Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern
BMF-Schreiben vom 08.07.2021
Nach der bisherigen Rechtauffassung der Finanzverwaltung erfolgte die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied stets selbständig, sodass die Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs.1 UStG gegeben war. Nach dem EUGH-Urteil vom 13.6.2019 und dem BFH-Urteil vom 27.11.2019 ist die Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern nun differenzierter zu beurteilen.
Rechtsprechung:
Ein Aufsichtsratsmitglied ist nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung nicht unternehmerisch tätig, wenn das Aufsichtsratsmitglied aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt. Dieser Grundsatz wurde bereits in Abschn. 2.2 Abs.3a S.1 UStAE aufgenommen. Die Vergütung kann in Form von Geldzahlungen oder Sachzuwendungen erfolgen.
Diese Regelung führt dazu, dass die Beurteilung der Selbständigkeit von Aufsichtsratsmitgliedern für die Umsatzsteuer und die Ertragsteuern differenziert zu erfolgen hat. Die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied ist einkommensteuerrechtlich eine selbständige Tätigkeit nach § 18 Abs.1 Nr.3 EStG.
Festvergütung:
In Abschnitt 2.2 Abs.3a S.2 bis 13 des Umsatzsteueranwendungserlasses sind detaillierte Grundsätze zur Festvergütung enthalten. Eine Festvergütung liegt bei pauschalen Aufwandsentschädigungen für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat vor.
Sitzungsgelder für die tatsächliche Teilnahme an Sitzungen und Aufwandsentschädigungen, die nach dem tatsächlichen Aufwand bemessen werden, stellen keine Festvergütung dar.
Bei festen und variablen Vergütungsbestandteilen ist eine Selbständigkeit gegeben, wenn der variable Anteil mindestens 10 Prozent beträgt. Bei der Berechnung sind erhaltene Aufwandsentschädigungen zu berücksichtigen. Reisekostenerstattungen zählen nicht zur Vergütung und sind demnach bei der Ermittlung der 10 Prozent Grenze nicht mit einzubeziehen. Der Gesetzgeber hat hiermit eine Bagatellgrenze für die variablen Vergütungsbestandteile geschaffen.
Die Voraussetzungen sind für jedes Mandat eines Aufsichtsrates eigenständig zu prüfen. Die rückwirkende Zahlung einer Vergütung für mehrere Jahre ist unschädlich. Die Haftung für pflichtwidriges Verhalten gem. § 116 AktG führt nicht zu einer selbständigen Tätigkeit im umsatzsteuerlichen Sinne.
Anwendungsregel:
Die neue Rechtsauffassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Es wird nicht beanstandet, wenn die bisherige Rechtauffassung für Zwecke des Vorsteuerabzugs auf Leistungen angewendet werden, die bis zum 31.12.2021 ausgeführt worden sind. Die Reglungen gelten ebenfalls für Mitglieder von Ausschüssen, die der Aufsichtsrat nach § 107 Abs.3 AktG bestellt hat und für Mitglieder von Gremien, die der Kontrolle der Geschäftsführung einer juristischen Person oder Personenvereinigung dienen.
Das BMF-Schreiben vom 08.07.2021 enthält zudem Regelungen zur Beurteilung der Selbständigkeit von Beamten und anderen Bediensteten einer Gebietskörperschaft und Mitglieder der Bundes- oder einer Landesregierung, die in einem Aufsichtsrat tätig werden.
12.08.2021 - Tanja Schwedtmann
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