Vonovia schmeißt Mieter, die ihre Nebenkosten nicht mehr zahlen können, anscheinend doch nicht raus
Kann das denn Zufall sein?
Kaum ein Thema beschäftigt die Bevölkerung dieser Tage so sehr wie die explodierenden Heizkosten. Die stellen manch einen vor existenzielle Ängste und spielen damit auch für den größten deutschen Vermieter Vonovia eine große Rolle. Der schickte zuletzt widersprüchliche Signale an die eigenen Mieter, was auch bei den Anlegern für etwas Verwirrung gesorgt haben dürfte.
Dokumenten zu einem Investorentag war zunächst zu entnehmen, dass Vonovia (DE000A1ML7J1) bei säumigen Mietern das Instrument der Räumungsklage nicht ungenutzt lassen will. Rechnen müsse mit einer solchen demnach, wer mit seinen Zahlungen in einem Volumen von zwei Kaltmieten im Verzug sei. Nach der erfolgten Räumung könnten die Räumlichkeiten dann erneut vermietet werden. Das klingt erstmal nach business as usual.
Immerhin schränkte der Konzern das Ganze aber in dem Dokument ein wenig ein. Ein befristetes Moratorium für Mieter im Zahlungsrückstand werde demnach grundsätzlich unterstützt. Ohne entsprechende Signale aus der Politik wird sich aber wohl nicht viel bewegen. Es steht zu vermuten, dass Vonovia auf diesem Wege vor allem die Aktionäre beruhigen will, welche für die nahe Zukunft bereits große Ängste rund um mögliche Zahlungsausfälle haben.
Gegenüber der breiteren Öffentlichkeit schlägt Vonovia allerdings ganz andere Töne an. CEO Rolf Buch sagte gegenüber der „Welt“, dass bei Vonovia niemand die Wohnung verlieren werde, nur weil er oder sie die Heizkosten nicht zahlen kann. Im Fall der Fälle sollen Ratenzahlungen für Abhilfe schaffen, außerdem soll es gezielte Unterstützung bei der Inanspruchnahme staatlicher Hilfen geben. Letzteres war auch bereits in besagtem Dokument für den Investorentag vermerkt.
Nichts Genaues weiß man nicht
Insgesamt tappen Mieter und Anleger bei Vonovia jetzt etwas im Dunkeln. Was genau im Falle von hohen Nachzahlungen passiert, kann wohl niemand mit Sicherheit sagen. Vielleicht bewege ich mich auf dünnem Eis, doch für reinen Zufall halte ich diese dezent ambivalente Kommunikation nicht. Schließlich weiß auch Vonovia selbst nicht mit Sicherheit, was hierzulande in Sachen Nebenkosten als nächstes passieren wird.
Mit vorsichtigen Ankündigungen und unter der Prämisse, erst einmal gar nichts fest auszuschließen, hält Vonovia sich erst einmal alle Optionen offen. Gleichzeitig ist man im Management um eine einigermaßen gute PR bemüht. Besonders erfolgreich ist das bisher aber noch nicht. Weder wird der nicht ganz so hervorragende Ruf des Konzerns sich über Nacht grundlegend ändern, noch ließ sich an der Börse zuletzt eine große Gegenbewegung beobachten. Dort befinden die Anleger sich stattdessen weiterhin auf der Flucht.
Die vielen Sorgen rund um Vonovia
Um knappe 50 Prozent ging es mit der Vonovia-Aktie im laufenden Jahr in die Tiefe. Die Gründe dafür sind vielfältig, haben aber alle mehr oder weniger die gleiche Wurzel: die anhaltende konjunkturellen Schwächen sowie die Aussicht auf eine mögliche Rezession. Damit einher gehen Ängste, dass es zum Platzen einer Blase im Immobiliensektor kommen könnte, was den Wert der Assets von Vonovia schlagartig in die Tiefe krachen lassen könnte. Nichts davon ist bisher ausgemachte Sache und bekanntlich wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Doch allein die Aussicht auf derartige Szenarien hält die Vonovia-Aktie derzeit erfolgreich im Kurskeller gefangen.
Die große Wende zeichnet sich bisher nicht ab und am Dienstag mussten die Anleger mal wieder Kursverluste in Höhe von 1,77 Prozent verkraften. Wer nicht ins fallende Messer greifen will, bleibt hier tunlichst auf Abstand. Solange derartig viele Fragen rund um das Thema Nebenkosten ungeklärt sind, wird die Vonovia-Aktie von nicht einzuschätzenden Risiken begleitet. Sich auf solche einzulassen, kann sich zwar bei einem guten Ausgang lohnen. Das ist aber keine Investmentstrategie, sondern bestenfalls eine Wette.
28.09.2022 - Andreas Göttling-Daxenbichler
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