Türkische Lira nach erneuter Zinssenkung schwach – Turkcell und Garantibank stürzen ab
Turbulenzen an den türkischen Kapitalmärkten - Panikverkäufe bei Aktien
Die türkische Lira stürzt weiter ab, nachdem die türkische Notenbank in der vergangenen Woche trotz hoher Inflation und mit mehr als fragwürdiger Begründung unter massivem Druck durch den türkischen Präsidenten Erdogan ihr letztes Vertrauen bei den Marktteilnehmern verspielt hat. Unter den sich anschließenden Turbulenzen leiden nun auch türkische Aktien wie Garantibank und Turkcell.
Die Turbulenzen an den türkischen Kapitalmärkten verschärfen sich weiter. Wesentlich dazu beigetragen haben dürfte erneut die türkische Notenbank, welche auf ihrer Sitzung am 16.12.2021 in der vergangenen Woche die Zinsen erneut senkte, und zwar von 15 % auf 14 %. Zur dünnen und wenig überzeugenden Begründung für diese Zinssenkung stellte die türkische Notenbank auf die ,,vorübergehend wirkende Preissteigerungs-Faktoren auf der Angebotsseite‘‘ sowie auf Faktoren auf dem Devisenmarkt ab, welche außerhalb des Einflussbereiches der Notenbank liegen.
Dass man allerdings schwerwiegende Gründe, die gegen eine Zinssenkung und sehr stark für eine Zinserhöhung sprechen, mit dem Argument wegwischt, dass diese Faktoren außerhalb des eigenen Einflussbereiches liegen, ist für eine Notenbank eine abenteuerliche Argumentation. Denn der kollabierende Außenwert der türkischen Lira betrifft alle Importpreise, was zu einem Anheizen der türkischen Inflation führt. Zudem wird die Bedienung von auf etwa US-Dollar oder Euro lautenden Schulden türkischer Schuldner, welche den Schuldendienst in türkischen Lira erwirtschaften müssen, immer schwieriger bis unmöglich, ohne diese Abwertung an ihre Kunden weiterzugeben.
Der neue Absturz der türkischen Lira gegen den US-Dollar, der in Chart 1 deutlich wird, ist deshalb nur folgerichtig.
Er zeigt, dass die Lira gegen den US-Dollar allein in den letzten 2 Monaten 50 % an Wert verloren hat.
Die Turbulenzen an den Devisenmärkten springen nun aber auch auf den Aktienmarkt über. Der türkische ISE100 – Index konnte bislang einen Teil der Abwertung ausgleichen und markierte in der vergangenen Woche wie in Chart 2 zu sehen ein neues Allzeithoch. Nun aber springt das risikoaverse Sentiment auch auf den Aktienindex über, es kam heute an der Börse Istanbul zu Panikverkäufen und Handelsaussetzungen.
In diesem wichtigsten türkischen Aktienindex sind die Bank- und Telekommunikations-Aktien wie Garantibank (US9001487019) und Turkcell (US9001112047) hoch gewichtet. Beide verloren heute deutlich an Wert.
Ein längerfristiger Vergleich des ISE 100 – Index mit der Entwicklung der türkischen Lira gegen den US-Dollar seit der Finanzkrise 2008/2009 zeigt zudem, dass der Anstieg des Index den Wertverlust der Lira gegen den US-Dollar nicht ausgeglichen hat.
Zwar hängt diese Einschätzung auch vom gewählten Zeithorizont ab. Gleichwohl zeigt dieser Vergleich, dass diese oft genutzte Daumenregel in diesem Fall immer von dem richtigen Maßstab abhängt, und der kann individuell stark divergieren, da die Wahl des Anlagehorizontes von vielen verschiedenen Einflussfaktoren (Risikobereitschaft, Lebensalter, Anlagerichtlinien bei institutionellen Investoren, Gesamtmarktrisiko etc.) abhängt.
Und was ist das Fazit?
Die Türkei steht vor großen Herausforderungen. Der Devisenmarkt hat jedes Vertrauen in die türkische Notenbank verloren, und es ist eine Kapitalflucht aus der Lira im Gange. Die hohe Inflationsrate dürfte die ökonomischen Schockwellen tief in die türkische Wirtschaft senden und zu steigenden sozialen Spannungen führen. Parallel dazu dürften die Probleme für türkische Schuldner zunehmen, ihre Hartwährungsschulden in US-Dollar und Euro zu bedienen. Bis auf Weiteres liegt es nahe, keine Währungsrisiken in türkischen Lira aufzunehmen. Denn die Entwicklung der letzten Wochen bestätigt einmal mehr, dass in diesem Fall vermiedene Verluste die schönsten Gewinne sind!
20.12.2021 - Arndt Kümpel
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