Nel ASA: Weiter VERKAUFEN - Deutlich übertriebene Aktienreaktion auf Projektausbau „REPowerEU“
Gewinnbeiträge zusätzlicher Wasserstoffkapazitäten weiterhin fraglich
Unmittelbar seit der am 24.02. erfolgten Kriegsauslösung durch den Einmarsch russischer Militärtruppen in die Ukraine stellte sich im gesamten Aktiensegment alternativer Energieerzeugungen wieder einmal eine euphorische Kauflaune ein, die in der als langfristig unverzichtbar eingeschätzten, zunehmenden Abkopplung von russischen Öl- und Erdgasimporten nach hiermit korrespondierenden Verlautbarungen der EU-Kommission gerade auch den Wasserstoffsektor zum Gegenstand hatte und die hierin aktuell prominenteste Aktie der norwegischen NEL ASA mit einem seitherigen Kurssprung um + 58 % auf 16,80 NOK (Kurshoch vom 09.03. sogar 18,80 NOK) besonders stark explodieren ließ.
Konkreter Hintergrund dieser gewaltigen Aktienkursrallye von NEL ASA (NO0010081235) war dabei einzig und allein das nach der Ukraine-Invasion Russlands durch die EU-Kommission sofort modifizierte Strategieprojekt „REPowerEU“, das ursprünglich von 2020 bis Ende 2030 eine Jahresproduktion von 10 Mio. Tonnen grünen Wasserstoffs vorsah, nun aber um eine angepeilte Produktionsaufstockung um 15 Mio. Tonnen auf nunmehr 25 Mio. Tonnen jährlich ausgebaut werden soll, um auf diese Weise bis Ende 2030 die Abhängigkeit der EU insbesondere von russischen Erdgas-, aber auch Ölimporten um insgesamt 25 bis 50 Mrd. Kubikmeter zu reduzieren.
„REPowerEU“: Umsatzbeiträge selbst hier irrelevant, die Gewinne müssen stimmen
Eine entscheidende Unklarheit, inwiefern auch Nel ASA direkt von dieser anvisierten Erweiterung von „REPower EU“ profitieren wird, stellt sich jedoch schon bereits aufgrund der ergänzenden und durch das Gros der Anleger offenbar außer Acht gelassenen Einschränkung, dass von der jährlichen Produktionsausweitung um 15 Mio. Tonnen Wasserstoff wegen der hierin natürlich liegenden immensen (und fraglos äußerst kostenintensiven) Notwendigkeit der hiermit verbundenen Schaffungen neuer Kapazitäten allein nur 5 Mio. Tonnen, also lediglich 1/3 dieses Projektausbaus, aus der Erweiterung oder Neuerrichtung von EU-Werken gedeckt werden sollen (wo Nel ASA inkl. Großbritannien jedoch bislang auch nur rd. 26 % seines Konzernumsatzes generiert).
Die überwiegend verbleibenden 10 Mio. Tonnen grünen Wasserstoffs sollen wegen ihrer leichteren und schnelleren Verfügbarkeit und sicher auch zur zusätzlichen Budgetschonung der EU jedoch künftig aus der gesamten restlichen Welt außerhalb Europas importiert werden (wo Nel ASA mit 74 % ihres Konzernumsatzes vornehmlich jedoch in ihrer Kerndomäne von unterstützenden Elektrolyseur- und Betankungstechnologie-Ausstattungen, und kaum in direkten Wasserstofferzeugungen tätig ist, da sie in diesem reinen Hydrogen-Produktionsgeschäft natürlich auch der geballten außereuropäischen lokalen Großkonkurrenz gegenüberstehen würde).
Inwieweit also Nel ASA künftig faktisch insgesamt direkte Wasserstofferzeugungen zur Erweiterung von RePowerEU beisteuern wird, halten wir nach dem Wortlaut dieser EU-Ankündigung somit noch für völlig offen und dürfte unseres Erachtens größtenteils in unterstützenden (damit zwar natürlich noch immer nennenswert umsatzwirksamen, aber längst nicht so margenstark wie die Endproduktion von Wasserstoff) erfolgenden Bereitstellungen ihrer Elektrolyseur- und Betankungstechnologien zur Herstellung und dem Transport des Wasserstoffs bestehen.
Somit ist es völlig folgerichtig, dass der zum 1. Juli durch seinen Nachfolger Håkon Volldal abgelöste jetzige CEO Jon André Løkke die Ankündigung zur Erweiterung von „REPower EU“ bislang auch ausschließlich mit seiner Zusage beantwortete, Nel ASA „sei bereit die in Europa und im Ausland benötigten Elektrolyseur (!)-Produktionskapazitäten zu schaffen, wenn der Markt dies erfordert“ (z.B. durch Ausbau ihres im letzten Jahr in Betrieb gegangenen, hoch modernen Elektrolyseur-Werks in Herøya, dessen aktuelle Produktionskapazität von 500 MW potenziell auf bis zu 2 GW erweitert werden könne).
