Philips: Gewinnwarnung für 2019
Grundsolide Perspektiven für Philips trotz Gewinnwarnung
Eine im Ausmaß wie auch der Begründung sehr überraschende Margen- und Gewinnwarnung gab heute der weltführende niederländische Medizintechnikkonzern PHILIPS N.V. (NL0000009538) ab. Die Aktie korrigierte daraufhin um bis zu - 10 %.
Zwar wurde nach vorläufigen Angaben im 3. Quartal 2019 (per Ende September) gegenüber dem Vorjahr ein organisches Umsatzwachstum incl. Währungseinflüssen von + 6 % auf ca. 4,7 Mrd. Euro publiziert. Dies an sich ist im aktuellen Umfeld verstärkter USA-getriebener Handelskriegsspannungen und einer erlahmenden Weltkonjunktur jedoch bereits ein beachtlicher Erfolg, da somit im 3. Quartal sogar eine weitere Umsatzbelebung bei PHILIPS stattgefunden hat. Noch im 1. Halbjahr 2019 wurde nämlich nur eine vergleichbare Geschäftsausweitung von + 4 % gegenüber Vorjahr ausgewiesen.
Ist somit umsatzseitig bei PHILIPS aktuell alles im Lot, so schockierte der Konzern den Markt heute allerdings mit seinen anschließenden Aussagen zur Margen- und Gewinnentwicklung im abgelaufenen Quartal.
So verzeichnete der Konzern im 3. Quartal einen spürbaren Rückgang der operativen Marge von 13,2 % im Vorjahr auf nun nur noch 12,4 %. Noch zum Ende des 1. Halbjahres hatte diese Marge dagegen noch bei einem Spitzenwert von 15,3 % gelegen. Konkret bedeutet dies also für den operativen Gewinn nach Abschreibungen (EBITA) auf vergleichbarer Basis, dass dieser im 3. Quartal 2019 gegenüber Vorjahr lediglich um magere 3 % auf nur rd. 583 Mio. Euro gestiegen sein dürfte. Noch zum Halbjahresende hatte dagegen eine EBITA-Ausweitung gegenüber Vorjahr um 10,5 % zu Buche gestanden.
Noch stärker korrigiert Philips nun sogar auch seine bisherige Ergebnisprognose für das Gesamtjahr. War man bisher in 2019 von einem Anstieg der EBITA-Marge um rd. 1 %-Punkt gegenüber 2018 ausgegangen, so wird diese Ausweitung für 2019 nun nur noch auf kaum erwähnenswerte 0,1 – 0,2 %-Punkte taxiert. Dies bedeutet jedoch noch immer, dass in 2019 der EBITA gegenüber 2018 recht deutlich um rd. 7,7 % zulegen dürfte (was jedoch eine deutliche Wachstumsabschwächung gegenüber dem 1. Halbjahr darstellt).
Handelskriegs-Auswirkungen in der expansiven Gerätesparte Ferndiagnostik
Kopfzerbrechen bereitet Philips aktuell offenbar vor allem eines der innovativsten und daher in der Vergangenheit auch am stärksten vorangetriebenen Produkt-Segmente, nämlich die Gerätesparte „Ferndiagnostik“ (Connected Care). Dieser Bereich, der vor allem die computergestützte Fernüberwachung chronisch kranker und bettlägeriger Patienten zum Gegenstand hat, war aufgrund dieser hohen technologischen Anforderungen wie auch der Ausbreitung chronischer und altersbedingter Erkrankungen bis zuletzt ein Kernpfeiler von Philips‘ Expansionsstrategie gewesen. Dieser Bereich leistete im 1. Halbjahr immerhin einen Beitrag von rd. 24 % zum Konzernumsatz (Ende 2018: erst 17 %), ist hinter den Kernsparten Stationäre Medizingeräte (43 % Umsatzbeitrag) und Medizinische Haushaltsgeräte (30 % Umsatzbeitrag) jedoch bislang die kleinste der 3 Kerndivisionen von Philips.
Wie stark der zunehmend verfahrene und marktstörende Handelskrieg zwischen den USA und China nun selbst vermeintlich gewinnstabilste Unternehmen und deren Divisionen zu tangieren beginnt, wird jedoch am Beispiel von Philips mit der heutigen Negativmeldung vor allem zur Sparte „Connected Care“ überdeutlich und erklärt wohl auch die scharfe Aktienkursreaktion auf einen konzernweit eigentlich noch immer passablen Geschäftsverlauf.
