eine hochspekulative Angelegenheit war, das war hoffentlich jedem klar, der hier Geld versenkt hat.
Es ist wahrscheinlich überflüssig zu sagen, dass die Steinhoff-Aktie jetzt noch uninteressanter als zuvor geworden ist. Sicher verspricht der Crash für Spekulanten ein gewisses Erholungspotenzial, wenn die Lage sich wieder beruhigt haben sollte. Für Zugewinne gleich welcher Art gibt es aber keine Garantie und es fehlt komplett an fundamentalen Indikatoren, welche überhaupt noch für eine Erholung sprechen würden. Es ist da gar nicht so unwahrscheinlich, dass die Anteilsscheine noch weiter in Richtung Nullpunkt segeln. Die Töchter von Steinhoff mögen noch immer gute Geschäfte machen. Profitieren werden dabei nach den aktuellen Planungen aber allein die Gläubiger. Die Anlegerinnen und Anleger hingegen gehen leer aus, sehr viel anders lässt sich das Ganze kaum umschreiben.
16.12.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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