Die Deutsche Post sieht Reformbedarf und fordert unter anderem längere Laufzeiten für Briefzustellungen
Was werden die Anleger davon halten?
Schlecht geht es der Deutschen Post dieser Tage nicht. Erst kürzlich legte das Unternehmen recht ansehnliche Quartalszahlen vor und für das laufende Jahr wird mit einem Milliardengewinn gerechnet. Zu verdanken ist das aber vor allem dem Express- und Frachtgeschäft zu verdanken ist. Eher wenig zu den jüngsten Erfolgen trugen hingegen die klassischen Briefzustellungen bei.
Laut der Deutschen Post (DE0005552004) brachte das Geschäft mit Brief- und Paketsendungen im Inland im vergangenen Quartal zwar einen Umsatz von 3,9 Milliarden Euro mit sich. Davon hängen blieb aber lediglich ein Ebit in Höhe von 290 Millionen Euro und damit drei Prozent weniger als noch im Vorjahreszeitraum. Die Umsätze stagnieren und aufgrund der steigenden Kosten gibt die Marge nach. Das ist auch für die Aktionäre freilich keine gute Nachricht.
Die Deutsche Post versucht entsprechend, gegenzusteuern. Da sie sich aber an so manche Vorgabe aus der Politik halten muss, sind ihr die Hände in mancher Hinsicht gebunden. Eben deshalb sprach sich Konzernchef Frank Appel für Reformen aus. Unter anderem schwebt ihm vor, die verbindlichen Laufzeiten für Briefsendungen zu lockern. Bisher ist noch vorgesehen, dass wenigstens 80 Prozent aller Briefe ihr Ziel am nächsten Werktag erreichen müssen.
Die Deutsche Post konnte dieses Ziel zwar auch im vergangenen Quartal einhalten und 84 Prozent aller Briefe am nächsten Werktag zustellen. Die Herausforderungen wachsen aber aufgrund von rapide steigenden Kosten und einem hohen Krankenstand aufgrund der noch immer nicht ganz verschwundenen Corona-Pandemie. Um diesen Entwicklungen zu begegnen, sollen sich nach dem Willen der Konzernspitze die Laufzeiten für Briefe also in Zukunft eher verlängern.
Die neue Realität
Bisherige Vorgaben werden von Appel als aus der Zeit gefallen angesehen. Schließlich stammen sie noch aus einer Welt, in der E-Mail und Co. noch eine ferne Zukunftsvision waren und die Menschen auf einen schnellen Briefversand angewiesen waren. Heute sei es, zumindest aus Sicht der Deutschen Post, kein größeres Problem mehr, sollten Briefe mal zwei oder auch drei Tage unterwegs sein. Argumentiert wird auch mit dem generell stark zurückgegangenen Bedarf an Briefsendungen.
Den Kunden dürften solche Pläne kaum gefallen. Nach so mancher Portoerhöhung sollen nun also auch noch die Laufzeiten zulegen, was mehr oder weniger bedeutet, dass der Service nachlässt. Aus Anlegersicht sind die Forderung der Deutschen Post aber nachvollziehbar. Das Unternehmen muss wirtschaftlich denken und auf Dauer verspricht der Briefversand momentan weder Wachstum, noch wirklich große Gewinne. Das Ganze wirkt bei den Quartalszahlen oftmals wie das fünfte Rad am Wagen.
Beste Aussichten?
Die Politik will sich dem Thema in naher Zukunft annehmen. Was bei der Reform herauskommen wird, steht aber noch in den Sternen. Bis dahin können die Anleger sich damit trösten, dass es im Gesamtkonzern weiterhin recht erfreulich läuft. Mit steigenden Umsätzen im dritten Quartal gab sich das Management selbstbewusst genug, um die Prognose für das Gesamtjahr anzuheben. Beim Ebit wird mit 8,4 Milliarden Euro in 2022 ein neuer Rekord angepeilt.
Es liegt für die Deutsche Post also noch nicht alles im Argen, doch auch beim Frachtgeschäft trübt sich der Ausblick mehr und mehr ein. Zumindest Analysten rechnen damit, dass 2023 für die Deutsche Post zu einer deutlich größeren Herausforderungen als das laufende Jahr mutieren könnte. Begründet werden solche Befürchtungen vor allem mit dem längst vergangenen Hype rund um das Thema Online-Shopping. Natürlich kaufen die Menschen auch jetzt noch munter bei Amazon (US0231351067) und Co. ein. Doch Rekorde aus Pandemiezeiten werden so schnell wohl nicht mehr erreichte werden und entsprechend braucht es auch weniger Dienstleister, welche die ganzen Waren durch die Gegen kutschieren. Wie sehr sich dies im kommenden Jahr auf die Deutsche Post auswirken wird, bleibt abzuwarten. Eine gewisse Portion Vorsicht ist trotz der erfreulichen Q3-Zahlen aber sicher angebracht.
09.11.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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