Wirecard spielt auf Zeit
Neues Kursziel
Wirecard spielt auf Zeit. Nicht überraschend, denn der KPMG-Bericht hatte bereits die Zweifel an dem Unternehmen verstärkt. Dass die Umsätze des Drittpartnergeschäfts für die Jahre 2016 bis 2018 nicht von KPMG geprüft werden durften, ist völlig inakzeptabel für jeden Aktionär des Unternehmens. Der jüngste Rückzieher von Ernest Young, die als Wirtschaftsprüfer den Jahresabschluss von Wirecard zu erstellen haben, begründet diese Zweifel nun eindrücklich.
Die Einleitung des Sanktionsverfahrens hat aber durchaus erwünschte Folgen. Da Wirecard die Veröffentlichung des Jahresabschlusses für 2019 auf den 04. Juni 2020 verschoben hat, obwohl die Frist bereits am 30. April abgelaufen war, muss die Frankfurter Wertpapierbörse nun eine Prüfung des Sachverhalts vornehmen und das Unternehmen anhören. In Zeiten von Corona gibt es natürlich gleich eine ganze Auswahl von Gründen, warum die Frist nicht eingehalten werden konnte. Doch nicht einmal das bekommt das Unternehmen fehlerfrei hin.
Die Börse verliert das Vertrauen
Die Zeit, um sich abzusprechen, hat man sich bei Wirecard nicht genommen. Während der Vorstandsvorsitzende Markus Braun die Verzögerung mit fehlenden Unterlagen ausländischer Töchter begründet, verweist der Aufsichtsratsvorsitzende Thomas Eichelmann darauf, dass die Erstellung des Berichts von Ernst Young zu einer Verzögerung des Veröffentlichungstermin geführt hat. Beide Begründungen erinnern stark an den Hund, der die Hausaufgaben der Schüler gefressen hat.
Im Kern führt die Rochade dazu, dass Wirecard einen Monat Zeit gewinnt. Wie man die Zeit nutzen wird, bleibt abzuwarten. Wer jedoch nicht wartet, ist die Börse. Schon nach Veröffentlichung des KPMG-Berichts schalteten die zahlreichen spekulativen Investoren und Hedgefonds mit einem spürbaren Ruck am Markt von long auf short. Nicht kurzfristig gedacht, sondern mit der Erwartung, dass auf dieser Seite in den kommenden Monaten bei Wirecard mehr Geld zu verdienen ist. Eine Erwartung, die ich teile. Mein neues Kursziel für die Aktie liegt bei 45 Euro.
06.05.2020 - Mikey Fritz - mf@zuercher-boersenbriefe.ch
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Mikey Fritz
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07.05.2020 18:14:45 Uhr
Dem kann ich nur voll zustimmen. Eine forensische Buchprüfung, wie hier von KPMG durchgeführt, führt häufig zu neuen Erkenntnissen, da sie tiefer und detaillierter als eine normale Buchprüfung vorgenommen wird. Dass für Wirecard Erklärungsbedarf entstehen würde, war insofern unausweichlich. Eventuell hatte der Vorstand gehofft, dass die Beurteilung wohlwollend ausfallen wird und damit auch Ernst Young entlastet wird, die die Jahresabschlüsse bis 2018 einschliesslich uneingeschränkt testiert haben. Der jetzt vorliegende KPMG-Bericht legt jedoch nahe, dass EY in bis zu drei Fällen das Testat hätte einschränken müssen. Hat EY Fehler gemacht, ergeben sich daraus im Zweifel Haftungsansprüche, da die Bilanz(en) den Aktionären falsch dargestellt wird.
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steve
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07.05.2020 06:20:42 Uhr
Was ich bei der Sache nicht verstehe, dass der KPGM Bericht nicht uneingeschränkt positiv wird muss Wirecard doch klar gewesen sein. Dass man dann aber nicht alle Hebel in Bewegung setzt den Jahresabschluss für 2019 vorher fertig zu stellen. Man glaubt wohl das Nachreichen ist kein Problem. Das zeigt für mich eindeutig realitätsferne, man lebt in seiner eigenen Welt.
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