Nel ASA wieder schwach, Alibaba fällt ins Bodenlose, Mercedes-Benz öffnet neues Batteriewerk und bei Volkswagen wird über sinkende Prognosen gemunkelt
Ist das die Ruhe vor dem Sturm?
Auch am Dienstag blickten die Anleger wieder gebannt auf den Krieg in der Ukraine, wo sich im Vergleich zu den vorherigen Tagen aber nur vergleichsweise wenig tat. Die russischen Streitkräfte kommen nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums kaum noch voran. Statt neuer Vorstöße gibt es nur endlose und sehr wahrscheinlich kriegsverbrecherische Bombardierungen von Städten aus der Ferne zu beobachten.
Auch wenn sich Angaben über den Kriegsverlauf nicht unabhängig bestätigen lassen, so kristallisiert sich dennoch immer mehr heraus, dass Russland auf deutlich mehr Widerstand gestoßen ist, als es die Verantwortlichen rund um Präsident Putin ursprünglich wohl vermutet hatten. An der Börse führt das zu einer kleinen Verschnaufpause und Hoffnungen auf einen baldigen Waffenstillstand.
Nel ASA (NO0010081235) konnte davon im gestrigen Handel nicht profitieren. Nach einem kleinen Höhenflug aufgrund von Hoffnungen auf einen neuerlichen Wasserstoff-Boom, gab es bei den Norwegern in dieser Woche vor allem Gewinnmitnahmen zu sehen. Von knapp 1,90 Euro im Hoch wertete die Aktie von Nel dadurch bis auf 1,63 Euro per gestrigem Handelsschluss ab. Hier dürfte auch eine Rolle gespielt haben, dass die Ölpreise wieder ein gutes Stück nachgegeben haben.
Gefahr für Volkswagen?
Einen möglichst schnellen Waffenstillstand dürften sich auch die Anleger von Volkswagen (DE0007664039) herbeisehnen, und das nicht nur aus offensichtlichen ethischen und moralischen Gründen. Die Produktion der Wolfsburger droht durch den Konflikt ins Stocken zu geraten, da wichtige Bauteile bisher aus der Ukraine stammen und der Nachschub mit jedem weiteren Kriegstag mehr und mehr zu versiegen droht.
Noch rechnet der Autobauer zwar mit einer guten Bilanz im laufenden Jahr. Das könnte sich aber ändern, sollte sich an der derzeitigen Ausgangslage nichts ändern und auch kein Ersatz für Lieferungen von Bordnetzen gefunden werden können. Dass derartige Komponenten mal eben so durch andere Zulieferer ersetzt werden können, ist wohl noch unwahrscheinlicher als ein plötzlicher Frieden in der Ukraine. Das könnte problematisch werden, denn VW-Chef Herbert Diess sprach bei der Vorstellung der letzten Jahresbilanz bereits davon, dass die eigene Prognose noch einmal nach unten korrigiert werden könnte, sollte sich die Lage in der Ukraine nicht innerhalb der nächsten drei bis vier Wochen beruhigen und stabilisieren.
Auf den Spuren von Tesla
Während Volkswagen weiter unter Druck steht, konnte Konkurrent Mecedes-Benz (DE0007100000) sich am Dienstag zur Spitze des DAX aufschwingen. Einen großen Anteil an der Erholung um 3,33 Prozent dürfte ausgerechnet die Eröffnung eines neuen Batteriewerks in den USA gehabt haben, mit dem die elektrische Revolution nun noch schneller vorangetrieben werden soll.
Noch vor Jahren gehörte auch der damals noch unter Daimler firmierende Konzern zu jenen Unternehme, welche Tesla belächelten und auch den großen Gigafactories keine große Zukunft einräumten. Dass nun eigenen Werke in einem vergleichbaren Rahmen in Betrieb genommen werden, ist so etwas wie eine späte Bestätigung. Mittlerweile ist auch bei den großen Auto-Konzernen endgültig klar, dass die Zukunft den Elektroautos gehört. Bemühungen in diese Richtung werden zumeist auch stets mit Kursgewinnen belohnt, wie der gestrige Tag recht eindrucksvoll zeigte.
Das sinkende Schiff
Ziemlich genau gar keine Hoffnungen scheinen sich Anleger derweil mit Blick auf Alibaba (US01609W1027) zu machen. Die Aktie des chinesischen Tech-Konzerns stürzt immer schneller in die Tiefe. Mit Abschlägen von 2,2 Prozent am Dienstag ging es zum ersten Mal seit fast sechs Jahren auf einen Schlusskurs von weniger als 70 Euro hinab. 69,25 Euro standen noch auf dem Ticker, als die hiesigen Börsen ihre Pforten schlossen.
Neuerliche Corona-Lockdowns im Reich der Mitte spielten dabei ebenso eine Rolle wie politische Überlegungen rund um Chinas Haltung gegenüber Russlands rücksichtslosem Verhalten der Ukraine und Europa gegenüber. Es kommen hier viele größere und kleinere negative Faktoren zusammen, welche der Alibaba-Aktie eine Trendwende weiterhin unmöglich machen. Weitere Abschläge sind zwar noch nicht unbedingt in Stein gemeißelt. Es spricht aber nur wenig dagegen, dass es auch heute wieder rote Vorzechen bei Alibaba zu sehen geben wird.
Trügerische Stille
Unter dem Strich hielten sich Abschläge gestern selbst bei den Börsen-Verlierern eher in Grenzen. Auch bei der schwer gebeutelten Alibaba-Aktie sind Verluste von 2,2 Prozent am Dienstag letztlich nichts, worüber sich Anleger schon allzu viele Sorgen machen müssen. Der kurzen Phase der Ruhe ist aber nicht allzu viel Vertrauen zu schenken, denn es könnte nur eine einzige Meldung ausreichen, um die Märkte wieder komplett auf den Kopf zu stellen. Wer jetzt investiert, muss mit gigantischen Risiken leben, die längst nicht immer in einem gesunden Verhältnis zu sich bietenden Chancen stehen. Aufgrund der aktuellen Lage sollten Anleger sich bei chinesischen Titeln darüber ganz besonders viele Gedanken machen.
16.03.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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