USA und China innen- und außenpolitisch
Rutschige Diskussionen a la carte
Es sieht derzeit nicht besonders gut aus in den Beziehungen zwischen den USA und China. Mit dem Amtsantritt von US-Präsident Trump hat sich nicht nur der Kommunikationsstil zwischen beiden Regierungen geändert, beide Länder haben sich in der Zwischenzeit auch selber rapide geändert.
In den USA hat die Spaltung der Gesellschaft in vielerlei Hinsicht weiter zugenommen. Die politische Blockade der Legislative ist chronisch, und die Bereitschaft zur Kooperation zwischen einem demokratisch dominierten US-Repräsentantenhaus und dem republikanischen Präsidenten erreicht immer neue Tiefen. Die Corona-Pandemie aber zeigt, dass die Judikative und die Bundesstaaten zu Recht wichtige Funktionen in der Verfassung und in der Rechtskultur der USA zugeschrieben bekommen haben.
Auf der anderen Seite des Pazifiks weitet ein ,,ewiger‘‘ Präsident Xi seine Macht immer weiter aus, nutzt den Effizienzfetisch der Chinesen, um aus dem viel diskutierten staatlichen Stupsen (Nudging) eine veritable Cyber-Diktatur zu zimmern. Und um ,,Abweichler‘‘ wie die aufmüpfigen Uiguren im Westen Chinas kümmert man sich intensiv in ,,Umerziehungslagern‘‘.
Und auch sonst gilt es, mehr auf die mediale Performance und Machtsicherung zu achten als auf die Erfüllung der großen Versprechungen für das große Ganze.
Man erinnert sich noch gut an die offiziellen chinesischen Erklärungen, man wolle im Südchinesischen Meer kein Militär stationieren, es ginge um Versorgungsstützpunkte in dieser extrem dicht befahrenen Wasserstraße. Nächster Akt: Bau von Landebahnen, übernächster aktueller Akt: China richtet in territorial umstrittenen Gebieten im Südchinesischen Meeres neue Verwaltungsbezirke ein und setzt so im Schatten der Coronakrise seine Expansionspolitik fort. Letzte Woche richtete China konkret die zwei neuen Stadtbezirke Xisha (westliche Inselgruppe) und Nansha (südliche Inselgruppe), ein. Xisha werden auf chinesisch die Paracel-Inseln genannt, während Nansha die chinesische Bezeichnung für die Spratly-Inseln ist.
Mit der Errichtung dieser Bezirke untermauert China seinen Souveränitätsanspruch auf die umstrittenen Gebiete. 2018 bereits hatte China zum ersten Mal Kampfflugzeuge ins Südchinesische Meer geschickt. Kurz zuvor war bekannt geworden, dass auf den Spratly-Inseln chinesische Raketen und Marschflugkörper stationiert wurden.
Bildnachweis: © Telefonaktiebolaget L. M. Ericsson
Die dahinterstehenden Kalküle sind offensichtlich. Und was kann man nun erwarten, wenn man sich die dieser Strategie diametral entgegengesetzte Position der USA vergegenwärtigt? China beansprucht 80 % des 3,5 Millionen Quadratkilometer großen Südchinesischen Meeres. Der internationale Schiedsgerichtshof in Den Haag hatte 2016 die Gebietsansprüche zurückgewiesen. China ignoriert das Urteil aber.
Bezüglich der chinesischen Unterdrückung der Uiguren hat der US-Senat nun Nägel mit Köpfen gemacht. Er stimmte einem Gesetz zu, das Chinas Umgang mit den muslimischen Uiguren stärker sanktionieren soll. Es sieht Strafen für jene Personen vor, die für eine Unterdrückung von Uiguren und anderer muslimischer Gruppen verantwortlich seien.
Nach Angaben der UNO wurden in den letzten Jahren mehr als eine Million Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang in Lagern festgehalten. China bestreitet jegliche Misshandlung dieser Minderheit und sieht dies als innenpolitische Angelegenheit an.
Und nun sind die USA auch mit Corona-Krise quasi schon im Wahlkampfmodus, was einer von Innenpolitik getriebenen Außenpolitik (domestic driven foreign policy) weiteren Drive verleiht. Es ist aber auch aus chinesischer Sicht ein Risiko, denn Wahlkampfkalküle sind naturgemäß keine gute Basis für längerfristige Kooperation. Und Konfrontation?
Fazit
Das Fingerhakeln zwischen den USA und China auf den vielen Gebieten, mal kooperativ, mal konfrontativ, könnte bei zu hohem innenpolitischen Druck den Akteuren auch entgleiten. Angesichts der zur Verfügung stehenden Machtmittel keine beruhigende Vorstellung. Dass die aggressive Politik Chinas, offen und verdeckt, weltweit zunehmend hinterfragt wird, dürfte deren Erfolgsquote nicht gerade erhöhen. Die Corona-Pandemie, der klassische Fall für Kooperationsgewinne aller, schlittert derzeit ins Gegenteil ab. Wie soll sich das Verhältnisse der beiden Großmächte dann erst entwickeln, wenn es keine ,,Kooperationsgewinne‘‘ zu verteilen gibt? Verhandlungen über die Verteilung sicherer Verluste dürften dann nicht mehr so viel Enthusiasmus hervorrufen wie die damalige Aufnahme Chinas in die WHO. Der Wind in der Weltpolitik wird kälter. Aber auch dafür wird der chinesische Kriegsstratege Sun Tsu in seinem Buch ,,Die Kunst des Krieges‘‘ einen Tip haben. In welchem Buch schlagen die USA nach? Wohl auch erst einmal bei Sun Tzu…
15.05.2020 - Arndt Kümpel - ak@ntg24.de
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