Amazon bereitet sich schon jetzt auf das wichtige Weihnachtsgeschäft vor und will die Einnahmen in die Höhe schrauben
Drittanbieter im Visier des Handelsgiganten
Die Weihnachtszeit ist mit Abstand der größte Umsatztreiber für den Einzelhandel und auch Amazon erzielt einen wesentlichen Teil seiner Einnahmen zum Ende des Jahres. Da dürfte es nur verständlich sein, dass schon jetzt die Vorbereitungen für die Festtage laufen. Um die eigenen Umsätze zu erhöhen, scheint der Konzern zu einem ungewöhnlichen Mittel zurückgreifen zu wollen.
So berichtet „Der Aktionär“, dass Amazon (US0231351067) offenbar von Dritthändlern vorübergehend höhere Gebühren ergeben möchte. Unter Verweis auf „CNBC“ ist die Rede davon, dass Millionen Händler, die mit dem Online-Giganten kooperieren, von Mitte Oktober bis Mitte Januar mehr Gebühren zahlen sollen. Pro verkauftem Artikel sollen dann 35 Cent an Amazon abfließen, zusätzlich zu den ohnehin schon bestehenden Gebühren.
Betroffen sind dabei sämtliche Anbieter, die weite Teile ihres Service auf Amazon auslagern. Per „Fulfillment by Amazon“ haben Händler die Möglichkeit, die Kommissionierung und den Versand auf Amazon auszulagern, was der Anbieter sich natürlich entlohnen lässt. In der wichtigen Weihnachtszeit scheint eben das nun eben nochmal etwas teurer zu werden. Sehr wahrscheinlich wird diese Rechnung am Ende aber ohnehin der Kunde zahlen müssen. Für Amazon selbst ist das Ganze vor allem eine Möglichkeit, der hohen Inflation zu begegnen, ohne direkt an der Preisschraube von vielen Artikeln zu drehen.
Sollten die Gerüchte sich bewahrheiten, wäre das auch keine kleine Sache. Rund die Hälfte der Umsätze werden mittlerweile auf dem Amazon-Marktplatz erzielt. Höhere Gebühren bedeuten daher schon nach kurzer Zeit Milliardeneinnahmen und bieten das Potenzial, die Zahlen von Amazon ordentlich aufzuwerten. Das dürfte gerade im Schlussquartal wichtig sein, bei dem die Aktionäre noch einmal genauer als im restlichen Jahr auf die Ergebnisse von Amazon schauen.
Das kommt gut an
Die Aussicht auf diesen ungewöhnlichen Schritt scheint bei den Anlegern auf Gefallen zu stoßen. Im gestrigen Handel ließen sich bei der Aktie von Amazon Zugewinne von 1,07 Prozent feststellen. Sensationell ist das nicht unbedingt, zumindest aber ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Das Papier setzt die jüngste Erholung fort, welche auf Monatssicht bereits Zugewinne von knapp 23 Prozent mit sich brachte und den Kurs bis auf 141,14 Euro anheben konnte. Zur Erinnerung: noch im Mai kämpften die Bullen darum, nicht die 100-Euro-Linie aufgeben zu müssen.
Die Stimmung hat sich also deutlich gedreht und die Aussicht auf ein erfolgreiches Schlussquartal dürfte von entscheidender Bedeutung dafür sein, den Aufwärtstrend bei Amazon am Leben zu erhalten. Schließlich war es vor allem das Kerngeschäft, welches im ersten Halbjahr schwächelte, während die Cloud und andere Bereiche weiterhin ein ansehnliches Wachstum auf die Beine stellen konnten.
Welche Risiken gibt es bei Amazon zu beachten?
Im Zuge des Comebacks von Tech-Aktien sind die Anteilsscheine von Amazon wieder deutlich interessanter geworden. Risiken bleiben aber nach wie vor bestehen und eben jene sind zuletzt sogar eher größer als kleiner geworden. Konjunkturdaten enttäuschten in den letzten Tagen eher und die hohe Inflation lässt vermuten, dass Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr etwas kleiner ausfallen könnten als in der Vergangenheit. Das bringt Potenzial für große Enttäuschungen bei den Aktionären von Amazon mit sich.
Aktuell scheinen die Bullen sich dazu entschlossen zu haben, solche Gefahren einfach zu ignorieren. Es lässt sich am Gesamtmarkt eine enorme Kauflaune feststellen, obwohl zahlreiche Faktoren eher zur Vorsicht mahnen. Doch die Bullen scheinen schlicht die Schnauze voll zu haben von den ewigen Warnungen vor der Rezession und ähnlichen unerfreulichen Szenarien. Das ist für den Moment ein erfreulicher Anblick und den Anlegern seien alle Kursgewinne von Herzen gegönnt. Die noch immer bestehende Volatilität und die nicht kleiner gewordenen Risiken sollte aber niemand einfach aus den Augen verlieren.
17.08.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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