Vorläufigen Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren
Neue Vorläufigkeitsvermerke durch anhängige Musterverfahren
In den Steuerbescheiden werden ab dem 30.08.2021 neue Vorläufigkeitsvermerke nach § 165 Abs.1 S.2 AO aufgenommen.
Vorläufigkeit:
Steuerfestsetzungen sind punktuell nach § 165 Abs.1 S.2 Nr.3 AO vorläufig vorzunehmen, soweit die Vereinbarkeit eines Steuergesetzes mit höherrangigem Recht Gegenstand eines Verfahrens bei dem Gerichtshof der Europäischen Union, dem Bundesverfassungsgericht oder einem Bundesgericht ist. Sind die Voraussetzungen gegeben spricht man von einem sogenannten Musterverfahren. Die Steuerfestsetzungen ergehen hinsichtlich des strittigen Steuergesetzes vorläufig, damit die Finanzbehörden die Steuerfestsetzung aufheben oder ändern können.
Musterverfahren:
Durch das BMF-Schreiben vom 30.08.2021 ergehen Steuerfestsetzungen mit sofortiger Wirkung hinsichtlich folgender Punkte vorläufig:
1. Höhe der kinderbezogenen Freibeträge nach § 32 Abs.6 S.1 und 2 EStG
2. Abzug einer zumutbaren Belastung (§ 33 Abs.3 EStG) bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung
3. Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr.1 S.3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG
Verfahrensgang:
Für die einzelnen Vorläufigkeitsvermerke sind in dem BMF-Schreiben die verfahrensrechtlichen Besonderheiten dargelegt. Nachfolgend werden diese verkürzt zusammengefasst:
1. Höhe der kinderbezogenen Freibeträge
- Vorläufigkeit ab 2001, soweit Steuerfestsetzung eine Prüfung nach § 31 EStG enthält
- Aussetzung der Vollziehung ist in bestimmten Fallkonstellationen zu gewähren
- Der Einkommensteuerbescheid hinsichtlich des Kinderfreibetrags ist kein Grundlagenbescheid für die Festsetzung des Solidaritätszuschlags und der Kirchensteuer
2. Abzug der zumutbaren Belastung bei der Berücksichtigung von Aufwendungen für Krankheit oder Pflege als außergewöhnliche Belastung
- Vorläufigkeit in allen Einkommensteuerfestsetzungen
3. Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nr.1 S.3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG
- Vorläufigkeitsvermerk in sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen ab 2005, in denen eine entsprechende Leistung erfasst ist
- Beweislast einer möglichen Zuvielbelastung von Alterseinkünften liegt beim Steuerpflichtigen, daher wird ein zusätzlicher Hinweis im Steuerbescheid aufgenommen.
„Sollte nach einer künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesfinanzhofs dieser Steuerbescheid Ihrer Auffassung nach hinsichtlich der Besteuerung von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung nach § 22 Nummer 1 Satz 3 Seite 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa EStG zu Ihren Gunsten zu ändern sein, benötige ich weitere Unterlagen von Ihnen. Von Amts wegen kann ich Ihren Steuerbescheid nicht ändern, weil mir nicht alle erforderlichen Informationen vorliegen.“
Die Einzelheiten sind im BMF-Schreiben vom 30.08.2021, IV A 3 - S 0338/19/10006 :001.
10.09.2021 - Tanja Schwedtmann
Auf Twitter teilen Auf Facebook teilen
Ihre Bewertung, Kommentar oder Frage an den Redakteur
Haftungsausschluss - Die EMH News AG übernimmt keine Haftung für die Richtigkeit der Empfehlungen sowie für Produktbeschreibungen, Preisangaben, Druckfehler und technische Änderungen. (Ausführlicher Disclaimer)