Einmal mehr gerät Bayer ins Visier der Gerichte und die Anteilseigner gehen schon mal in Deckung
Klagen rund um PCB gegen Monsanto könnten Bayer teuer zu stehen kommen
Vor rund zwei Monaten konnte Bayer noch einen Erfolg bei Rechtsstreitigkeiten rund um den Unkrautvernichter Glyphosat vermelden. Seither scheint etwas Ruhe eingekehrt zu sein, doch überstanden hat der Konzern die juristischen Auseinandersetzungen noch lange nicht. Dabei ist es nicht nur Glyphosat, welches nach der Übernahme von Monsanto für Ärger sorgt. Auch Altlasten rund um die giftige und seit Ende der 1970er Jahre verbotene Chemikalie PCB verfolgen Konzern und Anleger.
Im Frühjahr entschied noch ein Berufungsgericht, eine Jury-Entscheidung zu einer Klage von drei Lehrern zurückzuweisen. Letztere klagten gegen Monsanto und damit die heutige Eignerin Bayer (DE000BAY0017) mit dem Vorwurf, dass PCB über Jahrzehnte hinweg zum Einsatz kam, obschon den Verantwortlichen bewusst gewesen sei, dass dadurch schwere Krankheiten hervorgerufen werden können. Die Lehrer führten Hirnschäden auf diesen Umstand zurück und ursprünglich sollte Bayer eine Zahlung von 185 Millionen US-Dollar leisten.
Das Ganze scheint nun in die nächste Runde zu gehen. Wie das „Handelsblatt“ berichtet, will der höchste Gerichtshof im Bundesstaat Washington eine Klage rund um die möglichen Schäden prüfen. Das ist noch lange kein Urteil und Bayer zeigt sich zuversichtlich, dass die erwähnte Entscheidung durch das Berufungsgericht bestätigt werden wird. Die Aktionäre scheinen sich da aber längst nicht so sicher zu sein. Die Bayer-Aktie reagierte auf die jüngsten Entwicklungen am Mittwoch mit Kurverlusten in Höhe von 6,8 Prozent. Der noch immer überschaubare Aktienkurs fiel bis auf 27,25 Euro zurück.
Das könnte teuer für Bayer werden
Laut Bayer könne der Bundesstaat Washington kein Recht aus anderen Bundesstaaten anwenden und zudem seien die oft hohen Strafschadenersatzforderungen im Bundesstaat ohnehin unzulässig. Doch bleibt wohl abzuwarten, was die Richter zu der Thematik zu sagen haben mögen. Neu sind die Vorwürfe und Rechtsstreitigkeiten indes nicht. Mit dem Thema PCB beschäftigten sich in der Vergangenheit so einige Verfahren.
Eines davon konnte Bayer in Seattle nur mit einer Zahlung in Höhe von 160 Millionen Dollar aus der Welt schaffen. Dazu erklärte der Konzern sich im Juli bereit. 35 Millionen Dollar sollen für eine umfangreiche PCB-Sanierung zum Einsatz kommen. Die restliche Summe steht für „andere Ansprüche“ bereit, was auch immer sich dahinter verbergen mag. Wie üblich bei solchen Vergleichen will Bayer dies nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen und sieht bei sich auch noch immer keinerlei Fehlverhalten.
Unabhängig vom Ausgang des nun wohl anstehenden Verfahrens werden die Anleger einmal mehr daran erinnert, welche enormen Baustellen bei Bayer noch immer anstehen. Eine endgültige und langfristige Lösung rund um die derzeitigen Rechtsstreitigkeiten ist weiterhin nicht in Sicht. Vor einigen Monaten machten Gerüchte die Runde, laut denen Bayer einen Ausstieg per Texas-Two-Step-Verfahren anpeilen könnte. Getan hat sich in diese Richtung aber bislang noch nichts.
Das drückt auf die Stimmung
Bayer mag ein fähiges Team von Anwälten auf seiner Seite und vielleicht auch einige treffsichere Argumente haben. Dennoch bleibt viel Unsicherheit in der Aktie, denn sicher vorhersehen lassen sich die Entscheidungen der Richter nie mit letzter Sicherheit. Das wird dem Aktienkurs in absehbarer Zeit weiter zusetzen. Die Börsianer sind eine scheue Gattung, welche auf Unsicherheit nicht selten mit einem Fluchtreflex reagieren, und dies nicht einmal zu Unrecht.
Ein Urteil soll an dieser Stelle freilich nicht gefällt werden. Doch lässt sich für die Bayer-Aktie auch nur schwerlich eine Empfehlung aussprechen, solange sich hinter jeder Ecke eine weitere Hiobsbotschaft verbergen könnte. Bedenklich ist diesbezüglich auch, dass an einem Einzelurteil ein sehr langer und schmerzhafter Rattenschwanz hängen könnte. Denn die Anleger der Gegenseite werden mit hoher Wahrscheinlichkeit jedes Urteil gegen Bayer in weiteren Prozessen als Argument für ihren Standpunkt einzusetzen wissen.
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10.10.2024 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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