Neue Sanktionen bedrohen Gazprom und Rosneft, während Bundeskanzler Olaf Scholz bei Rheinmetall und ThyssenKrupp eine potenzielle Kursrallye startet
Ein historischer Tag?
Das Wochenende hätte kaum ereignisreicher verlaufen können. Ständig gab es neue Meldungen rund um die Ukraine und die westliche Staatengemeinschaft trat beim Beschluss neuer Sanktionen beeindruckend geschlossen auf. Mittlerweile wurde nicht nur der Ausschluss einiger russischer Banken aus dem Swift-System offiziell. Auch die russische Zentralbank wurde ins Visier genommen.
Vorab sei gesagt, dass dieser Artikel noch vor Börsenbeginn am Montag entstand. Die genauen Auswirkungen der jüngsten Schritte von Seiten des Westens bleiben daher abzuwarten. Es ist jedoch davon auszugehen, dass es zu heftigen Reaktionen an der Börse kommen könnte und dabei dürfte die Aktie von Gazprom (US3682872078) nicht besonders viel zu lachen haben.
Zwar wurden ausdrücklich Ausnahmen beim Swift-Ausschluss russischer Banken beschlossen, damit Gaslieferungen weiterhin bezahlt wurden. Mehr als je zuvor machte die hiesige Politik aber klar, sich mittelfristig soweit wie möglich von russischem Gas verabschieden zu wollen und schon allein diese Absichtserklärung dürfte ausreichen, um Gazprom ordentlich zuzusetzen. Die sehr reale Aussicht auf weitere Sanktionen dürfte ihr Übriges tun, um jegliche Anflüge von Kauflaune im Keim zu ersticken.
Das Gleiche in Grün?
Bei Rosneft (US67812M2070) sieht die Ausgangslage ähnlich aus und auch hier dürften die Anleger nur wenig Freude im heutigen Handel haben. Einige Experten gehen schon davon aus, dass Russland die eigenen Börsen schließen wird, um den freien Fall der eigenen Währung zumindest vorübergehend aufzuhalten. Ein solcher Schritt würde die Abwertung von Rosneft und anderen russischen Titel an den hiesigen Märkten aber wohl nur noch weiter beschleunigen.
Derweil konnten sich Meldungen in den sozialen Medien, wonach China Rohstoffimporte aus Russland einzuschränken gedenke, bisher nicht bestätigen. Vielleicht könnte das den einen oder anderen Anleger etwas beruhigen, angesichts der dramatischen Entwicklung vom Wochenende ist das Ganze aber maximal ein Tropfen auf dem heißen Stein.
Höhenflug bei Rheinmetall
In die exakt entgegengesetzte Richtung geht es bei den Papieren hiesiger Rüstungsunternehmen. Schon am Sonntag war die Aktie von Rheinmetall (DE0007030009) schwer gefragt und konnte lauf einem Aritkel von „Focus Online“ um mehr als 16 Prozent zulegen. Die Gründe für den massiven Ansturm an Käufern lieferte kein Geringerer als Bundeskanzler Olaf Scholz. Jener war nicht nur aktiv an den neuerlichen Sanktionen gegen Russland beteiligt, sondern auch an Maßnahmen zur Stärkung der Bundeswehr.
Jene soll noch vor Ablauf des Jahres ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro gestellt bekommen, um die vorhandenen Gerätschaften zu modernisieren und Flüssiggas-Terminals zu errichten, mit denen die Abhängigkeit von den Bodenschätzen Russlands verringert werden soll. Zudem kündigte die Bundesregierung an, das Zwei-Prozent-Ziel der NATO künftig nicht nur erfüllen, sondern sogar übertreffen zu wollen. Irgendwo muss das viele Geld hin, dass hier investiert werden soll und Rheinmetall ist einer der offensichtlichsten potenziellen Nutznießer. Entsprechend sind massive Kursgewinne nur eine logische Konsequenz.
Auch ThyssenKrupp im Aufwind
Für einiges an Aufwind sorgen derartige Entwicklung auch bei ThyssenKrupp (DE0007500001), welches vor gar nicht allzu langer Zeit noch massiv unter Druck stand und wo selbst ein Totalausfall für möglich erachtet wurde. Diese Zeiten dürften mit der grundlegend geänderten Sicherheitslage in Europa erst einmal vorbei sein.
Zwar waren die Papiere des Stahl- und Rüstungskonzerns im außerbörslichen Handel am Sonntag nicht ganz so gefragt wie jene von Rheinmetall. Ein Plus von zehn Prozent am Handelsplatz von Lang & Schwarz kann sich aber dennoch sehen lassen. Es wäre keine Überraschung, wenn die Kurse an den Börsen heute noch weiter in die Höhe zeigen, denn am Wochenende haben die langfristigen Aussichten sich komplett geändert, und das zum Guten. Europa hat wieder ein berechtigtes Interesse daran, das eigenen Militär stärker auftreten zu lassen und dafür bedarf es hohen Investitionen über viele Jahre.
Ein historischer Tag?
Vielerorts wird angesichts der politischen Beschlüsse schon von einem historischen Wochenende gesprochen. Vieles von dem, was sich an den letzten zwei Tagen abspielte, wurde noch wenige Tage zuvor für undenkbar gehalten. Auch der russische Machthaber Wladimir Putin dürfte über die Geschlossenheit und Entschiedenheit des Westens überrascht sein. Zumindest wird von Experten die Aktivierung der „Abschreckungskräfte“ als eine eindeutige Reaktion auf die nun doch sehr harschen Sanktionen gewertet. Die Börsianer dürften ebenfalls zweimal hinsehen müssen, um die Tragweite der jüngsten Entwicklungen einigermaßen zu verarbeiten. In welche Richtung es mit Einzeltiteln gehen wird, ist noch nicht ganz klar. Einstellen können die Anleger sich aber darauf, dass es heute sehr viel Bewegung zu sehen geben wird.
28.02.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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