Linde strebt nach dem Abschied aus dem DAX und will damit dem eigenen Aktienkurs auf die Sprünge helfen
Was werden die Anleger dazu sagen?
Ausgerechnet das wertvollste DAX-Unternehmen kündigte gestern an, sich aus dem Handel an den hiesigen Märkten verabschieden zu wollen. Der Verwaltungsrat von Linde beschloss gestern, den Aktionären ein Ende des Listings an der Frankfurter Börse vorzuschlagen. Dem deutschen Leitindex würde der deutsch-amerikanische Konzern damit einen herben Schlag versetzen. Noch ist allerdings nichts in Stein gemeißelt.
Das letzte Wort werden die Anleger von Linde (IE00BZ12WP82) haben, welche über den geplanten DAX-Abschied abstimmen sollen. Sollten sie sich dafür entscheiden, so würde jeder bisher gehandelte Anteilsschein in einen einer neuen Holdinggesellschaft umgewandelt werden. Letztere soll schlicht auf den Namen Linde hören, wodurch das Kürzel plc entfällt. Ansonsten sind aber keine drastischen Änderungen vorgesehen. Konzernstrukturen sollen wie gehabt erhalten bleiben und auch in Sachen Mitarbeiter sind keine Änderungen vorgesehen.
Hauptsächlich geht es Linde bei der Angelegenheit darum, den eigenen Aktienkurs zu stützen. Das zumindest war aus dem Unternehmen selbst zu vernehmen. Offenbar wird dort die Doppel-Listung in Frankfurt und New York als Belastung empfunden und nun soll sich eben voll und ganz auf die Wall Street konzentriert werden. Was die Anteilseigner von all dem halten, lässt sich momentan nur abwarten. Sollten sie dem Vorschlag zustimmen, wäre das aber ein herber Schlag für den DAX.
Seit SAP vor wenigen Jahren schwer abgestürzt ist, handelt es sich bei Linde um den schwersten DAX-Titel. Der Index würde mit einem Abschied also über Nacht bedeutend leichter werden. Dabei hat er es jetzt schon nicht unbedingt einfach. Für die Anleger selbst würde sich aber nicht allzu viel ändern. Anteile von Linde würden sich auch nach einem Abschied aus Frankfurt weiterhin problemlos hierzulande handeln lassen.
Enttäuschung und Freude
Wie zu erwarten war, kam es bei der Linde-Aktie zu unterschiedlichen Reaktionen. In Frankfurt wurde der angestrebte Abschied offensichtlich bedauert. Die Linde Aktie fiel dort um knapp 3,5 Prozent auf 286,65 Euro zurück und die jüngste Erholung erlitt damit ihren ersten Dämpfer. Gegenteilig sah es im Handel in New York aus. Dort ging es für Linde um 3,6 Prozent auf 288,18 USD aufwärts. Da möchte man fast meinen, dass diese beiden Entwicklungen sich mehr oder weniger die Waage halten.
Das geht unter dem Strich in Ordnung, da sich fundamental keinerlei Neuigkeiten ergeben haben. Wo genau Linde gelistet ist, wird letztlich keine Auswirkungen auf Umsätze und Gewinne haben. Ob der erwartete Auftrieb für die Aktie durch ein Einzellisting erreicht werden kann, bleibt derweil abzuwarten. Als belastend empfindet Linde vor allem Beschränkungen an den europäischen Wertpapierbörsen. Kappungsgrenzen würden etwa dazu führen, dass Indexfonds immer wieder gezwungen werden, Linde-Aktien zu verkaufen solange diese den Index outperformen. Derartigen Mechanismen will man nun entgehen.
Bei Linde hilft ein kühler Kopf weiter
Das Thema Linde sorgte gestern für so manche Schlagzeile und viele Anleger dürften überrascht auf das Ganze reagiert haben. Es sei an dieser Stelle aber gesagt, dass der Ausgang des Ganzen keine allzu große Bedeutung hat. Sicherlich wird es eine Reaktion an den Märkten geben. Da sich jedoch rein geschäftlich nichts ändert, dürfte die im langfristigen Chart recht schnell untergehen.
Wer also bisher von den Eckdaten von Linde überzeugt war, der darf das auch weiterhin sein. Umgekehrt gibt es auch für die Bären keinen Grund zum Umdenken. Es bleibt also mehr oder weniger alles beim Alten und damit verschwinden auch die Sorgen nicht, welche der Linde-Aktie im laufenden Jahr so manchen Tiefschlag versetzten. Zwar gehört das Papier zu den besseren Performern im DAX, blickt aber dennoch auf einen Verlust von rund fünf Prozent seit Jahresbeginn. Es könnte also besser laufen und die drohende Rezession wird weiterhin von vielen Beobachtern als Bedrohung empfunden.
26.10.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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