Apple will mit Werbung noch viel mehr Geld verdienen, was aber in der Belegschaft nicht mit Begeisterung aufgenommen zu werden scheint.
Wer zu viel wirbt, der stirbt?
Bisher ist das iPhone noch der mit Abstand größte Umsatztreiber für Apple. Doch das Unternehmen arbeitet längst daran, dutzende andere Standbeine heranzuziehen und diese bestenfalls in ähnliche Dimensionen zu hieven. Dazu gehören nicht nur Cloud-Geschäfte und Umsätze als Zahlungsdienstleister via Apple Pay. Auch in Sachen Werbung ist man in Cupertino schon längst aktiv
Wie es scheint, will Apple (US0378331005) genau hier künftig noch sehr viel mehr aufs Gas treten. Laut einem Bericht von „The Information“ sollen die Umsätze mit Werbung im kommenden Jahr auf über 10 Milliarden USD ansteigen, und das dem Vernehmen nach ohne Rücksicht auf Verluste. Wo immer es möglich ist, soll die Werbung ausgebaut werden, sei es bei Apple Books oder Apple Maps.
Die Nutzer dürften derartige Pläne überhaupt nicht begrüßen, und sie scheinen damit nicht alleine zu sein. Auch unternehmensintern sollen Insidern zufolge Streitereien darüber ausgebrochen sein, ob Apple sich mit seiner geplanten massiven Erweiterung der Werbetätigkeiten noch auf dem richtigen Weg befindet. Nach außen hin ist der Tech-Gigant derweil wohl sehr bemüht darum, sein noch immer positives Image nicht zu verlieren.
Genau zu diesem Zweck soll es sogar Vorgaben geben, welche Wörter und Begriffe das Personal im Kundenaustausch nicht verwenden darf. Statt von einem Algorithmus soll demnach von einer Plattform gesprochen werden und aus einem etwas anrüchigen Targeting soll flugs eine Zielgruppenerweiterung werden. Hübsches Neusprech also, damit sich Werbepartner und Nutzer wohlfühlen können, während die Chefetage den Gerüchten zufolge schon die Ausweisung weiterer Werbeflächen zu planen scheint.
Alles halb so wild?
Apple selbst reagierte zwischenzeitlich bereits auf den Bericht, sieht das Ganze aber freilich weniger kritisch als die Journalisten. Der Konzern sieht in den Vorgaben zur Kommunikation lediglich die Bemühung, eine Sprache zu verwenden, die zu den eigenen Angeboten passe. Außerdem wird darauf verwiesen, dass es kein Targeting gebe, da bei Apple keine Zielgruppen von weniger als 5.000 Personen zugelassen sind.
Über all solche Ausführungen lässt sich natürlich streiten. Unstrittig dürfte aber sein, dass Apple seine Umsätze mit Werbung nur zu gerne weiter steigern würde. Direkte Konkurrenzen zu Platzhirschen wie Alphabet (US02079K3059) soll es zwar nicht geben. Ich lehne mich aber mal ganz weit aus dem Fenster und behaupte, dass diese Einstellung lediglich darauf beruht, dass Apple selbst um seine Chancenlosigkeit im direkten Vergleich weiß. Sollten die in den Medien kursierenden Umsatzziele der Wahrheit entsprechen, so versucht Apple momentan mit Gewalt, die Einnahmen aus dem Werbegeschäft in die Höhe zu treiben.
Spielt Apple unfair?
Manch einer sieht sogar eine direkte und gewollte Benachteiligung der Konkurrenz. Bekanntlich hat Apple vor nicht allzu langer Zeit das Werbetracking von Drittanbietern empfindlich eingeschränkt und damit unter anderem Meta (US30303M1027) das Leben schwer gemacht. Selbst scheint das Unternehmen aber noch fröhlich weiter Daten zu sammeln und den derzeitigen Berichten zufolge in einem deutlich größeren Ausmaß als Drittanbieter auf der eigenen Plattform.
Bleibt abzuwarten, ob das noch ein Nachspiel haben könnte und wie die Anleger auf solche Neuigkeiten reagieren werden. Die Nutzer haben in den letzten Jahren schon oft genug unter Beweis gestellt, dass sie sich von schlechten Neuigkeiten rund um Apple wenig beeindrucken lassen und fairerweise dürfte Apple selbst im Worst Case weniger Daten sammeln und weniger Werbung schalten als Alphabet, wo die Werbung die hauptsächliche Einnahmequelle darstellt. Doch Apple pflegt ein den letzten Jahren aktiv das Image des strahlenden Ritters und Verteidigers der informationellen Selbstbestimmung. Eben das scheint man in Cupertino nun selbst untergraben zu wollen, und das könnte sich durchaus noch rechnen. Für den Moment gibt es für die Anleger noch keinen Grund für spontane Panikausbrüche. Es sollte aber genau im Auge behalten werden, ob Apple noch die richtigen Entscheidungen trifft.
21.11.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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