BÖRSE TO GO - mit Infineon, Shell und Evonik
Fed liefert - und enttäuscht doch
Guten Morgen,
Enttäuschungen an der Wall Street über die Zinsentscheidung der Fed ändern nichts an der Tendenz. Wieder einmal war nicht der Akt an sich relevant, sondern das was zwischen den Zeilen angedeutet wurde, nämlich das Fed-Chef Powell bis auf weiteres von einer einmaligen Entscheidung ausgeht, nicht aber von einem neuen Zinssenkungszyklus. Das hätte die Börse aber gern gehört.
Immerhin: Powell verwendet mittlerweile einen ähnlichen Wortschatz wie Draghi: die Fed stehe bereit für weitere Maßnahmen falls dies erforderlich sei. Wir wiederholen was wir diese Woche bereits einmal unterstrichen hatten: die Fed schwenkt um von einer faktischen Analyse zu einer Risikoorientierten Denkart. Das ist für die USA neu, spiegelt aber die hohe Unsicherheit welche mit Trumps Politik ihren Ursprung hat.
Die technische Ausganglage der Wall Street hat sich nicht verschlechtert. Der Rücksetzten, und mögliche weitere in den kommenden Tagen, darf als sog „Pull-Back“ auf die Ausbruchslinien der Indices gesehen werden, für die mittelfristige Perspektive hat sie bislang keine Auswirkung. Insbesondere da die Berichtsaison gezeigt hat: spätestens mit der Vorlage der APPLE Zahlen ist klar das die Welt der High-Techs in Ordnung ist.
Ja, es gibt Gegenwinde, aber keine die nicht zu meistern wären. Wir jedenfalls sind mit der US-Berichtsaison zufrieden, im DAX und Europa gilt es nun sorgfältig zu selektieren denn das Bild bleibt sehr gemischt.
Gold liefert weitere Signale
Klarer sieht es immer mehr bei Gold aus. Das jüngste technische Kaufsignal erhält zusätzliche Unterstützung durch die neusten Notenbank Aktivitäten: Wichtigster Treiber für den Goldpreis bzw die Nachfrage sind offensichtlich die Notenbanken. Im ersten Halbjahr kauften sie weitere 374 Tonnen was einem Anstieg von 47 % im Vergleich zum Vergleichsquartal 2018 entspricht.
Dabei war bereits 2018 ein Jahr der Rekord-Käufe von Zentralbanken: insgesamt kauften sie 600 Tonnen im letzten Jahr, der höchste Wert seit der Abschaffung des Gold-Standards Ende der 1960er-Jahre und bislang deutet nichts darauf hin, dass der ihr Kaufrausch nachlässt.
Nach dem „Big Bang“ an der Wall Street war es natürlich besonders spannend, wie die europäischen Märkte öffnen würden. Zumindest bis Redaktionsschluss schlugen sich die Indices relativ wacker, was auch damit zusammenhängen könnte, dass ja bekanntlich schon in den vergangenen Tagen ordentlich Abgabedruck aufgebaut worden war. Letztlich wenden sich die Anleger derzeit wieder sehr schnell der Berichtssaison zu, die nach wie vor relativ durchmischt verläuft.
INFINEON hält stand
Auf der Haben-Seite können wir auf jeden Fall INFINEON verbuchen. Der Chiphersteller überzeugte in seinem dritten Fiskalquartal trotz der schwierigen Bedingungen im Halbleitersektor mit robusten Ergebnissen. So konnte der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 4% auf fast 2 Mrd. Euro gesteigert werden. Im Vergleich zum Vorquartal ergab sich ein Plus von 2%, womit man letztlich auch die eigenen Erwartungen erfüllen konnte.
Beim operativen Gewinn meldete INFINEON einen Rückgang um 11% auf 317 Mio. Euro. Dieser war allerdings schon eingepreist, nachdem das Unternehmen im März bereits seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr wegen der Probleme im Autosektor und in China abgesenkt hatte. Da INFINEON unter dem Strich keine negative Überraschung lieferte, greifen auch die Anleger weiter zu. Für die Aktie bedeutet das, dass sie im laufenden Rebound-Versuch die neue Unterstützungszone um rund 16,80 Euro bestätigen konnte, was auf Anschlusskäufe hinweist.
Schwacher Ölpreis zieht SHELL nach unten
Die derzeit schwache Lage am Ölmarkt haben dem Energiemulti SHELL zu schaffen gemacht. Wie das Unternehmen, das sowohl Öl als auch Gas fördert und in Raffinerien weiterverarbeitet, meldete, ging der Gewinn im zweiten Quartal um rund 24% auf 3,5 Mrd. Dollar zurück. Damit verfehlte man deutlich die Erwartungen des Marktes, was sich in einem veritablen Kursminus niederschlug.
Trotz der aktuellen Rückschläge bleibt SHELL zumindest mit Blick auf 2020 optimistisch. Gleichzeitig will man die Anleger bei der Stange halten, indem man eine neue Runde in seinem Aktienrückkaufprogramm startet. Ob das schnell Wirkung zeigt, bleibt abzuwarten. Aus charttechnischer Sicht wird es jetzt allerdings erst einmal kritisch, nachdem die Aktie ihre Unterstützungszone bei rund 28 Euro bzw. für die britischen Notierungen bei rund 2520 Pence nach unten hin durchschlagen hat. Kurzfristig sehen wir hier erst einmal nur wenig Spielraum für eine schnelle Erholung, sondern befürchten eher, dass die Aktie bestenfalls eine Seitwärtsbewegung einschlägt. Unter diesen Prämissen ziehen wir hier vorerst einen Schlussstrich und stellen die Aktie mit einem kleinen Gewinn von rund 6% zum Verkauf.
EVONIK will sparen
Wenig Begeisterung findet auch der Spezialchemie-Hersteller EVONIK. Bei der Präsentation seiner Quartalsbilanz musste auch dieser Konzern mit Blick auf die schwierige Lage im Autosektor Rückgänge mitteilen. Insgesamt zeigen die Bremsspuren in der Konjunktur entsprechende Folgen. So ging der Umsatz im zweiten Quartal um 3% auf 3,3 Mrd. Euro zurück. Der operative Gewinn auf Basis EBITDA verringerte sich um 8% auf 566 Mio. Euro. Netto verdiente das Unternehmen rund ein Viertel weniger als noch im Vorjahreszeitraum.
Dennoch bestätigte EVONIK erst einmal seine Prognosen für das laufende Geschäftsjahr. Weiterhin will man beim Umsatz die Marke von 13,3 Mrd. Euro erreichen bzw. ein bereinigtes EBITDA von 2,15 Mrd. Euro verdienen. Um das zu erreichen, soll auch weniger investiert werden. Ein zweischneidiges Schwert, was letztlich auch im Aktienverlauf sichtbar wird. Denn auch hier sorgen die neuen Zahlen dafür, dass der kurzfristige Aufwärtstrend der letzten Wochen jetzt wieder nach unten hin gebrochen wird. Hier sollte erst einmal Abstand gehalten werden.
01.08.2019 - Carsten Müller - cm@ntg24.de
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