Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnungsbeschränkung bei Aktiengeschäften
Vorlage beim Bundesverfassungsgericht
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Entscheidung zur Vorlage, ob die Verlustverrechnungsbeschränkung von Aktienverlusten gem. § 20 Abs.6 S.5 EStG a.F. (neu: § 20 Abs.6 S.4 EStG) mit Artikel 3 Abs.1 Grundgesetzes vereinbar ist.
Entscheidung des BFH:
In einem Klageverfahren vertritt der Bundesfinanzhof die Auffassung, dass § 20 Abs.6 S.5 EStG nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar ist.
Im Streitjahr erzielte der Kläger nur Verluste aus der Veräußerung von Aktien und beantragte die Verrechnung der Verluste aus Aktiengeschäften mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. Das Finanzamt und das Finanzgericht wiesen die Verlustverrechnung von Aktienverlusten mit anderen Kapitaleinkünften ab. Eine Verrechnung von Verlusten aus Aktengeschäften sei gem. § 20 Abs.6 S. 5 EStG nur mit Aktiengewinnen zulässig. Seitens des Finanzgerichts lagen keine verfassungsrechtlichen Bedenken vor. Der Kläger legte Revision ein und rügte die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes.
Begründung des BFH:
Die gesetzliche Reglung, dass Verluste aus der Veräußerung von Aktien nur mit Aktienveräußerungsgewinnen verrechenbar sind und eine Verrechnung mit sonstigen positiven Einkünften aus Kapitalvermögen untersagt ist, stellt einen Verstoß gegen Art. 3 Abs.1 des Grundgesetzes dar. Hier bestehe kein Unterschied in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Laut Bundesfinanzhof liegt eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vor, weil Steuerpflichtige mit Aktienverlusten schlechter gestellt sind, als Steuerpflichtige mit Verlusten aus der Veräußerung anderer Kapitalanlagen. Die Besteuerung innerhalb der Kapitaleinkünfte müsste, trotz gesetzgeberischer Gestaltungsfreiheit, nach dem Gleichheitsgrundsatz gestaltet sein. Die spezifische Beschränkung der Verluste aus Aktiengeschäften steht der Grundregelung der Verlustverrechnung innerhalb der Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs.6 S.2 EStG entgegen. Der BFH sieht keinen rechtfertigenden Grund für die Ungleichbehandlung und die nicht vorliegende folgerichtige Ausgestaltung der Regelung zum Verlustverrechnung bei Aktiengeschäften.
Bundesverfassungsgericht:
Der Bundesfinanzhof hält die gesetzliche Regelung für verfassungswidrig und die Auslegung des Gesetzes kann durch den eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht zu einer verfassungsgemäßen Lösung führen. Der Bundesfinanzhof hat daher die verfassungsrechtliche Frage dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt (Vorlagebeschluss vom 17.11.2020, VIII R 11/18).
15.06.2021 - Tanja Schwedtmann - ts@ntg24.de
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