Stromsteuer für Photovoltaikanlagen
Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien aktuell im Fokus der Hauptzollämter
Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern stehen aktuell im Fokus der Hauptzollämter: Wer nicht alle erforderlichen Meldungen vorgenommen hat, riskiert Steuernachzahlungen, Bußgelder und ggf. sogar strafrechtliche Konsequenzen. Betreiber einer PV-Anlage zu sein, bedeutet vielen Pflichten nachkommen zu müssen. Werden diese nicht erfüllt, kann dies die Wirtschaftlichkeit der Photovoltaikanlage gefährden. Die Hauptzollämter beginnen derzeit mit einem systematischen Abgleich der ihnen gemeldeten Anlagedaten mit dem Marktstammdatenregister und den bei anderen Behörden vorliegenden Daten. Vor diesem Hintergrund dient dieser Artikel als Hilfestellung zur stromsteuerrechtlichen Behandlung von PV-Anlagen, um Betreibern böse Überraschungen zu ersparen.
Immer mehr Unternehmen erkennen das wirtschaftliche Potenzial von Photovoltaikanlagen. Nicht nur eine attraktive Rendite durch geringere Stromkosten, sondern auch der steigende politische Druck hin zur Klimaneutralität machen die Technologie zu einer bedeutenden Lösung unserer Zeit. Trotz COVID-19-Pandemie stieg die installierte Leistung in Deutschland in 2020 um 1 GW im Vergleich zum Vorjahr. Die Branche boomt!
Erlaubnis als Versorger
Die Stromerzeugung in Deutschland unterliegt den Regelungen des Stromsteuergesetzes. Zur Bestimmung der Pflichten ist zunächst der Status des Betreibers zu identifizieren. Leistet ein Anlagenbetreiber seinen erzeugten Strom an Dritte weiter, gilt er aus der Sicht des Gesetzgebers grundsätzlich als Versorger und er bedarf einer Erlaubnis zum Ausüben dieser Tätigkeit.
Um den daraus resultierenden Deklarationsaufwand möglichst zu vermeiden, sind Erleichterungen für bestimmte Betreiber vorgesehen. Wird eine PV-Anlage mit einer elektrischen Nennleistung bis zu 2 MW in Volleispeisung betrieben, gilt der Betreiber nach § 1a Abs. 5 StromStV nicht als Versorger und ist von weiteren Pflichten befreit (keine Erlaubnis).
Dies ändert sich allerdings, sobald der erzeugte Strom auch innerhalb der Kundenanlage an Letztverbraucher abgegeben wird. In dem Fall werden unabhängig von der Anlagengröße nach § 1a Abs. 6 und 7 StromStV eine einmalige Anzeige als sogenannter „eingeschränkter Versorger“ auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck 1412 sowie ggf. eine Betriebserklärung je Stromerzeugungsanlage auf den Vordrucken 1410a und 1410az verlangt.
Wird der erzeugte Strom auch außerhalb der Kundenanlage an Letztverbraucher abgegeben, ist die Erlaubnis als „großer“ Versorger nach § 4 Abs. 1 StromStG zu beantragen. Hierzu sind die Vordrucke 1410, 1410a und 1410az beim örtlich zuständigen Hauptzollamt einzureichen.
Stromerzeugung mit Erlaubnis
Zum Selbstverbrauch entnommener PV-Strom kann nach dem Stromsteuergesetz von der Stromsteuer befreit werden. Auf diese Weise sollen der Ausbau der erneuerbaren Energien und der dezentralen Stromerzeugung gefördert werden. Seit dem 01.07.2019 kann die Begünstigung jedoch grundsätzlich nur noch nach der Beantragung einer Erlaubnis zur steuerfreien Entnahme von Strom oder durch nachträgliche Beantragung von Steuerentlastungen für die angefallene Stromsteuer in Anspruch genommen werden. Hierbei stellt der erste Weg die deutlich einfachere Möglichkeit dar. Die Art der Erlaubnis für die steuerfreie Entnahme von Strom unterscheidet sich in Abhängigkeit der installierten Leistung.