Gerade dieses allererste Vorleistungs- und Wertschöpfungssegment jeder Wasserstoffproduktion, nämlich die Entwicklung und Herstellung immer leistungsfähigerer Elektrolyseure, dürfte jedoch – wie kein anderer als CEO Andrew Marsh vom weltweit mit Abstand integriertesten (!) Wasserstoffstoff-Hersteller PLUG POWER (US72919P2020) anlässlich deren jüngster Quartalszahlen-Präsentation nochmals betonte – völlig nachvollziehbar in den kommenden Jahren weltweit das absolut am stärksten wettbewerbsumkämpfte „Commodity“-Segment der gesamten Wasserstoffproduktion werden, was gerade in diesem Bereich künftig den weiteren Margendruck besonders stark anziehen lassen dürfte (deutlich stärker als in direkten Wasserstoff-Produktions-, Lagerungs-, Betankungs- und Brennstoffzellentechnologien).
„REPowerEU“: Weiterer Beitrag zu Nel ASAs Neuprojekt-Verlustausweitungen nicht auszuschließen
Und hier sind wir nun auch beim eigentlichen Kern“problem“ langfristiger weiterer potenzieller EU-Aufträge an Nel ASA zur etwaigen Erweiterung ihrer Wasserstoffgewinnungs- bzw. Elektrolyseur-Kapazitäten:
Denn nicht nur ist Nel ASA in den vergangenen Jahren praktisch ausnahmslos den Nachweis schuldig geblieben, dass jegliche Neuprojektabschlüsse in ihren Wasserstoff-Elektrolyseur- und Betankungs-Technologien auch nur die geringsten Profite erwirtschafteten oder wenigstens deckungsbeitragsneutral ausfielen, sondern wie auch das jüngste gewinnseitig einmal mehr katastrophal ausgefallene 4. Quartal 2021 überdeutlich zeigte, ganz im Gegenteil offenbar fast durchweg eine weitere kostenexplosionsbedingte Margen- und Gewinnerosion nach sich zogen.
Dieser Sachverhalt, den Sie auch in dieser jüngsten Analyse noch einmal detailliert dargestellt finden und sich im desaströsen und verlustseitig alle Analystenerwartungen sprengenden Ergebnis des 4. Quartals 2021 in aller Klarheit widerspiegelte (Auftragseingang: + 43 %, laufender effektiver Umsatzanstieg dabei nur + 8 %, operative EBIT-Verlustausweitung um 40 %, Ausweitung des Vorsteuer-Verlusts um 19 %, bereinigter Nettogewinnvergleich mit dem Vorjahr aufgrund hohen Einmalertrags aus dem Börsengang von Everfuel im 4. Quartal 2020 von Nel ASA nicht publiziert) bestätigte vor allem auch den von den meisten Analysten derzeit gerade an Nel ASA geäußerten Kernkritikpunkt aus unserer Sicht sonnenklar:
Nämlich dass auch manifestiert durch die entsprechenden Aussagen von CEO Løkke (siehe ebenfalls obige Analyse), Nel ASA aktuell ganz offensichtlich nahezu jeglichen Neuprojektabschlüssen (egal um welchen Preis) derzeit eine absolute Priorität gegenüber der Frage ihrer gegenwärtig oder selbst auch künftig erzielbaren Projektrenditen und -Gewinne einräumt, oder um es noch direkter auszudrücken, offenbar bereit ist, für jegliches noch so vage gesehene künftige Wasserstoff-Umsatzpotenzial über entsprechende Neuprojektabschlüsse gegenwärtig weitere Verlustausdehnungen in ähnlicher Größenordnung hinzunehmen.
Weit übertriebene Reaktion auf „REPowerEU“ – Aktie bleibt überbewertet und verkaufenswert
Sollte sich an dieser, unseres Erachtens momentan strategisch extrem übersteigerten Fokussierung von Nel ASA allein auf eine Maximierung von Neuprojektabschlüssen künftig auch weiterhin nichts Entscheidendes ändern, würden wir jedoch nun das starke Risiko sehen, dass selbst auch künftige supranationale Folgeprojekte im Rahmen von REPowerEU (deren Subventionierungsleistungen seitens der EU oder Norwegens den hierfür bei Nel ASA anfallenden hohen Kostenaufwand jedoch bei weitem nicht kompensieren dürfte) in der aktuell offenkundigen „Großzügigkeit“ von Nel ASA im Zulassen potenziell gewinnmindernder Vertragsausgestaltungen ebenso schnell sogar noch mit weiteren Verluststeigerungen für den Konzern verbunden sein könnten (wie z.B. auch allein schon oben genannte, potenziell sehr kosten- und dazu auch noch wettbewerbssteigerungsintensive Kapazitätsausweitung ihres Werks in Herøya von 500 MW auf bis zu 2 GW vermuten ließe).
Unter all diesen Geschäfts- und Ergebnis-Unwägbarkeiten, die sich aus einer künftig aktiveren Involvierung von Nel ASA in das Projekt „REPower EU“ ergeben könnten, halten wir die sehr euphorische Aktienreaktion hierauf seit dem 24.02. somit für weit übertrieben, und raten daher auch weiterhin zu einem VERKAUF der unseres Erachtens mit einem KGV (2024e) von ca. – 200 sowie einem Kurs-Umsatzverhältnis (2024e) von ca. 5 nach wie vor erheblich überbewerteten Aktie.
Chart: NEL ASA (in Norwegischen Kronen)
Nel ASA auf TradingView
17.03.2022 - Matthias Reiner
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