Amazon geht als Sieger aus dem Steuerstreit vor dem EuG hervor
Steuernachzahlungsforderung der EU-Kommission gekippt
Die Wettbewerbshüter der EU mussten am Mittwoch eine große Niederlage im Kampf gegen unerlaubte Steuerdeals multinationaler Konzerne hinnahmen.
Nachdem die EU-Kommission 2017 im Rahmen einer Steuerprüfung festgestellt hatte, dass der weltweit größte Online-Händler Amazon von Mai 2006 bis Juni 2014 in Luxemburg von unangemessenen steuerlichen Vorteilen profitiert habe, forderte sie rund 250 Millionen Euro plus Zinsen von dem US-Konzern nach. Gegen diesen Beschluss ging Amazon (US0231351067) vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) vor und bekam nun Recht. Das Gericht stellte mit Urteil vom 12.05.2021 (Az.: T-816/17) fest, die Kommission habe nicht hinreichend nachweisen können, dass die Steuerlast einer europäischen Tochtergesellschaft des Amazon-Konzerns zu Unrecht erleichtert worden wäre.
Noch nicht das Ende des Steuerstreits
Dass die EU-Kommission dieses Urteil hinnimmt, ohne sich rechtlich dagegen zu wehren, erscheint höchst unwahrscheinlich. Die für Wettbewerbsfragen zuständige Kommissionsvizepräsidentin Margrethe Vestager teilte bereits mit, das Urteil werde sorgfältig geprüft werden, um im Anschluss über weitere mögliche Verfahrensschritte nachzudenken.
In einem ähnlich gelagerten Fall entschied das EuG auch gegen eine Aufforderung der EU-Kommission an Irland, von dem Global-Player Apple bis zu 13 Milliarden Euro an Steuern zurückzufordern. Gegen diese Entscheidung des EuG geht die Kommission bereits vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor. Ein gleich gelagertes Vorgehen in der Steuerstreitigkeit um Amazon erscheint damit nicht auszuschließen.
Auswirkungen auf Steuersystem in Europa
Margrethe Vestager betonte überdies noch einmal die schädigenden Auswirkungen von steuerlichen Vorteilen, die lediglich bestimmten internationalen Unternehmen zugebilligt würden, auf den fairen Wettbewerb in der EU. Viele Länder versuchen, multinationale Konzerne wie Amazon oder Apple mithilfe von Steuervorteilen zu sich zu locken, um ihre eigene Wirtschaft zu stärken und die Unternehmen an sich zu binden. Dabei werden kleinere Unternehmen benachteiligt und haben es immer schwerer, dem internationalen Wettbewerb standzuhalten.
Obwohl Amazon die Entscheidung des EuG unterstützt und sich in der Rechtmäßigkeit seines Handelns bestätigt sieht, hat das Unternehmen die in Kritik geratene Steuerpraxis bereits 2015 abgeändert. Seitdem versteuert Amazon seine Gewinne nicht mehr zentral in Luxemburg, sondern in den einzelnen europäischen Ländern, in denen es Gewinne generiert.
Schwacher Trost für die EU-Kommission
Dass Amazon und viele andere Unternehmen ihre tatsächliche steuerliche Praxis mittlerweile geändert haben, liegt wohl hauptsächlich an dem starken Druck, der durch den öffentlichen Diskurs und weitreichende Kritik entsteht. Das alleine wird die EU-Kommission aber wohl nicht zufriedenstellen.
Diese hat derzeit noch mehr als 30 weitere fragwürdige Steuervermeidungsdeals unter Beobachtung und wird wohl auch in Zukunft dafür kämpfen, ein ausgewogenes Machtverhältnis in der europäischen Wirtschaft zu erarbeiten.
13.05.2021 - Lena Beermann - lb@ntg24.de
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