Gold & Silber und Bitcoin & Ethereum im Stresstest
Wie entwickeln sich die Fluchtwährungen im Erwartungsschock?
Aus Sicht des Portfoliomanagements ist unter anderem die Antwort auf die Frage relevant, welche Assets ein Portfolio durch negative oder geringe Korrelation zu den klassischen Vermögenswerten stabilisieren können. In der aktuell sich zuspitzenden Situation zeigt ein Vergleich von Gold und Silber einerseits sowie Bitcoin und Ethereum andererseits, dass es zu einer deutlichen Divergenz zwischen Edelmetallen und Kryptowährungen kommt. Diese Divergenz wird vor dem Hintergrund angestrebter Wertstabilität bewertet.
Die Eskalation in der Ukraine und der Einmarsch russischer Truppen in die ostukrainischen Separatistengebiete hat an den Kapitalmärkten einen Stresstest ausgelöst.
Der VIX, der Volatilitätsindex auf den S&P 500-Index, sprang gestern in New York bereits um 20,18 % auf 37,28 % und bewegt sich damit auf einem Erwartungsniveau impliziter Volatilität, die mit den Stabilitäts-Illusionen der allermeisten Kapitalmarktteilnehmer nicht vereinbar ist.
Entsprechend stark ist nun der Realitätsdruck, die bestehende Vermögensallokation der neuen Realität nach dem Realitätsschock anzupassen. Dabei sind aber nicht nur kognitive und mentale Schocks zu verarbeiten, sondern auch finanzielle in Form abstürzender Aktien und explodierender Preise für Rohstoffe und Energie. Diese Konstellation war bereits vor Beginn der jetzigen Lage klar. Noch ist nicht klar, wie weit Russland mit seinen militärischen Aktionen in der Ukraine geht, und noch sind ebenfalls die Sanktionen des Westens als Reaktion darauf nicht final.
Was man aber schon erkennen kann, sind die ersten Reaktionsfunktionen jener Vermögenswerte, welche im Stresstest einer militärischen Eskalation auf- bzw. abwerten.
Dabei bietet sich ein Vergleich von Gold (XC0009655157) und Silber (XC0009653103) einerseits und Bitcoin (CRYPT0000BTC) und Ethereum (CRYPT0000ETH) andererseits an. Auf der einen Seite stehen die Edelmetalle, die in über 95 % der Weltgeschichte Geld waren und die, obwohl entmonetarisiert, weiterhin den Charakter von Krisenwährungen haben.
Auf der anderen Seite die Kryptowährungen, welche mit dem Versprechen der Anonymität und der Sicherheit vor Staatszugriff antraten und seit ihrer Einführung in den Börsenhandel nicht nur einen exorbitanten Wertzuwachs erfuhren, sondern sich auch immer breiterer Verwendung, insbesondere als Vermögenswert, erfreuen. Die jüngsten Auflagen von Kryptoasset-Fonds bei institutionellen Anlegern und die Einführung von Bitcoin als Währung in El Salvador sind nur einige Beispiele, die dies verdeutlichen. El Salvador hatte im September 2021 als erstes Land Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel eingeführt.
Die Änderungen des ökonomischen Kontextes der letzten Stunden zeigen nun aber eine bedeutende Divergenz zwischen Gold und Silber einerseits und Bitcoin und Ethereum andererseits.
Bitcoin auf TradingView
Dabei dürfte aber nicht nur die Erinnerung an die historische Performance als Vermögensschutz eine Rolle spielen, die für die Kryptowährungen im Wesentlichen noch gar nicht vorliegt. Neben ihrer Konkurrenz zu den staatlichen Digitalwährungen (CBDC’s) lastet nun auch der hohe Energieverbrauch des Krypto-Minings auf den Kryptowährungen.
Sollten die Energiepreise im Zuge des Konfliktes mit Russland auf dem hohen Niveau verharren oder sogar noch weiter steigen, ist mit einem weiter steigenden Druck auf die Kryptowährungen zu rechnen.
Und was ist das Fazit?
Die jüngste Entwicklung von Kryptowährungen und Edelmetallen zeigt eine sehr starke Divergenz der Wertentwicklung. Ob diese ihre Fortsetzung finden wird, ist derzeit offen. Der Stresstest zunehmender Überwachung in die Kryptomärkte und die Intervention durch den Staat bei gleichzeitig immer fragilerem ökonomischen Wachstum läuft gerade. Die anfangs versprochene Anonymität der Kryptowährungen hat sich als von der Realität enttäuschte Hoffnung erwiesen. Bislang zehren die Kryptowährungen von ihren extremen Anfangsgewinnen. Ob sie diese auch nach einer umfassenden staatlichen Regulierung aufrechterhalten können, wird der eigentliche Stresstest für sie werden.
Die Edelmetalle begannen in der Finanzkrise ihre letzte Phase exponentiellen Anstieges. Die 14 Jahre seither waren von einem historisch unnatürlichen ökonomischen Wachstum geprägt, das die tiefsten Zinsen seit 5.000 Jahren einschloss.
Aus Sicht des Risikomanagements lässt die historische Performance von Gold & Silber eine relative Wertstabilität, wenn nicht sogar einen deutlichen Wertzuwachs in ökonomischen Krisenzeiten erwarten.
In den kommenden Monaten wird sich zeigen, wer in der Arena der ,,Must have – Krisen-Assets‘‘ den relativen Sieg davontragen wird. ,,Lasset die Spiele beginnen!‘‘
24.02.2022 - Arndt Kümpel
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