So will ADVA Optical Networking die Unterbewertung gegenüber der Peer-Group aufholen
2021er-Ausblick noch konservativ
Der Netzwerkausrüster ADVA Optical Networking SE (ISIN: DE0005103006; WKN: 510300) konnte mit den Ende Februar veröffentlichten 2020er-Gesamtjahreszahlen viele Marktteilnehmer überzeugen. Nicht umsonst zeigte die Aktie während des Abverkaufs im Technologiesegment eine ausgeprägte relative Stärke gegenüber diesem Sektor. Wir haben nun mit Steven Williams, Director Treasury & Investor Relations bei ADVA, ausführlich über die aktuelle Lage des operativen Geschäfts und die Perspektiven für das laufende Geschäftsjahr gesprochen.
NTG24.de: Im vierten Quartal 2020 konnte ADVA bei der operativen Marge einen gewaltigen Sprung nach vorne machen, welche Faktoren haben hierzu beigetragen?
Steven Williams: Im Jahr 2020 kamen eine Vielzahl an Faktoren zusammen. Zunächst haben die im Jahr 2019 eingeführten Kostenreduktionsmaßnahmen den erwarteten Effekt gezeigt. Unser Fokus auf Innovation war in der Vergangenheit mit hohen Investitionen verbunden und wir haben zahlreiche Technologien zur Marktreife gebracht. Dies erlaubt uns aktuell unsere Forschungs- und Entwicklungskosten sowie andere OPEX Komponenten gegenüber 2019 stabil zu halten. Auf der anderen Seite haben wir 2020 einen etwas günstigeren Kunden- und Produktmix verzeichnet, der zu einer Margenverbesserung beigetragen hat. Darüber hinaus unterstützt der schwächere US-Dollar unsere Profitabilität, und selbstverständlich hat unsere Marge, wie bei vielen anderen Unternehmen auch, von der pandemiebedingten geringeren Reiseaktivität profitiert.
NTG24.de: Für das erste Quartal 2021 prognostizieren Sie im Mittel mit 7 % bis 9 % eine höhere Marge als für das Gesamtjahr 2021, wobei Sie hier von 6 % bis 9 % ausgehen. Hingegen fiel das erste Quartal in ihrer Firmenhistorie saisonal bedingt deutlich schwächer als das Gesamtjahr aus. Bitte erläutern Sie den Hintergrund, warum Sie im Hinblick auf den weiteren Jahresverlauf wieder etwas zurückhaltender werden.
Steven Williams: Die Guidance mit erwarteten Umsatzerlösen zwischen EUR 580 Millionen und 610 Millionen Euro sowie einer Marge von 6 % bis 9 % für das Gesamtjahr 2021 haben wir im Rahmen der Ad-hoc Publikation vom 7. Januar 2021 ausgegeben. Der Kunden- und Produktmix ist auch im ersten Quartal sehr positiv für uns, und wir sparen weiterhin Reisekosten. Der Grund für eine zusätzliche Guidance für das erste Quartal ist, wie sie sagen, damit begründet, dass wir substanziell von der Saisonalität in den vergangenen Jahren abweichen. Auch wenn wir vielversprechend in das neue Jahr gestartet sind, stehen wir immer noch zu Beginn des Geschäftsjahres. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen weltweit sind immer noch von starker Verunsicherung geprägt, so dass wir bezüglich der Jahresprognose noch etwas vorsichtig sind.
NTG24.de: Wie Sie bereits erläutert haben, will ADVA den Umsatzanteil des strukturell profitableren Softwaregeschäftes deutlich ausbauen. Welche Ziele hat sich Ihr Unternehmen für diese Sparte gesetzt und wie weit sind Sie bei der Umsetzung fortgeschritten?
Steven Williams: Sehr gute Frage. Wir haben den Software- und Serviceumsatz bereits in den letzten Jahren kontinuierlich weiter ausgebaut und konnten diesen im Jahr 2020 von circa 20 % auf 23 % weiter steigern. Mittelfristig streben wir an, diese Umsätze auf über 30 % vom Umsatz zu steigern. Unsere Ensemble-Softwarelösungen – darunter auch Lösungen zur Virtualisierung von Netzfunktionen – haben an Dynamik gewonnen, und unsere neu eingeführten Netzwerkbetriebssysteme, Ensemble-Connector und Ensemble-Activator, haben ein besonders hohes Wachstumspotenzial. In unserem Dienstleistungsportfolio bauen wir unsere Kompetenzen weiter aus, einschließlich des Einsatzes künstlicher Intelligenz und der Einführung neuer Angebote in den Bereichen Netzwerksicherheit, Planung und Beratung.
NTG24.de: Aktuell wird die ADVA-Aktie gemessen an den 2021er-Konsensschätzungen beim Umsatz und Nettogewinn deutlich niedriger bewertet als andere Titel innerhalb ihrer Peer-Group. Wo liegt aus Ihrer Sicht der Grund hierfür und wie möchten Sie den Bewertungsabschlag perspektivisch aufholen?
Steven Williams: Wir sind aktuell mit einem Umsatz-Multiple von 0.8x deutlich unter unseren Vergleichsunternehmen bewertet, die wiederum Umsatz-Multiples von 1.5x bis 2.0x zeigen. Die Bewertungsprämien, die unsere Wettbewerber innehaben, sehen wir auch unter anderem darin begründet, dass diese am US-amerikanischen Index NASDAQ gelistet sind. Dort werden Innovationsführerschaft und Wachstumschancen tendenziell deutlich höher bewertet, wohingegen Bewertungen ausschließlich basierend auf Finanzkennzahlen als eher unpassend für den Tech-Sektor gesehen werden. ADVA ist Innovationsführer in zahlreichen Applikationen mit interessantem Wachstumspotenzial. Diese Innovationsführerschaft haben wir uns mit vergleichsweise hohen R&D-Aufwendungen erarbeitet, und bewusst eine vergleichswiese niedrige Marge in Kauf genommen. Das konnten nicht alle Anleger nachvollziehen. Heute sind wir einer der Gewinner in einem konsolidierten Markt und unsere innovativen Produktneuentwicklungen liefern Returns. Verglichen mit dem Jahr 2019 haben wir unser pro forma Betriebsergebnis um beachtliche 36,4 % steigern können. Der Ausbau der bereits beschriebenen Software- und Serviceumsätze, die Steigerung vom profitablem Kundesegment „Enterprise“ sowie weitere Vertikalisierungsbemühungen werden mittelfristig eine Marge im hohen einstelligen Prozentbereich sicherstellen. Darüber hinaus stehen die makroökonomischen Dynamiken zu unseren Gunsten. Die Pandemie hat die Bedeutung einer gut funktionierende Dateninfrastruktur endlich transparent gemacht. Darüber hinaus sind wir der einzig verbliebene Netzausrüster in Europa, der auch über ein für 5G so wichtiges Synchronisationsportfolio verfügt, was in Zeiten von De-Globalisierung und der anhaltenden Diskussion des Produktherkunftslandes ein Wettbewerbsvorteil sein kann. Wir sind überzeugt, dass die kontinuierliche Umsetzung unserer Strategie in dem für uns spannenden Makroumfeld automatisch zu einer fairen Marktbewertung führen wird.
NTG24.de: Vielen Dank für das spannende Interview und weiterhin viel Erfolg!
Eine aktuelle Handlungsempfehlung zur ADVA-Aktie finden Sie in unser Partnerpublikation „Zürcher Trend“.
11.03.2021 - Tim Rademacher - tr@zuercher-boersenbriefe.ch
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