
Nel ASA erleidet einen immer rasanteren Kursverlust und blickt mittlerweile nur noch dem Abgrund entgegen
Über fehlende Aufträge können die Börsianer nicht länger hinwegsehen
Nel ASA bastelt weiterhin am Wachstum und verkündete erst gestern, im Detroiter Vorort Plymouth eine neue Gigafactory aus dem Boden stampfen zu wollen. Jene soll künftig zu den größten Anlagen dieser Art weltweit zählen und per Elektrolyse auf ein Volumen von 4 Gigawatt jährlich kommen. An der Börse ging diese Nachricht aber mehr oder minder unter und der fast schon katastrophale Kursverfall ließ sich damit nicht aufhalten.
In Stuttgart stürzte die ohnehin schwer angeschlagene Aktie von Nel ASA (NO0010081235) gestern um fast elf Prozent in die Tiefe und schlug dadurch bei nur noch 0,72 Euro auf. Im Sommer noch sprach ich an dieser Stelle von charttechnischen Unterstützungen bei 1,30 Euro oder 1,20 Euro. Seither haben die Kurse sich nun schon fast halbiert und ein Ende dieser Entwicklung ist weiterhin nicht absehbar. Support ist jetzt auch nur noch mit viel Fantasie auszumachen.
Belastet wird Nel ASA vor allem durch fehlende Auftragseingänge. Vor einigen Monaten konnte das Unternehmen diesbezüglich zwar noch gute Neuigkeiten verkünden. Seither hat sich aber gefühlt überhaupt nichts mehr getan. Auch eine Ausweitung der Produktion ist für die Anleger da keine gute Neuigkeit, solange es dafür nicht auch die entsprechenden Abnehmer gibt. Stattdessen mault der eine oder andere schon, dass der Konzern schlicht weiter Geld in den Sand setzen könnte.
Nel ASA im Kreuzfeuer
Weiteren Antrieb erhalten die Bären durch die Analysten, welche den Daumen bei Nel ASA vermehrt senken und dabei ebenfalls auf zu niedrige Volumina bei Neuaufträgen verweisen. Die Aktie scheint in einen Abwärtsstrudel zu geraten. Vielleicht war das schon vor einer Weile absehbar, doch zumindest die Hoffnung auf bessere Tage konnte die Kurse zeitweise noch tragen. Damit scheint es sich nun erst einmal erledigt zu haben.
Verantwortlich dafür ist das Unternehmen aber nicht nur alleine. Es hat sich bei Wasserstoff-Aktien ein perfekter Sturm zusammengebraucht. Die Aussicht auf anhaltend hohe Zinsen führt zu großen Sorgen rund um die Kapitalkosten, welche in der Branche eine große Rolle spielen. Befürchtungen um einen Konjunktureinbruch lassen zudem daran zweifeln, dass es in absehbarer Zeit größere Investitionen im Sektor geben wird. Anders ausgedrückt geht die Angst um, dass der große Durchbruch von Wasserstoff an den Märkten aus Kostengründen auf unbestimmte Zeit verschoben wurde.
Auch politisch weht ein immer stärkerer Gegenwind. Das Zurückrudern der britischen Regierung in Sachen Klimaziele führt nicht eben dazu, dass an der Börse mit schnellen Erfolgen bei Erneuerbaren Energien gerechnet wird. Stattdessen scheinen fossile Kraftstoffe wieder salonfähig zu werden und steigende Ölpreise führen mal wieder zu sehr ansehnlichen Gewinnen bei Shell und Konsorten. Nel ASA droht bei all dem, schlicht unter die Räder zu kommen. Was bleibt, ist wohl einzig die Hoffnung auf die nächste Wende. Verlass ist darauf aber kaum.
Bei Nel ASA ist noch viel Geduld gefragt
All das mag sehr negativ, in den Augen des einen oder anderen vielleicht schon fast vernichtend klingen. Doch trotz der mehr als enttäuschenden Performance in den letzten Tagen ist Nel ASA beileibe kein aussichtsloser Fall. Das Unternehmen hat durchaus noch Potenzial für einige positive Überraschungen, welche auch den Investoren große Renditen bringen könnten. Erledigt hat es sich aber mit der Hoffnung, dass dies schon in absehbarer Zeit geschehen könnte.
Wer bei Nel ASA am Wachstum zu partizipieren gedenkt, der braucht einen noch längeren Atem als bisher vermutet. Es dürften noch einige Jahre ins Land ziehen, bis Wasserstoff eine größere Rolle spielt und damit auch entsprechende Großaufträge in der Branche von der Ausnahme zur Regel mutieren. Aktuell bleibt abzuwarten, wann das Stimmungstief erreicht ist. An und für sich lockt die mittlerweile sehr niedrige Bewertung mit Aussicht auf künftige Durchbrüche. Es sieht aber schwer danach aus, als könnte die Nel ASA-Aktie in naher Zukunft noch günstiger zu haben sein. Sowohl Zweifler als auch Optimisten sind da auf der Seitenlinie gut aufgehoben.
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27.09.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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