Varta: HALTEN – Positives Jahresergebnis 2021 von Zurückhaltung für 2022 und unklaren V4Drive-Batterieaussichten überlagert
Fehlschläge in künftigen V4Drive-Absatzerfolgen wären fatal
Am 31.03. legte VARTA ihr Jahresergebnis 2021 vor, das aus unserer Sicht insgesamt erfreulich ausfiel. Zwar erreichten die nach dem 3. Quartal durch den Konzern abgesenkten Umsatzprognosen die internen wie auch Analystenerwartungen nur knapp, jedoch konnte das deutlich dynamischere Gewinnwachstum voll überzeugen. Der anschließend nur verhaltene Geschäftsausblick von Varta auf 2022 stellte angesichts fortbestehender Corona-Belastungen, des Ukraine-Kriegsausbruchs wie auch der absehbar weiteren Kürzungen ihres Micro-Rundzellenabsatzes an ihren Kernkunden APPLE für uns entgegen dem optimistischeren Analystenkonsens kaum eine (negative) Überraschung dar, weshalb wir die nach der Zahlen- und Schätzungsvorlage eingetretene Trendstabilisierung der Varta-Aktie auch für vollauf nachvollziehbar halten.
Zunächst einmal publizierte VARTA (DE000A0TGJ55) am 31.03. für das Gesamtjahr 2021 vordergründig einen nur mageren Umsatzanstieg um + 3,8 % auf knapp 903 Mio. EUR, jedoch revidierte der Konzern bereits nach dem 3. Quartal seine Umsatzprognose von 940 auf nur noch rd. 900 Mio. EUR nach unten (damit nun effektiv leichte Überbietung der abgesenkten Konzernprognose, aber Verfehlung des Analystenkonsenses von rd. 910 Mio. EUR).
Dies wurde schon seinerzeit (siehe hier unsere letzte ausführliche Analyse vom 21.01.) vor allem mit dem seit 3. Quartal verzögerten Anlauf neuer Kundenprojekte im Segment wiederaufladbarer (Micro)-Lithium-Ionen Rundzellen für Hightech-Konsumprodukte begründet wurde und nach entsprechenden Medienberichten vor allem konkret in einer - wohl auch weiter belastenden - zunehmenden strategischen Produktionsdrosselung des Kernkunden APPLE (US0378331005) in ihren Funkkopfhörer-Steckern „AirPods“ bestand.
Zusätzlich belasteten allerdings auch weitere Rohstoffpreiserhöhungen, die nicht voll durch Effizienzsteigerungen ausgeglichen oder in die Absatzpreise überwälzt werden konnten, den Umsatz dieser dominierenden Division „Lithium Ion Solutions & Microbatteries“ (in 2021 57 % Konzernumsatzanteil), so dass allein dank ihres weiterhin sehr zugkräftigen Geschäfts in Hörgerätebatterien wie auch leistungsfähigeren Lithium Ionen-Batteriepacks der Umsatz dieser Sparte in 2021 wenigstens noch um 1,2 % gesteigert werden konnte.
Die Umsatzflaute dieser Sparte wurde in 2021 hingegen durch das durchaus solide Umsatzwachstum der kleineren Division „Haushaltsbatterien und Energiespeicherlösungen“ (= 43 % Konzernumsatzanteil) um + 7,6 % noch halbwegs aufgefangen, wobei vor allem das Teilsegment der Energiespeicherlösungen mit einem besonders dynamischen Wachstum glänzte.
Als sehr erfreulich war außerdem auch zu werten, dass sich entsprechend den Konzernprognosen die allgemeine Geschäftsentwicklung im 4. Quartal in der Tat rasant belebte (Quartalsumsatz + 17,3 % auf 281 Mio. EUR = + 24,8 % gegenüber dem 3. Quartal), womit Varta nun auch wieder an die weit dynamischeren Wachstumsraten der Vergangenheit anknüpfen konnte.
Umsatzbelebung im 4. Quartal durch glänzende Gewinnentwicklung noch weit übertroffen
Noch hervorragender und jeweils die Analystenprognosen überbietend fiel jedoch die Gewinnentwicklung des Gesamtjahres wie auch des 4. Quartals 2021 aus (operatives EBITDA 2021: + 17,4 %; damit Margenausweitung von 27,7 % auf stattliche 31,3 %, oberhalb des Konzernziels von 30,0 %; EBITDA-Sprung 4. Quartal 2021: sogar + 64,0 % gegenüber dem Vorjahr, Marge damit 35,7%; Nettogewinn 2021: + 31,9 % auf 126 Mio. EUR, Marge folglich 14,0 %; Nettogewinn-Explosion allein im 4. Quartal um + 191,3 % ggü. Vorjahr auf 50,1 Mio. EUR, damit einer exzellenten Nettomarge von 17,9 % entsprechend).
Die zum Umsatz weit überproportionalen, beeindruckend dynamischen Konzerngewinnanstiege in 2021 und gerade auch im 4. Quartal begründete der Konzernvorstand unter Leitung seines CEOs Herber Schein vor allem mit Produktivitäts- und Effizienzsteigerungen in allen Bereichen (Personalkostensenkungen, Lagerbestandserhöhungen, Abschreibungen auf die hohen Sachanlageinvestitionen des Vorjahres) wie auch weiteren Synergien des Anfang 2020 erfolgten Rückkaufs des Bereichs „Varta Consumer“ von der US-amerikanischen ENERGIZER HOLDINGS (US29272W1099) und deren seitheriger Integration in die Sparte „Haushaltsbatterien und Energiespeicherlösungen“.