Denn da einerseits die USA für Philips bis heute grundsätzlich eine sehr wichtige Technologie-Hochburg in der Entwicklung ihrer gesamten Medizingeräte ist, andererseits angesichts der bekannten demographischen Überalterungsstrukturen und Behandlungsdefizite gerade im asiatischen Raum (insbesondere China) Philips ihre Ferndiagnostik-Geräte jedoch offenbar in hohem Maße dorthin geliefert hat, wird der Konzern speziell in dieser Sparte durch die eskalierenden Zollerhebungen zwischen USA und China nun schlagartig in die Zange genommen. So haben sich in den Produktionsstätten von „Connected Care“ zuletzt offenbar wegen Nachfrageausfällen (aus Asien) zunehmende Überbestände aufgetürmt, die Philips hier mittlerweile nicht nur zu einer Produktionsdrosselung dieses Bereichs, sondern überdies zu einer nicht weniger als 30 % (= 78 Mio. Euro) des Quartalsgewinns betragenden Abschreibung auf den Spartenwert von „Connected Care“ veranlassten.
Darüber hinaus - und dies ist ein weiterer sehr lobenswerter Beleg für unsere immer herausgestellte extreme Handlungskonsequenz bei Philips - reagiert Philips auf ihre Geschäftsbehinderung durch die Strafzoll-Erhebungen bereits seit Monaten damit, dass sie nun selbst auch die Produktion dieser Ferndiagnostikgeräte immer mehr in deren Kernabsatzregion, sprich nach Asien / China zu verlagern beginnt, um vor allem den immer stärkeren zollbedingten Preiserhöhungen in den USA wirkungsvoll zu begegnen. Konzernchef van Houten räumte jedoch auch bereits in dieser Hinsicht ein, dass sich dieser Produktionsverlagerungsprozess nach Asien (wo Philips mit rd. 20 % Konzernumsatzanteil bislang noch deutlich relativ zu ihrem 33 %-igen USA-Geschäft unterrepräsentiert ist), deutlich schwieriger und langwieriger gestalten würde, als Philips dies zuvor vermutet hatte.
Hohe Geschäftsanpassungsfähigkeit – Aktie bleibt haltenswert
So sehr also diese Störeinflüsse der US-chinesischen Handels- und Zollpolitik auf ein kerngesundes europäisches Unternehmensflaggschiff wie Philips zu bedauern sind, ist doch um so beeindruckender (wenn nicht gar bewundernswerter), mit welcher Vehemenz und Konsequenz Philips dieser externen Behinderung ihrer Geschäftstätigkeit aktuell entgegenwirkt.
Die jetzige Produktionsverlagerung nach Asien, die (ironisch angemerkt) für Philips nun genau den Regionenausgleich gegenüber der USA zum Ziel hat, den die USA von China ja auch schließlich einfordert, wird Philips langfristig sicher auf noch solidere Beine stellen und ihre künftigen weiteren Expansionspotenziale in jedem Fall deutlich flexibler gestalten.
Nach dem Prinzip „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ sehen wir diese Investition daher zur Herstellung einer tragfähigeren Zukunft von Philips als klar gerechtfertigt und unverzichtbar an, und gehen daher auch davon aus, dass die heutige Gewinnwarnung keine nachhaltige Reduzierung der Aktienbewertung nach sich ziehen wird.
Da die Aktie von Philips in der noch nicht am Endpunkt angekommenen Unternehmenstransformation zu einem globalen Medizingerätehersteller der 1. Liga außerdem auch weiter einen mindestens 30%-igen Bewertungsabschlag (KGV 2020e: rd. 22) gegenüber den langjährig etabliertesten Branchenkonkurrenten der USA aufweist, sehen wir die Aktie auch weiterhin in jedem Fall als günstig genug bewertet an, um sie weiter als haltens-, wenn nicht gar ab ca. 36 Euro auch wieder als kaufenswert einzustufen. Der Titel verbleibt daher auch weiterhin im Bestand unseres Musterdepots „ZÜRICHER TREND KONSERVATIV“.
CHART: Aktienkurs PHILIPS N.V.
10.10.2019 - Matthias Reiner - mr@ntg24.de
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