- PV-Anlagen bis zu 1 MW: Grundsätzlich greift die allgemeine Erlaubnis nach § 10 StromStV und es werden keine weiteren Unterlagen benötigt. Liegen bereits eine Erlaubnis als Versorger oder eine Anzeige als eingeschränkter Versorger vor, kann das örtlich zuständige Hauptzollamt die Vordrucke 1410a und 1410az verlangen.
- PV-Anlagen über 1 MW bis zu 2 MW: Erforderlich ist eine förmliche Erlaubnis. Einzureichen sind die Vordrucke 1422, 1422a, 1422az.
- PV-Anlagen über 2 MW: Erforderlich ist eine förmliche Erlaubnis. Einzureichen sind die Vordrucke 1421, 1421a, 1421az.
Es ist zu beachten, dass die Erlaubnisse zur steuerfreien Entnahme nur mit Wirkung ab dem Tag des Eingangs des Antrages beim Hauptzollamt erteilt werden. Eine rückwirkende Erlaubnis für bereits entnommene Strommengen ist nicht möglich.
Nachdem die Erlaubnis zur steuerfreien Entnahmen vorliegt, müssen die Anlagenbetreiber lediglich jährlich die im Vorjahr steuerfrei entnommenen Strommengen bei ihrem örtlich zuständigen Hauptzollamt bis zum 31.05. anmelden. Hierzu ist der amtlich vorgeschriebene Vordruck 1400 zu verwenden. Im Ergebnis können Stromsteuerzahlungen durch diese Vorgehensweise im Regelfall vermieden werden.
Stromsteuerrechtliche Anlagenverklammerung
Photovoltaikanlagen mit einer elektrischen Nennleistung von bis zu 2 MW fallen unter die Stromsteuerbefreiung für die dezentrale Stromerzeugung nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG. Dagegen greift für Anlagen, die diesen Grenzwert übersteigen, die Steuerbefreiung für Strom aus erneuerbaren Energieträgern nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 StromStG. Über die erste Begünstigung können sowohl der Anlagenbetreiber als auch von diesem belieferte Letztverbraucher Strom steuerfrei im räumlichen Zusammenhang zur Erzeugungsanlage, d.h. im Umkreis von max. 4,5 km, entnehmen. Dagegen ist bei Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von über 2 MW nur der Selbstverbrauch des Anlagenbetreibers am Ort der Erzeugung begünstigt.
Bei der Prüfung der 2 MW-Grenze ist zu beachten, dass die elektrische Nennleistung mehrerer PV-Einheiten eines Anlagenbetreibers für die stromsteuerrechtliche Bewertung ggf. zusammenzurechnen ist (Verklammerung). Mehrere unmittelbar miteinander verbundene Stromerzeugungseinheiten an einem Standort, z.B. Grundstück oder Flurstück, gelten demnach als eine Anlage zur Stromerzeugung. Dies trifft u.a. für Solarparks zu.
Aber auch Stromerzeugungseinheiten an unterschiedlichen Standorten sind zusammenzufassen, sofern die einzelnen Stromerzeugungseinheiten zum Zweck der Stromerzeugung zentral gesteuert werden, bspw. aufgrund Fernsteuerbarkeit nach § 36 EEG, und der erzeugte Strom zumindest teilweise in das Versorgungsnetz eingespeist werden soll. Wird der Strom dagegen über einen Direktvermarkter ins öffentliche Netz eingespeist, ist die Ausnahmeregelung nach § 12b Abs. 3 Satz 2 StromStV zu prüfen, nach der es bis zu einer Anlagensumme von 2 MW nicht zu einer Anlagenverklammerung kommen soll.