Zurückhaltender Ausblick für 2022 vollauf gerechtfertigt
Anschließend an die insgesamt unerwartet positive Ergebnispräsentation für 2021 gab der Vorstand jedoch, wie auch unserer Sicht aber auch kaum anders zu erwarten, bedingt vor allem durch anhaltende Corona-Belastungen wie auch den Ukraine-Krieg und hieraus zwangsläufig resultierende weitere Lieferkettenstörungen, Rohstoffpreisauftriebs- und Konjunkturrisiken nur zurückhaltende Geschäftsprognosen für 2022 ab.
Deren Mittelwert einer Umsatzspanne von rd. 950 Mio. – 1 Mrd. EUR (davon allein im 1. Quartal: rd. 180 – 190 Mio. EUR) würde – und dies trotz vermutlich weiter rückläufiger Produktion ihrer AirPods von APPLE – in 2022 zwar immer noch eine ansehnliche Umsatzsteigerung um ca. + 8 % bedeuten (optimistischerer Analystenkonsens sogar rd. 1 Mrd. EUR), gleichzeitig stellt der Vorstand für 2022 belastet von einem voraussichtlich zunehmenden Rohstoffpreis- und Margendruck, woran auch selbst das nur ca. 1 %ige direkte Umsatzexposure von Varta in Russland, der Ukraine und Belarus natürlich kaum etwas ändern dürfte, mit einem bereinigten EBITDA von ca. 260 – 280 Mio. EUR nun nur noch im denkbar günstigsten Fall eine mögliche Erreichung des Vorjahreswerts von 283 Mio. EUR in Aussicht.
Weitere Akquisitionserfolge in 4VDrive-Hochleistungsbatterien unabdingbar
Auch wenn wir diese Zurückhaltung des Vorstands in dem auch in 2022 unzweifelhaft weiter äußerst herausfordernden Geschäftsumfeld für generell angebracht und auch in diesem Prognoserahmen für sehr plausibel halten stellt sich für uns hinsichtlich der weiteren mehrjährigen Geschäftsperspektiven von Varta jedoch nach wie vor die sicher auch von anderen Investoren derzeit als weitaus relevanter einzustufende Frage, wann denn der Konzern in seinem bereits seit September 2021 forciert und fraglos sehr kostenintensiv betriebenen Auf- und Ausbau seines anvisierten Zukunftssegments „großer Lithium-Ionen-Rundzellen“, d.h. insbesondere ihres bisherigen Prototypen der speziell für reine Elektro-, Sport- und hochmotorisierte Luxusfahrzeuge designierten sog. V4Drive-Rundzelle/-Hochleistungsbatterie (jährliche Produktionskapazität min. 2 GWh, voll aufladbar in ca. 6 Minuten) mittels jüngster entsprechender Produktionsausweitung ihres Hauptwerks in Ellwangen und aber auch der zusätzlichen Inbetriebnahme des Wissenschaftszentrums für Digitalisierte Batteriezellenproduktion (ZDB) zusammen mit dem Fraunhofer-Institut am weiteren Standort in Stuttgart-Vaihingen endlich auch entsprechend prestige- und gewinnträchtige, großvolumige Kundenakquisitionen folgen lässt, die der Konzernvorstand ja schließlich selbst bereits seit September 2021 und auch jetzt noch weiterhin sehr vollmundig ankündigt.
Bisher hat Varta nach eigener Bekundung jedoch lediglich auch weiterhin nur einen ersten Referenzkunden zur bereits laufenden Ausstattung von deren Modellen mit ihren V4Drive-Batterien gewonnen, bei dem es sich - wie auch nur durch diverse Medienberichte kolportiert - angeblich um PORSCHE (DE000PAH0038) handeln soll.
Dass Varta, warum auch immer, den Namen dieses Erstkunden geschweige denn den Umfang von dessen Batterieausrüstungen jedoch selbst bis jetzt mit noch keiner Silbe offengelegt hat (trotz Zusammenarbeit wohl bereits seit über einem halben Jahr) und man derzeit auch lediglich über „laufende Gespräche zur Gewinnung weiterer V4Drive-Kunden“ berichtet, stimmt uns hinsichtlich der mittel- bis längerfristig möglichen Ergebnisbeiträge dieses Zukunftsprojekts zumindest im Moment doch noch recht skeptisch, da diese Erwartungen ebenfalls schon jetzt zu einem nicht unerheblichen Teil in die Analystenschätzungen zumindest ab 2024 eingeflossen sein dürften (Konsensprognosen 2022 – 2024: Umsatz ca. + 28 %, EBITDA und Nettogewinn jeweils ca. + 32 %).
Angesichts dieser klaren, dabei aber hoch relevanten perspektivischen Unwägbarkeit wie auch dem allein für 2022 nun generell sehr herausfordernden Geschäftsumfeld von Varta stufen wir die Aktie mit ihrem KGV (2024e) von rd. 24 daher momentan als vollkommen ausreichend bezahlt und somit gegenwärtig als HALTENSWERT ein. Eine erneute Unterschreitung von ca. 85 EUR, womit die Aktie erneut in ihren Korrekturtrend seit August 2021 zurückfallen würde, würde jedoch wiederum sofort ein neues Verkaufssignal generieren.
Chart: VARTA
Varta auf TradingView
05.04.2022 - Matthias Reiner
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