Mit Drohnenlieferungen wollte Amazon einst hoch hinaus, doch auch nach Jahren der Entwicklung sind noch keine Erfolge zu sehen
Die Probleme wollen kein Ende nehmen
Es ist jetzt schon ganze zehn Jahre her, dass Amazon erstmals verkündete, künftig Lieferungen per Drohne ausliefern zu wollen. Daraus entstand ein kleiner Hype, der unter anderem auch zuvor unbekannten Unternehmen wie Drone Delivery Canada Rückenwind verlieh. Mittlerweile lockt das Thema an der Börse aber kaum noch jemanden hinter dem Ofen hervor und auch Amazon scheint keine großen Erfolge mit dem Ansatz zu feiern.
Dabei ist es nicht so, als hätte Amazon (US0231351067) das Projekt schon aufgegeben. Im Gegenteil, erst vor Kurzem startete der Internet-Gigant einen Modellversuch, bei dem rund 10.000 Pakete per Drohen ausgeliefert werden sollten. Laut „CNBC“ ist man von diesem Ziel aber noch sehr weit entfernt. In zwei Testmärkten wurden demnach bisher lediglich 100 Lieferungen per Drohne erledigt, während der Rest mit dem klassischen Lieferwagen sein Ziel gefunden hat.
Die Lage könnte aber noch dramatischer aussehen, als es diese ohnehin schwachen Zahlen vermuten lassen. In Lockeford wird gemunkelt, dass sich gerade einmal 14 Einwohner der Stadt für die Lieferung per Drohne registriert hätten. Anonyme Amazon-Mitarbeiter berichten CNBC gar, dass aktuell nur zwei Haushalte mit Drohnen beliefert würden. Das steht konträr zu Aussagen von Amazon selbst, wonach sich „Tausende“ Kunden für den Service interessieren würden.
Keine leichte Sache für Amazon
Dem Erfolg steht aber nicht nur eine möglicherweise geringe Nachfrage im Weg. Probleme gibt es den Medienberichten zufolge auch beim Zusammenspiel mit der allgemeinen Luftfahrt. Gerade in den USA stößt Amazon da schnell an die eigenen Grenzen, da in keinem anderen Land so viele Flugzeuge unterwegs sind. Jene bewegen sich zwar in der Regel in deutlich luftigeren Höhen als Amazon-Drohnen, was die Lage aber nur unwesentlich weniger komplex macht.
Damit stehen einige Fragezeichen über dem Vorhaben, mit dem eigentlich in Zukunft Pakete mit einem Gewicht von bis zu 2,5 kg innerhalb von 30 Minuten nach Bestellung ausgeliefert werden sollen. Amazon schickte sich im vergangenen Jahrzehnt an, den Versandhandel wieder einmal komplett zu revolutionieren. Übriggeblieben ist von diesem Vorhaben aber nur noch erstaunlich wenig und es erscheint einigermaßen zweifelhaft, ob sich daran noch einmal etwas ändern wird.
Den Kurs der Amazon-Aktie dürfte das nicht weiter tangieren, denn bei vielen Anlegern sind Drohnen-Lieferungen ohnehin schon ein wenig in Vergessenheit geraten. Die großen Versprechen der Vergangenheit konnten schlicht nicht eingelöst werden. Vielleicht wird sich das irgendwann in Zukunft mit neuen Generationen von Drohnen und klaren Regelungen im Luftraum ändern. Selbst im besten Fall werden bis dahin aber noch Jahre vergehen, womöglich auch noch ein weiteres Jahrzehnt.
Amazon muss umdenken
Angesichts eines schwächelnden Kerngeschäfts stellt sich bei Amazon da auch die Frage, ob sich große Investitionen in das Thema überhaupt noch lohnen. Zumindest an der Börse blicken die Anleger sehr viel stärker auf Bereiche wie die Cloud und Künstliche Intelligenz. Hier zeigt sich ein deutlich größeres Wachstumspotenzial, und das bei nicht größeren Anstrengungen, die dafür nötig wären. Vielleicht ist es da als Anteilseigner gar nicht verkehrt, den Fokus auf neue Chancen zu legen.
Die Amazon-Aktie zeigte sich in den letzten Tagen wieder etwas fester. Bis zum Wochenende konnte das Papier sich bis auf 107,84 Euro verbessern und den Abstand zum 52-Wochen-Tief bei 77,04 Euro weiter ausbauen. Es bleiben einige Ungewissheiten und einfach wird es der Internet-Riese im laufenden Jahr eher nicht haben. Rein charttechnisch bleibt aber Comeback-Potenzial vorhanden. Die kommenden Tage dürften aber noch von politischen Reibereien in den USA rund um die Schuldenobergrenze überschattet werden, welche die Märkte insgesamt noch fest im Griff haben. Langfristig bleibt es damit bei guten Chancen, auf kurze Sicht lassen sich aber auch (deutliche) Korrekturen derzeit unmöglich ausschließen.
22.05.2023 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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