Stromerzeugung ohne Erlaubnis
Alternativ kann auch das Entlastungsverfahren gewählt werden. Diese hat allerdings einen hohen bürokratischen Aufwand zufolge. Soweit bisher keine Erlaubnis zur steuerbegünstigten Entnahme des selbsterzeugten Stroms vorliegt, müssen die zum Selbstverbrauch entnommenen Strommengen zunächst auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck 1400 bis zum 31.05 des Folgejahres gegenüber dem Hauptzollamt angemeldet werden. Die Stromsteuer ist hierzu durch den Anlagenbetreiber selbst durch Multiplikation der zu versteuernden Strommenge mit dem Regelsteuersatz in Höhe von 20,50 EUR/MWh zu berechnen und bis zum 25.06. gegenüber der Behörde zu entrichten.
Für diesen versteuerten Selbstverbrauch besteht unabhängig von der Anlagegröße ein Steuerentlastunganspruch nach § 12c StromStV in gleicher Höhe. Hierzu sind der Vordruck 1470 und ggf. eine Betriebserklärung einzureichen. Zusätzlich zum Entlastungsantrag ist die Selbsterklärung zu Staatlichen Beihilfen auf dem amtlichen Vordruck 1139 beizufügen, vorausgesetzt die Erklärung wurde für das Antragsjahr noch nicht vorgelegt. Zu beachten ist, dass der Entlastungsantrag spätestens bis zum 31.12. des auf die Stromentnahme folgenden Jahres beim örtlich zuständigen Hauptzollamt vorliegen muss.
Tipp: Soweit die Steuerentlastung zeitgleich mit der Steueranmeldung eingereicht wird, kann ein Liquiditätsabfluss oftmals durch einen Verrechnungsantrag vermieden werden.
Nachholung bisher unterlassener Meldungen
Wurde bisher keine Stromsteueranmeldung für das zweite Halbjahr 2019 und für die Kalenderjahre 2020 und 2021 abgegeben, ist die Anmeldung unverzüglich nachzuholen und die Steuer sofort beim Hauptzollamt zu entrichten. Die Steuerentlastung nach § 12c StromStV kann in diesem Fall nur noch für das Jahr 2020 bis zum 31.12.2021 gestellt werden. Für das Jahr 2019 ist eine Entlastung dagegen aufgrund abgelaufener Antragsfrist nicht mehr möglich.
Fremdbezug von Strom zur Stromerzeugung
Wird bereits versteuerter, fremdbezogener Strom zur Stromerzeugung entnommen, kann dieser ebenfalls entlastet werden. Da im PV-Bereich vergleichsweise kleine Anlagen verbreitet sind, sind hier im Regelfall jedoch nur geringe Eigenverbrauchsmengen und Entlastungsbeträge zu erwarten.
Prinzipiell fallen unter diese Begünstigung lediglich technisch zur Stromerzeugung erforderliche Strommengen. Diese Mengen sind grundsätzlich messtechnisch abzugrenzen. Zur Verfahrensvereinfachung sieht die Stromsteuerverordnung in diesem Fall alternativ auch eine Pauschalregelung vor. Pro Entlastungsabschnitt können 2 % der Bruttostromerzeugung einer Photovoltaikanlage ohne weitere Nachweise als Strom zur Stromerzeugung entlastet werden.
Der Entlastungsantrag erfolgt auf dem Vordruck 1454. Daneben wird jeweils eine Betriebserklärung je Stromerzeugungsanlage auf den amtlichem Formularen 1420a und 1420az gefordert.
Erfassungsportal zur Energie- und Stromsteuer-Transparenzverordnung
Da die Steuerbefreiungen und Steuerentlastungen zur Begünstigung der Eigenerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern als staatliche Beihilfen gelten, müssen diese laut der Energiesteuer- und Stromsteuer-Transparenzverordnung (EnSTransV) bis zum 30.06. des Folgejahres jährlich gegenüber der Zollverwaltung gemeldet werden. Dabei sind ausschließlich die Begünstigten betroffen, deren Begünstigungsvolumen ein Aufkommen von 200.000 Euro im Kalenderjahr bezogen auf die jeweilige Steuerbegünstigung übersteigt.
18.02.2021 - Bertil Kapff - kapff@climate-score.org und Anatoly Radetskiy - anatoly.radetskiy@wts.de
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