Der Goldpreis kurzfristig an der charttechnischen Weggabelung
Gold unter der Chart-Lupe
Der Goldpreis hat im Zuge steigender Zinsen und eines steigenden US-Dollars in den vergangenen Wochen nachgegeben. Ein vergleichender Blick auf die anderen Edelmetalle relativiert jedoch dessen Ausmaß. Eine mustertechnische Betrachtung des Goldpreises auf Wochen- und Monatscandle-Basis zeigt zudem, dass Gold realistische Chancen hat, oberhalb des Unterstützungsniveaus von 1.772,26 Dollar einen Boden zu bilden. In diesem Falle bleibt Xetra-Gold auch kurzfristig eine interessante Anlage-Alternative.
Die anhaltende Korrektur des Goldpreises hat in den vergangenen Tagen zu vermehrten Diskussionen über das Risiko geführt, dass der Goldpreis unter das kurzfristige Korrekturtief vom 16.05.2022 bei 1.786,79 Dollar fällt und damit in eine weitere Abwärtsbewegung eintritt.
Um sich die relative Stabilität der Goldpreisentwicklung gegenüber Silber, Platin und Palladium vor Augen zu führen, ist deren Preisentwicklung seit dem Beginn der russischen Invasion in die Ukraine ab Ende Februar 2022 dargestellt. Dabei zeigt sich, dass der Goldpreis mit einem seither aufgelaufenen Verlust von weniger als 5 % sich trotz deutlich gestiegener Zinsen und spürbar stärkerem US-Dollar erstaunlich stabil gezeigt hat. Dies gilt ebenso für einen Vergleich mit der Kursentwicklung von Anleiheindizes und großer Aktienindizes.
Gold in US-Dollar auf TradingView
Für die weitere Kursentwicklung ist aber insbesondere die Frage interessant, wie stark die Widerstandskraft des Goldes in Bezug auf einen neuen Abwärtsimpuls ist.
Denn Gold hat sich in den vergangenen Tagen immer mehr an seine Unterstützungszone herangetastet, welche auf Tagesschlusskurs-Basis bei 1.808,56 Dollar und auf Tagestiefstkurs-Basis bei 1.786,79 Dollar, dem Tagestief vom 16.05.2022, liegt.
Bei einem Blick auf die Entwicklung auf Wochencandle-Basis in Chart 2 wird nun aber deutlich, dass bei einer weiterhin geltenden Symmetrievermutung mit einem Doppelboden (umgekehrte Untertassen in Orange) die Unterstützungszone vom November 2020 etwas tiefer liegt, und zwar sowohl auf Wochenschlusskurs-Basis (1.786,92 Dollar) also auch auf Wochentiefstkurs-Basis 1.764,57 Dollar).
Diese Differenz schafft Spielraum sowohl für ein Fehlsignal nach unten als auch für ein neues Bodenmuster, nämlich eine umgekehrte S-K-S-Formation, deren Kopf mit einem (Fehl) Ausbruch in den Bereich oberhalb von 1.764,57 Dollar gebildet werden könne.
Sollte diese Muster-Hypothese richtig sein, wären Kurse oberhalb dieser Marke (mit einem engen Stoppkurs darunter) Einstiegsgelegenheiten.
Weiterhin ist für dieses Szenario von Belang, dass ein nochmaliger Rückgang in den Bereich der Korrekturtiefs des größeren Doppelbodens vom März und August 2021 charttechnisch unwahrscheinlicher ist als das oben skizzierte Szenario.
Dafür spricht, dass die Kreuzunterstützung des seit dem Corona-Crash im März 2021 und der statischen Unterstützung der erwähnten Tiefs vom März und August 2021 bereits in der Vergangenheit liegt. Dies impliziert, dass eine weitere mögliche Korrektur bei Gold keinen weiteren symmetrischen Teilboden in der Nähe dieser Korrekturzone mehr bilden kann.
Zwar kann der Goldpreis noch auf diese mittelfristige Aufwärtstrend-Linie fallen, welche aktuell bei rund 1.723 Dollar verläuft. Bei einer vermuteten Symmetrie der gesamten Goldkorrektur seit dem Hoch im August 2020 jedoch sollte der Korrekturboden aber nicht tiefer als das Tief vom November 2020 bei 1.764,57 Dollar liegen (obere blaue Horizontale in Chart 2).
Gold in US-Dollar auf TradingView
Ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Goldpreis oberhalb dieser Marke hält, findet sich auch auf Monatscandle-Basis in Chart 3.
Den dort zeigt sich, dass das Zwischentief vom November 2020 auf Monatscandle-Basis (1.776,88 Dollar vom November 2020) kurz oberhalb des Unterstützungsniveaus liegt, welches sich mit dem Monatsschluss vom September 2012 gebildet hatte und das bei 1.772,26 Dollar liegt.
Dies impliziert, dass der Goldpreis in der laufenden Korrektur keinen monatlichen Schlusskurs unterhalb des Niveaus von 1.772,26 Dollar mehr ausbildet.
Gold in US-Dollar auf TradingView
Profitieren dürfte von einer Bodenbildung oberhalb der skizzierten Unterstützung auf Monatsschlusskurs-Basis bei Dollar auch Xetra-Gold (DE000A0S9GB0).
Und was ist das Fazit?
Der Goldpreis kämpft derzeit an mindestens zwei Fronten. Er muss sich sowohl gegen steigende Zinsen (Opportunitätskosten) als auch gegen einen stärkeren US-Dollar wehren. Die insgesamt geringe Volatilität im Vergleich zu seinen Schwesteredelmetallen sowie fast aller anderen Asset-Klassen seit dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine zeigt jedoch, dass die Beharrlichkeit des Goldpreises eher seinen Ruf als ,,kognitiven Anker‘‘ bestätigt als seine oftmals angeführte Zinsabhängigkeit. Wie wir bereits mehrfach anführten, dürfte das Vertrauen in Gold reziprok zu dem abnehmenden Vertrauen in Fiatwährungen und deren Geldpolitik sowie zur sinkenden systemischen Stabilität steigen.
Im Ergebnis zeigt sich, dass selbst ein weiterer Rückgang des Goldpreises oberhalb der Marke von 1.772,26 Dollar kein mittelfristiges Verkaufssignal darstellt. Gleichwohl sollte diese Marke eng beobachtet werden, denn ein Fall darunter hätte mustertechnisch einige Implikationen, da sie die Wahrscheinlichkeit eines alternativen Bodenmusters deutlich erhöhen, was auch den Zeithorizont der Konsolidierung beeinflusst.
Insgesamt bleibt jedoch die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Goldpreis in der Nähe des aktuellen Kursniveaus einen Boden bilden kann, wovon auch Xetra-Gold profitieren dürfte.
24.06.2022 - Arndt Kümpel
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