Siemens Energy schockt die Anleger, bei Netflix geht es sogar noch weiter abwärts, auch Amazon gerät unter Druck und ausgerechnet TeamViewer ist die strahlende Ausnahme.
Die ersten Vorboten des Crashs?
Zinssorgen, enttäuschende Geschäftszahlen aus unterschiedlichen Branchen und allerlei politische Verwerfungen nähren an der Börse derzeit Befürchtungen vor dem nächsten großen Crash. Das macht sich bei einigen Einzeltiteln besonders stark bemerkbar. Mittlerweile befinden sich auch einige Anteilsscheine im Abwärtstrend, von denen dies bis vor Kurzem nicht unbedingt erwartet wurde.
Da wäre etwa Siemens Energy (DE000ENER6Y0) zu nennen, wo zwar schon seit Längerem keine gute Laune mehr festzustellen, die anhaltende Hoffnung auf bessere Tage aber noch zu spüren war. Am Freitag schienen die Aktionäre aber endgültig die Lust verloren zu haben. Die Windkrafttochter Siemens Gamesa brachte eine erneute Gewinnwarnung heraus, was auch den Mutterkonzern mehr und mehr unter Druck setzt.
In der Folge ging es am Freitag um 16,6 Prozent abwärts bei Siemens Energy, womit sämtliche charttechnische Unterstützung sowie die psychologisch wichtige Marke bei 20 Euro unterbrochen wurden. Zeitweise wurde bei 18,96 Euro ein neues 52-Wochen-Tief erreicht. Dass es bis Handelsschluss auf 19,12 Euro ging, ist kaum weiter der Rede wert.
Marktsättigung erreicht?
Für einen regelrechten schock sorgte derweil Netflix (US64110L1061). Nicht nur wurden bei den Zahlen der Neukunden im vergangenen Quartal die Erwartungen der Analysten verfehlt. Für das aktuelle Quartal wurde auch noch eine geradezu katastrophale Prognose gestellt. Mit gerade einmal 2,5 Millionen neuen Nutzern rechnet das Unternehmen, nachdem im vierten Quartal 2021 noch rund 8,3 Millionen neue Kunden begrüßt werden konnten.
Prompt stellen sich da einige Beobachter die Frage, ob der Streaming-Markt endgültig seinen Zenit überschritten haben könnte. Gewarnt wurde davor schon vor einiger Zeit, unter anderem aufgrund der immer größeren Fragmentierung. Die wenigsten können oder wollen es sich leisten, mehrere Dienste gleichzeitig zu abonnieren, woran auch exklusive Inhalte wenig ändern. Wenig überraschend reagierte die Aktie von Netflix auf die jüngsten Meldungen mit einem Kurscrash, welcher das Papier um rund 24 Prozent in die Tiefe beförderte.
Alles wird teurer
Die hohe Inflation beschränkt sich längst nicht mehr nur auf den Energiesektor. Sie ist mittlerweile so ziemlich überall spürbar und anscheinend kommt sie demnächst auch beim Online-Händler Amazon (US0231351067) an. Zumindest berichtete der „Business Insider“ am Samstag, dass die Preise für das Amazon-Prime-Abo demnächst in die Höhe klettern könnten.
Sollte sich das bestätigen, dürfte auch hier das Nutzerwachstum nicht unbedingt an Tempo hinzugewinnen. Eine schlechte Nachricht also für die Aktionäre, die ohnehin schon keinerlei Euphorie mehr verspüren. In der zurückliegenden Woche setzte Amazon seinen Abwärtstrend an der Börse fort und segelte um 7,6 Prozent in Richtung Süden. Die derzeitige Schwäche im Tech-Bereich schlägt bei dem Titel voll durch.
Es gibt noch Gewinner
Vor allem die letzten beiden Handelstage vor dem Wochenende fielen regelrecht deprimierend aus. An so ziemlich allen Ecken und Enden waren rote Vorzeichen zu sehen. Ausnahmen gab es aber wohl eine davon war und ist TeamViewer (DE000A2YN900). Nach dem Crash im vergangenen Herbst rappelt das Papier sich wieder gehörig auf, bis zum Wochenende ging es bis auf 14,99 Euro in die Höhe.
Seit Jahresbeginn belaufen die Zugewinne sich bereits auf 18,7 Prozent und es könnte sich hier gut und gerne eine echte Comeback-Story entwickeln. Dafür spricht unter anderem, dass mittlerweile die höchsten Kurse seit dem Kursschock im vergangenen Jahr erreicht wurden. Außerdem lässt aufhorchen, dass die Aufwärtsbewegung sich auch ohne gute Neuigkeiten fortsetzt. Mit etwas Glück wird TeamViewer der aktuellen Marktstimmung eine Weile trotzen können. Das Kurspotenzial ist jedoch einigermaßen beschränkt, da es an fundamentalen Entwicklungen fehlt, welche größere Kurssprünge rechtfertigen könnten. Auf Jahressicht bleibt es derzeit noch bei einem Minus von 65 Prozent.
Die Spannung steigt
Lange Zeit schien die Käufer so ziemlich nichts aus der Ruhe bringen zu können. Nicht einmal die Corona-Pandemie schaffte es, den Bullenmarkt ernsthaft zu gefährden und abseits einiger kurzzeitiger Schwächeanfälle entwickelten die Börsen sich stetig in Richtung Norden. Nun gibt es immer mehr Anzeichen, dass diese Zeiten vorbei sein könnten.
Einige Analysten warnen bereits davor, dass die jüngsten Entwicklungen erst der Anfang gewesen sein könnten. Einen echten Crash muss es deshalb noch nicht zwingend geben. Nicht von der Hand zu weisen ist aber, dass eine nachhaltige Verschiebung von Kapital stattfindet. Die Wachstumsmärkte werden immer weniger interessant und nicht wenige Anleger flüchten sich in eher verlässliche Titel. Mit Blick auf steigende Zinsen dürften im Laufe des Jahres auch wieder andere Investitionsformen als Aktien an Interesse gewinnen. Das Jahr 2022 verspricht dadurch so interessant wie schon lange nicht mehr zu werden.
23.01.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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