Europäischer Aktienmarkt bricht ein
Kapitalmarkt preist ein Überschiessen den Sanktionen gegen Russland ein
Angst ergreift die Anleger am europäischen Aktienmarkt. Während die Wall Street stoische Ruhe ausstrahlt, fallen in Europa die Renditen der Staatsanleihen und die Kurse der Aktienindizes.
Die Flucht in deutsche Staatsanleihen ist bemerkenswert stark. Nachdem die Renditen zwischenzeitlich Mitte Februar aufgrund der hohen Inflation in Europa ein Niveau von +0,30 % p. a. bei den 10-jährigen Laufzeiten erreichten, bewegen sich die Renditen inzwischen wieder im negativen Bereich. Eine verständliche Bewegung, denn im Hinblick auf die Ausfallsicherheit sind die Papiere die Benchmark im Euro. Sicherer geht nicht.
Der deutsche Aktienmarkt ist dagegen weniger gefragt in diesen Tagen. Was nicht in erster Linie daran liegt, dass wir von vielen Unternehmen Umsatz- und Gewinnwarnungen bekommen, sondern der Verkaufsdruck resultiert im Kern aus umfangreichen Portfolioabsicherungen von institutionellen Investoren. Die meisten Kapitalsammelstellen hatten nicht mit einem Krieg in der Ukraine gerechnet und waren entsprechend gar nicht oder nicht ausreichend abgesichert.
Die grossen Sprünge bei den deutschen Indizes sind sehr aussagekräftig. Solche Sprünge resultieren in der Regel aus umfangreichen Absicherungen über den Terminmarkt. Die Anleger gingen also heute und in den vergangenen Handelstagen short in den mittleren und grossen Indizes. Diese Form der Pauschalabsicherungen führt zu Verkaufsdruck, der nicht zwischen Spreu und Weizen unterscheidet. Eine Delivery Hero wird damit genauso abverkauft wie eine Porsche Aktie. Zwischen beiden liegen jedoch Welten.
Was kann die Situation verbessern? Ganz klar ein Ende des Ukraine-Kriegs und ein bedingungsloser Rückzug der russischen Armee. Ein Szenario, das nicht eintreten wird, denn Putins Zukunft als Präsident Russlands hängt an diesem Krieg. Denkbar ist, dass sich die Fronten in den kommenden Wochen und Monaten verhärten und der Krieg quasi zum Stillstand kommt.
Ein zukünftiges Schwelen des Konflikts wie in den vergangenen acht Jahren in der Ostukraine ist denkbar. Diesem Szenario gebe ich eine hohe Wahrscheinlichkeit, denn der Widerstand in der Ukraine, die externen Unterstützungen für das Land und die Sanktionen gegen Russland sind hoch. Auch ist die russische Armee überraschend stark demoralisiert und neigt in hohem Ausmass zum Desertieren. Für die Börse würde dieses Szenario für sich genommen noch keine Erleichterung bringen, sondern nur eine Stabilisierung auf niedrigem Niveau.
Der Fokus liegt auf den Notenbanken
Was ad hoc zu einer positiven Wende führen kann, ist ein Eingreifen der Notenbanken. Die Federal Reserve hat diesem Punkt bereits eine Absage erteilt. Chair Powell hat vor dem Kongress ausdrücklich klargestellt, dass man auf der Sitzung im März mit einer ersten Zinserhöhung den Zinszyklus beginnen wird. Sicherlich nur ein Schritt um 25 Basispunkte statt der befürchteten 50 Basispunkte, aber nichtsdestotrotz wird sich die Federal Reserve von dem Konflikt in der Ukraine fernhalten wollen.
Anders die EZB. Die Europäische Zentralbank wird regulär an diesem Donnerstag die erste Sitzung im März abhalten. Auf dieser Sitzung werden auch Zinsentscheidungen und Entscheidungen zu den QE-Programmen APP und PEPP getroffen. Die Frage ist nun, wie sich die EZB positionieren wird. Die Ukraine wird man nicht ignorieren können. Eine Zinserhöhung wird vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse nicht erwartet, auch wenn die Inflation in Europa auf das Niveau 70er-Jahre geklettert ist.
Der Dreh- und Angelpunkt werden die QE-Programme der EZB sein. PEPP, das Notfallprogramm aus dem Jahr 2020, soll in diesem Monat regulär auslaufen. APP bleibt jedoch als Dauerprogramm bestehen. Die EZB hatte bereits avisiert, dass es für kurze Zeit auf 40 Mrd. Euro pro Monat temporär erhöht wird. Signalisiert Frau Lagarde am Donnerstag, dass man dem Aktienmarkt indirekt zur Hilfe kommt, indem man APP signifikant vergrössert und verlängert, dann bekommen die Bullen eine Steilvorlage für eine Gegenbewegung.
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Offenlegung: Herr Fritz hält zum Zeitpunkt der Empfehlung eine Long-Position in Porsche SE.
08.03.2022 - Mikey Fritz
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