Mit Änderungen bei Prime stößt Amazon derzeit auf viel Unverständnis bei den Nutzern
Die „Verbesserung“, die niemand wollte
Vor wenigen Tagen kündigte Amazon große Neuerungen für das Prime-Abo an und wollte das vor allem als eine Verbesserung verkaufen. Die meisten Nutzer sehen das aber anscheinend anders und der ohnehin zuletzt immer mehr in die Kritik geratene Bezahldienst droht derzeit immer weiter an Popularität zu verlieren.
In Kürze haben Abonnenten von Amazon Prime Zugriff auf rund 80 Millionen statt zuvor 2 Millionen Lieder, welche immer und überall gestreamt werden können. Das klingt zunächst nach einer große Verbesserung, und als eine eben solche wollte Amazon (US0231351067) das Ganze auch ursprünglich verkaufen. Die Sache hat aber einen gewaltigen Haken, mit dem längst nicht jeder einverstanden ist. Im Gegenteil, die Kritik im Netz wird derzeit immer lauter.
Einen recht umfangreichen Artikel, der sich mit der Problematik beschäftigt, findet sich beispielsweise bei „ten.de“, doch auch anderswo und besonders in den sozialen Medien hagelt es Kritik an Amazon. Vordergründig stören die Nutzer sich daran, dass sie einzelne Titel bei Prime künftig überhaupt nicht mehr direkt ansteuern können. Ermöglicht wird lediglich die Zufallswiedergabe. Wer also nach einem bestimmten Lied sucht, muss sich vorher bis zu zwei andere Lieder genehmigen, die mit dem eigentlich gewünschten Titel wahrscheinlich nicht viel gemeinsam haben werden.
Aus Sicht von Amazon ist der Schritt durchaus nachvollziehbar. Das Management wird auf diese Weise versuchen wollen, Prime aufzuwerten ohne dabei den eigenen Dienst Music Unlimited obsolet zu machen. Und eine Aufwertung hat das Prime-Abo bitter nötig, denn nach einer saftigen Preiserhöhung im laufenden Jahr schauen viele genauer hin, ob sie das Ganze denn wirklich benötigen.
Gefahr im Verzug?
Im Auge behalten sollten das nicht zuletzt die Anleger, denn mit Prime hat Amazon in den letzten Jahren ein hübsches Sümmchen verdient. Außerdem ist es dem Konzern damit gelungen, die Nutzer immer mehr an sich zu binden und so die Zahlen beim Online-Versandhandel immer hübscher aussehen zu lassen. All das scheint dieser Tage nicht mehr so recht zu funktionieren. Bei den letzten Quartalszahlen konnte Amazon mit seinem Kerngeschäft zwar wieder etwas wachsen, aber nicht ansatzweise so rasant wie in der Vergangenheit.
Fraglos haben damit auch wirtschaftliche Entwicklungen etwas zu tun, was Amazon aber kaum als Universalausrede hernehmen kann, um nun einfach den Kopf in den Sand zu stecken. Das Unternehmen hat durchaus auch seine eigenen Probleme, die es anzugehen gilt. Das Prime-Abo ist ein nicht unwichtiges Standbein und es verliert gerade rapide an Popularität, wenn man den Kommentaren im Netz Glauben schenkt. Das ist auch aus Anlegersicht besorgniserregend.
Die Amazon-Aktie am Boden
Dass auch die Anleger sich so ihre Sorgen machen, fällt bei der Amazon-Aktie derzeit schon auf den ersten Blick auf. Nach den letzten Quartalszahlen rumpelte es mal wieder gewaltig und erstmals seit Langem fiel das Papier unter die magische Linie von 100 Euro. Mittlerweile kämpfen die Bullen schon darum, nicht auch noch die 90-Euro-Linie zu verlieren und die Kurse haben damit das niedrigste Niveau seit etwa zweieinhalb Jahren erreicht.
Amazon ist noch immer ein gewaltiger Konzern, der Quartal für Quartal Milliarden umsetzt. Doch es fehlt derzeit ein wenig an den Wachstumsaussichten und so manche Entscheidung im Unternehmen darf durchaus als fragwürdig angesehen werden. Dabei lässt sich sogar damit argumentieren, dass aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht gar nicht so viel falsch gemacht wird. Was Amazon derzeit in Sachen Prime aber zu verspielen droht, ist der gute Ruf, und das ist in diesem Segment eine Menge wert. Seine jetzige Größe hätte Amazon ohne diesen wohl nie erreicht. Eben deshalb sollten die Anleger nicht nur nackte Zahlen, sondern auch das Sentiment bei den Nutzern im Auge behalten.
08.11.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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