Comeback-Träume bei Steinhoff, Apple bekommt Geld fürs Nichtstun, die Deutsche Bank stellt sich gegen neue Russland-Sanktionen und Tesla kann in Grünheide wohl durchstarten
Wird jetzt alles besser?
Fast vier Wochen ist es nun schon her, dass der russische Machthaber Wladimir Putin seinen völkerrechtswidrigen und in jeder Form verabscheuungswürdigen Überfall auf die Ukraine befohlen hat. Es lässt sich nicht davon sprechen, dass die Märkte sich davon schon wieder erholt hätten. Zumindest haben die Börsianer mittlerweile aber den ersten Schock verkraftet.
Nach zunächst heftigen Verlusten allerorten gab es in den letzten Tagen zunehmen Erholungen zu sehen. Eine davon wurde der Aktie von Steinhoff (NL0011375019) beschert, welche die Marke von 0,20 Euro mehr als deutlich verteidigen konnte. Trotz Verlusten von 1,74 Prozent am Freitag landete der Titel zum Wochenende bei 0,215 Euro und lässt damit Hoffnungen auf eine anhaltende Gegenbewegung in Richtung Norden aufkeimen.
Rein charttechnisch haben die Bullen dafür den Grundstein nun gelegt. Fundamental bleiben allerdings unzählige offene Fragen. Allem voran ist noch immer offen, wie das Unternehmen mit seinen horrenden Schulden umzugehen gedenkt. Eine befriedigende Antwort darauf wird es so schnell wohl nicht geben, was auch das Aufwärtspotenzial an der Börse zuletzt stark eingeschränkt ausfallen ließ.
Eine gute Nachricht für Apple?
Abseits der Ukraine-Krise war die Zinswende in den USA in dieser Woche eines der bestimmenden Themen. Erstmals seit 2018 erhöhte die US-Notenbank Fed den Leitzins. Zwar nur um 0,25 Prozent, allerdings machten die Verantwortlichen bereits klar, dass es nicht der letzte Zinsschritt bleiben wird. Gerade im Tech-Sektor führt das zu großen Sorgen, bei Apple (US0378331005) allerdings müssen die Anleger sich wohl kaum Gedanken machen.
Schließlich ist der iPhone-Hersteller längst über die Wachstumsphase hinaus und mit einem Barvermögen von mehr als 200 Milliarden USD nun wirklich nicht auf billige Kredite angewiesen. Stattdessen könnten höhere Zinsen sich für den Tech-Giganten sogar lohnen. So rechnet etwa „Der Aktionär“ aus, dass der Konzern im Jahr 2023 bei einem angenommenen Leitzins von zwei Prozent satte vier Milliarden USD nur mit Zinsen einnehmen könnte, also ohne auch nur einen Handschlag dafür zu tun. Gut möglich, dass eben deshalb die Apple-Aktie in dieser Woche wieder um 4,1 Prozent zulegen konnte.
Ruhig mit den jungen Pferden
Derweil mahnte die Deutsche Bank (DE0005140008) davor, zu schnell noch weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg zu bringen. Nachgedacht wird darüber laufend und manch einer fordert schon jetzt ein komplettes Einstellen jeglichen Handels mit der kriegführenden Nation. In der „Welt am Sonntag“ rief Deutsche Bank-Chef Christian Sewing nun jedoch auf, auch die Folgen für Europa selbst im Auge zu behalten und die bereits beschlossenen Sanktionen erst einmal wirken zu lassen.
Das Geldhaus selbst kündigte bereits an, sich aus Russland zurückziehen zu wollen. Bereits jetzt wurde das Neukundengeschäft eingestellt und mit dem Wissen von heute hätte man sich laut Sewing wohl noch schneller verabschiedet. Was auch immer in der Politik als nächste passiert oder nicht passiert, zu weiten Teilen ist das bei der Aktie der Deutschen Bank bereits eingepreist. Gefährlich bleibt die Lage an den Börsen aber dennoch.
Die Party kann steigen
Bei Tesla (US88160R1014) steht am Dienstag ein wichtiger Termin an. Dann sollen unter anderem Bundeskanzler Olaf Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck brav bei der neuen Fabrik in Grünheide zu Besuch antreten, um Konzernchef Elon Musk bei der Übergabe der ersten dort produzierten Fahrzeuge zu beklatschen. Besonders gern gesehen wird das längst nicht von jedem, allerdings steht der Eröffnung wohl nichts im Wege.
Gestern teilte die Brandenburger Landesregierung mit, dass die Inbetriebnahme wie geplant erfolgen könne, auch wenn noch nicht alle Auflagen erfüllt sind. Das sei nicht zwingend notwendig, um die Anlage an sich in Betrieb zu nehmen, da manche Bestimmungen nur für bestimmte Anlagenteile gelten. Es ist gut möglich, dass die Neueröffnung auch der Aktie von Tesla wieder etwas auf die Sprünge hilft, da damit einher auch eine deutliche Steigerung der Produktion geht. Zumindest, wenn fehlende Chips oder andere Bauteile dem keinen Strich durch die Rechnung machen.
Es wird wieder bunter
Die Ukraine-Krise wird wohl auch in der kommenden Woche das dominierende Thema an den Märkten bleiben. Zuletzt zeigte sich aber, dass sich die Anleger zunehmend auch wieder für andere Dinge interessieren. Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende wurden derweil am Wochenende wieder schmäler, Fortschritte bei den laufenden Gesprächen gab es nicht und die Forderungen des Kremls sind nach Ansicht ukrainischer Verhandler anscheinend immer noch nicht ansatzweise vertretbar. Es lässt sich nur über den weiteren Verlauf spekulieren. Mit den fehlenden Fortschritten seitens der russischen Armee fühlt es sich aber immer mehr an, als könnte der Konflikt sich noch über einen sehr langen Zeitraum ziehen. Dazu passen auch Gerüchte, laut denen Russland Truppen aus dem fernen Osten heranrücken lässt, um die hohen Verluste auszugleichen. An der Börse wird man sich an diese neue und traurige Realität wohl gewöhnen (müssen).
20.03.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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